Lukas von Hoyer

Seitdem das Bürgergeld Anfang 2023 Hartz IV abgelöst hat, ist es zu einem Streitpunkt geworden – egal ob in Bundespolitik oder Landespolitik. Seitdem Union und SPD den Entschluss gefasst haben, das Bürgergeld durch eine Neue Grundsicherung zu ersetzen, scheint die kontroverse Diskussion weiter an Fahrt zu gewinnen. So auch bei der Talkrunde „Markus Lanz“ im ZDF. „Das Bürgergeld lädt dazu ein, dass man es einkassiert, aber nicht den letzten Nachdruck für die Arbeit bringt“, sagte Achim Brötel, Präsident des Deutschen Landkreistages, in der Sendung vom 22. April 2025.

Der CDU-Politiker erklärte, dass die sogenannten „Totalverweigerer“, also Bürgergeld-Empfängerinnen und -Empfänger, die sich weigern, einen Job anzunehmen, nicht das große Problem seien. „Probleme machen uns die, die einfach Termine sausen lassen. 30 bis 40 Prozent aller Termine im Jobcenter platzen, weil die Menschen nicht kommen“, behauptete Brötel. Doch stimmt das?

Bürgergeld: Wie viele Jobcenter-Termine werden tatsächlich abgesagt?

Die Aussage von Brötel ist kaum zu überprüfen, da keine offizielle Statistik zu den abgesagten Terminen vorliegt. „Wir führen keine Statistik zur Anzahl abgesagter Termine. Somit können wir hierzu leider keine Zahlen geben und auch keine Einschätzung, ob die entsprechende Zahl realistisch ist“, sagte eine Sprecherin des Jobcenters Augsburg-Stadt exemplarisch auf Anfrage unserer Redaktion. Die Bundesagentur für Arbeit konnte auf Anfrage auch keine landesweite Statistik vorlegen.

In diesem Kontext ist es wichtig zu erwähnen, dass es unterschiedliche Gründe geben kann, wenn ein Termin platzt, weil die Bezieherin oder der Bezieher von Bürgergeld nicht erscheint. Wurde der Termin beispielsweise wegen einer Erkrankung abgesagt, kann problemlos ein Ersatztermin gemacht werden. Doch erscheint eine Person ohne Absage oder triftigen Grund, drohen laut der Bundesagentur für Arbeit (BA) Konsequenzen.

Termin im Jobcenter platzt: Welche Konsequenzen drohen Bürgergeld-Empfängern?

„Eine Leistungsminderung wird nicht ausgesprochen, wenn für das Versäumnis ein gewichtiger Grund vorliegt, hierzu zählen z.B. Erkrankungen, höhere Gewalt, die eine Anreise unmöglich bzw. nicht zumutbar macht, oder ein Vorstellungstermin bei einem Arbeitgeber“, erklärte ein Sprecher der Bundesagentur für Arbeit auf Anfrage unserer Redaktion.

Wenn Empfängerinnen oder Empfänger von Bürgergeld nicht zu einem Termin im Jobcenter erscheinen, ohne eine Absage mit einem gewichtigen Grund getätigt zu haben, drohen Leistungsminderungen. Zu diesen Leistungsminderungen gibt es, anders als zu den Terminen, eine aktuelle Statistik, die dann doch noch einen kleinen Hinweis darauf gibt, wie häufig Termine im Jobcenter platzen. „In der Summe wurden im Jahr 2024 insgesamt 318.730 Leistungsminderungen aus diesem Grund ausgesprochen“, berichtete der BA-Sprecher unserer Redaktion.

Die Anzahl der Personen, gegen die eine Leistungsminderung beim Bürgergeld ausgesprochen wurde, ist auch im Zuge der Neuen Grundsicherung interessant. Union und SPD wollen schärfere Sanktionen für die Bürgergeld-Berechtigten einführen, die sich nicht aktiv um eine Beschäftigung bemühen. So steht es im Koalitionsvertrag. Jobcenter und Bundesagentur für Arbeit sollen sie dabei unterstützen – und zwar mit einem „persönlichen Angebot der Beratung, Unterstützung und Vermittlung“. Wie schnell und wie scharf Empfängerinnen und Empfänger von Bürgergeld sanktioniert werden, wenn sie diese Angebote ausschlagen, lässt der Koalitionsvertrag noch offen.

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