Die traditionsreiche Marke Karl Bollmann, bekannt für ihre Arzttaschen und -Köfferchen ist gerettet. Nach Informationen des SÜDKURIER hat das Schwenninger Unternehmen Pull Up Case sich die Namens- und Markenrechte des einstigen deutschen Marktführers für Arzttaschen gesichert und führt die Produktion fort.
Firma Pull Up Case hat die Markenrechte
„Wir sind stolz darauf, die Bollmann-Ärztetaschen weiterführen zu dürfen und in die Zukunft zu führen“, sagte Pull-Up-Case-Inhaber Georg Günter Libuda dem SÜDKURIER. Die Anstrengungen würden sich nun darauf richten, die in Tuttlingen entstandene Tradition fortzusetzen und „neue, kreative Lösungen für die Anforderungen der Medizinbranche zu entwickeln“.

„Sehr, sehr lange gequält“
Das in Tuttlingen ansässige Unternehmen Karl Bollmann hatte Anfang 2024 nach mehr als 130 Jahren den Betrieb eingestellt und ein Liquidationsverfahren eingeleitet, in dessen Folge Inventar und Maschinen verkauft wurden.
Die Mehrzahl der rund 20 Beschäftigten war schon zuvor entlassen worden oder in den Ruhestand gewechselt. „Es ging einfach nicht mehr. Wir haben uns sehr, sehr lange nur noch gequält“, sagte der ehemalige geschäftsführende Karl-Bollmann-Gesellschafter, Arne Thelen, damals dem SÜDKURIER.

In den Jahren zuvor war der Absatz der traditionsreichen ledernen Arzttaschen, die Mediziner für Hausbesuche nutzen, immer weiter gesunken. Der Bruch der Lieferketten nach Asien während der Coronakrise, zunehmende Probleme mit Teilelieferanten auch aus Deutschland sowie drastische Kostensteigerungen bei Vorprodukten brachten die Produktion am Heimatstandort in den Folgejahren weiter unter Druck.
Nach Firmenangaben betrug der Jahresumsatz zuletzt nur noch rund eine Million Euro. „In kleinen Stückzahlen am Standort Deutschland zu produzieren, sei unmöglich geworden“, sagte Thelen damals.

Anders als das Unternehmen Karl Bollmann, das seine Produkte einst am Heimatstandort in Baden-Württemberg komplett fertigen ließ, setzt der neue Eigner Pull Up Case auf eine andere Strategie. Design und Entwicklung fänden in Deutschland, am Schwenninger Pull-Up-Case-Hauptsitz, statt, sagte Thelen, der bei der Firma mittlerweile den Produktbereich der Arzttaschen leitet.
Genäht und verarbeitet würden diese aber in Osteuropa zu deutlich niedrigeren Kosten. Zudem nutze man das Netz der Zulieferer sowie die Vertriebskanäle von Pull Up Case.

Die 2008 gegründete Schwenninger Firma Pull Up Case ist ein Handelsunternehmen für Koffer und Rucksäcke. Spezialität sind patentierte Pack-Systeme zum Ausziehen für Vielreisende oder Geschäftsleute. Eine weitere Produktgruppe sind stabile Musterkoffer für Vertriebsangestellte.
Bekenntnis zum Standort Schwarzwald
Die Karl-Bollmann-Produkte kommen nun zur bestehenden Produktpalette hinzu. Man plane, das Sortiment weiter auszubauen und den Taschen zusätzliche innovative Features hinzuzufügen, die den Alltag von Ärzten und medizinischem Personal noch effizienter gestalten, sagte Pull-Up-Case-Chef Libuda.
Die Übernahme von Karl Bollmann bezeichnete er als „bedeutenden Schritt“ fürs Unternehmen und „klares Bekenntnis zu Qualität, Tradition und Innovation am Standort Deutschland“.
Bei den Artztaschen, -Köfferchen und Mappen geht das Unternehmen nun mit einem veränderten Design an den Start. Sie sind jetzt aus Stoff gefertigt. Nicht ausgeschlossen ist es allerdings, dass auch das klassische Leder-Design für die Arzttaschen wieder zurückkehrt.
Man arbeite daran, „den Karl-Bollmann-Klassiker wieder aufleben zu lassen“, sagte Produkt-Chef Thelen. Größte Hürde sei es, Zulieferbetriebe für die nötigen Zulieferteile wie Metall-Bügel und Schnallen in der nötigen Qualität zu finden.