„Du willst Sicherheit und finanzielle Unabhängigkeit, weißt aber nicht, wo du anfangen sollst?“ Mit diesem Satz wirbt Natascha Wegelin alias „Madame Moneypenny“ auf ihrer Webseite für ihr Angebot: Finanzielles Mentoring für Frauen. Als Bloggerin mit Podcast hat sich die sogenannte Finfluencerin (kurz für Finanz-Influencerin) mit inzwischen 173.000 Followern allein auf Instagram einen Namen gemacht.
Damit ist sie eines der prominentesten Beispiele für einen Trend im Internet, wie Niels Neuhauser bestätigt. Der Finanzexperte von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg erklärt, dass Anlage-Onlinekurse seit der Finanzkrise 2011 immer weiter zunehmen.
Doch Neuhauser warnt auch: Angebote wie beispielsweise jene von Madame Moneypenny seien jedoch gerade für Frauen, die sich nicht auskennen, schwer zu beurteilen. Was also steckt hinter den Kursen?
Einfach für das Mentoring bei Madame Moneypenny (deutsch: Betreuung) anmelden kann man sich nicht, Interessentinnen müssen sich auf eine Warteliste setzen lassen. Nur „ausgewählte Frauen“ werden dann kontaktiert, sobald wieder Plätze frei sind, heißt es auf der Webseite.
Das Mentoring soll demnach ein achtwöchiges Programm sein, „in dem du lernst, [...] die Grundlage für deinen Vermögensaufbau zu legen“. Lernvideos, ein Workbook und Gespräche mit Natascha Wegelin sowie anderen Experten sind der Beschreibung nach Bestandteil des Kurses. Schließlich wird nach Angaben des Anbieters eigenständig in ETF (börsengehandelte Indexfonds) investiert. Eine Eins-zu-Eins-Beratung gibt es nicht.
In zwei Bewerbungsgesprächen werden potenzielle Teilnehmerinnen ausgewählt, sollen am Ende des zweiten Gesprächs dann aber auch gleich einen „mittleren vierstelligen Betrag“ investieren – nicht in Fonds oder Aktien, sondern für die Teilnahme.
Wie viel das Mentoring genau kostet, bleibt auch auf Nachfrage bei der Pressestelle geheim. Die Kosten erfahren nur Frauen, die tatsächlich zur Teilnahme eingeladen werden. Auch legt Madame Moneypenny nicht offen, wie groß die Gruppe der Teilnehmerinnen ist, noch, wie viele abgelehnt werden oder wie groß die Warteliste ist.
Verbraucherzentrale warnt vor teuren Onlineangeboten
Zum Vergleich: Bei der Verbraucherzentale Baden-Württemberg dauert eine Finanzberatung zwei bis vier Stunden, Kostenpunkt 160 Euro. Die Kunden gehen danach mit einem genauen Plan wieder nach Hause, so Nauhauser.
„Die Frage ist, ob es wirklich ein achtwöchiges Programm braucht, um eine sinnvolle Altersvorsorge zu finden“, zweifelt er. Auch den Preis hält der Experte für fragwürdig.
„Die Intransparenz des Angebots, das Bewerbungsverfahren, die künstliche Knappheit durch die Warteliste und wenige Teilnehmerplätze: Das lässt etwas wertvoll erscheinen, ist aber alles nur ein Verkaufstrick und eine Verkaufsmasche“, warnt Verbraucherschützer Nauhauser.
Bewerbung für Dienstleistung
Auch Autorin dieses Artikels hat privat an dem Bewerbungsverfahren teilgenommen, wird aber ohne genaue Begründung abgelehnt. „Wir suchen nach Frauen mit dem richtigen Mindset“, heißt es seitens der Ansprechpartnerin lediglich. Auf der Webseite heißt es zu den Aufnahmekriterien unter anderem, man müsse schuldenfrei sein, über einen „Notgroschen“ verfügen – und „große Ziele“ haben.
Auf der Webseite reddit finden sich einige Einträge zu dem Kurs, Frauen suchen hier offenbar nach Einschätzungen zu Madame Moneypenny und Erfahrungswerten, hier überwiegen die kritischen Stimmen deutlich.
Verbraucherschützer Nauhauser hält Angebote wie diese für problematisch, zumal es kaum gesetzliche Vorgaben für Finanzblogger gibt. So fehle es den Finfluencern oft an Fachwissen und einer entsprechenden Ausbildung. Anders bei Wegelin: Sie hat ein BWL-Studium sowie die Gründung zweier Unternehmen vorzuweisen.
Alternativen vor Ort
Eine, die sich auskennt, ist Simone Bußmann. Die 48-Jährige aus Ludwigsburg hat jahrelange Erfahrung im Finanzsektor, ist Mitglied im Vorstand des Vereins Finanzfachfrauen und bietet Finanzberatungen und -Betreuung für Frauen an. Als solche ist sie an gesetzliche Vorgaben gebunden, haftbar und muss eine Lizenz vorweisen können.
Sie verlangt 250 Euro für die Beratung, die bis zu vier Stunden umfassen kann. Inkludiert ist eine Erfassung des Status Quo, der Ziele, die individuelle Empfehlung von Anlageprodukten – bis hin zur Umsetzung.

Für den Verein Finanzfachfrauen sind die Angebote vieler Finfluencer ein zweischneidiges Schwert. Einerseits sei es positiv, wenn Frauen Frauen motivierten, sich selbst um ihre Finanzen zu kümmern. Andererseits seien ihre Angebote häufig zu wenig transparent, so Bußmann.
Oft fehle es Frauen im Anschluss immer noch an Durchblick. „Wir haben hier auch schon Kunden von Madame Moneypenny gehabt“, sagt Bußmann. Sie hätten sich auch nach dem Programm unsicher gefühlt, was sie tun sollten. „Wir betreuen unsere Kunden auch nach der Beratung, wenn es Rückfragen gibt“, betont sie.
Finfluencer dürfen gar keine individuellen Empfehlungen aussprechen, „weil sie keine Lizenz haben“, erklärt Bußmann. Wer also nach individueller Beratung sucht, sei bei solchen Onlinenangeboten falsch. Hinzu kommen die teils hohen Beträge bei Onlinekursen von Finfluencern. Wegelin attestiert sie, eine „tolle Geschäftsfrau“ zu sein. „Aber Madame Moneypenny schlägt über die Stränge, mit dem, was sie verlangt und was sie dafür bietet“, kritisiert Bußmann.
Braucht es frauenspezifische Finanzberatung?
Frauenspezifische Beratung hält sie als Mitglied eines Vereins, der sich seit den 80er-Jahren dafür einsetzt, für wichtig. Gerade Frauen, die unsicher sind oder sich nicht gut auskennen, fühlen sich beim Thema Finanzberatung bei Frauen wohler, sagt Bußmann.
Ganz unabhängig von Madame Moneypenny seien Finanzberatungen allerdings generell nicht problemfrei, gibt Verbraucherschützer Nauhauser zu bedenken: Denn die meisten Finanzberater arbeiten auf Provisionsbasis. Dies könne dazu führen, dass die Verbraucherinteressen nicht immer im Mittelpunkt stünden.