Es war eine Inszenierung der Superlative. Vor einigen Wochen entstieg die US-Sängerin Katy Perry irgendwo in der texanischen Wüste einer Raumkapsel des US-Milliardärs Jeff Bezos.
Sie warf die wallenden Haare in den Nacken und küsste ein Gänseblümchen, das sie mit ins All genommen hatte. Dann kniete sie nieder und knutschte auch die rote texanische Erde. Eine Geste, die man sonst nur vom Papst kennt. Aber auch dieser Auftritt war ja irgendwie sakral.
Werden Weltraumreisen normal?
Nur elf Minuten zuvor war Perry mit fünf weiteren Promis in einer Kapsel des Raumfahrtunternehmens Blue Origin in den Orbit abgehoben und hatte in rund Hundert Kilometer Höhe kurz die Schwerelosigkeit erlebt. Sie wolle „Vorbild sein für Mut, Selbstwert und Furchtlosigkeit“, sagte sie direkt nach ihrer weichen Landung.
Perry und ihre fünf Begleiterinnen, eine davon Fernseh-Moderatorin, eine Filmemacherin, gehören damit einer neuen Elite des Reisens an – Weltraumtouristen. Man könnte sagen, sie sind Vorreiterinnen in einer Nische, die sich in den kommenden Jahren zu einem veritablen Geschäftsfeld entwickeln könnte.
Mit Zelt und Käfer ging es früher auch
Ging es früher mit dem 23-PS-Käfer mit der Familie über den Brenner nach Bibione ans Meer, kann man sich heute mit zwei Millionen PS unter dem Hintern ins All katapultieren lassen.

Fast ein halbes Dutzend Unternehmen bietet entsprechende Reisen bereits an. Das Spektrum reicht dabei vom suborbitalen Kurztrip in 90 Kilometer Höhe mit dem US-Unternehmen Virgin Galactic bis hin zu mehrtägigen Flügen zur internationalen Raumstation ISS, die das Unternehmen des Tech-Milliardärs Elon Musk, SpaceX, zusammen mit einem Partner im Programm hat. Über Preise wird nicht gesprochen. Schätzungen zufolge sind Basisversionen des stellaren Ping-Pongs aber ab etwa 200.000 US-Dollar zu haben.
Immer mehr Superreiche
Klar ist, dass die Zahl all jener, die sich entsprechende Ausflüge leisten können, stetig wächst. Die Zahl der Milliardäre nimmt so stark zu, dass der Millionärs-Status als Maßstab für Reichtum ausgedient hat. Ein Raumflug gerät damit für Hunderttausende in den Bereich des Möglichen – vom Besitzer einer mittelständischen Firma, über die Investmentbankerin oder den betuchten Erben.

Aber muss das wirklich sein? Gerade im Tourismus erlebt die Welt eine Profanisierung des Luxus, die sich gewaschen hat. Galten Kreuzfahrten noch im alten Jahrtausend als fast schon obszönes Vergnügen des abgehobenen Jet-Sets, haben sie heute nahezu Menschenrechtscharakter inne – den bunten Prospekten der Billiganbieter sei Dank.
Unter hohem Kapitaleinsatz und mit aggressiver Vermarktung ist es den Touristikkonzernen gelungen, einen neuen Massenmarkt zu schaffen und die Preise ins Lächerliche zu drücken.
Was Corona mit dem Boom bei Privatjets zu tun hat
Auch der Privatjet als Verkehrsmittel boomt. Paradoxerweise haben ihn die Reiseverbote der Corona-Zeit für breitere Kundengruppen salonfähig gemacht. Weil Linienflüge am Boden blieben, erkannten First- und Business-Class-Kunden, dass es sich auch im holzgetäfelten Learjet gut reisen lässt. Das steigende Angebot und die härtere Konkurrenz der Anbieter lässt auch hier die Preise sinken.
Klimawandel und Reisen bedingen sich
Rational erklärbar sind alle diese Trends nicht. Denn die Corona-Krise hat auch gelehrt, dass der räumliche Nahbereich als touristisches Ziel durchaus wert ist, erkundet zu werden. Und wer dennoch standesgemäß reisen will, könnte das auch weiter in der frisch aufgepeppten First-Class der Lufthansa tun. Sie bietet ein Meter breite Sitze, einen großen Esstisch und ein Vier-Gänge-Menü.
Abseits persönlicher Befindlichkeiten wird das neue Reiseverhalten aber vor allem für das Klima zum Problem. Alle Bemühungen des Sektors, das Angebot klimaneutral zu machen, dürfen als gescheitert gelten.
Die physikalische Faustformel, wonach es Energie bedarf, Masse über Strecke zu beschleunigen, haben auch diverse Umweltschutzprogramme der Reiseanbieter nicht außer Kraft setzen können. Noch immer gilt: Wer opulent reist, tut dem Klima keinen Gefallen. Zu Pfingsten nach Bibione ans Meer sollte aber noch drin sein.