Michael Postl

Vier Räder, drei Vordersitze, etwa zwei mal zwei Meter Ladefläche – von außen sieht das Auto aus wie ein normaler Geländewagen. Im Innenraum steht an die Wand angebracht eine Konstruktion aus Metall und Stoff, ein wenig wie eine Kommode mit mehreren Schubladen. Eine Küchenzeile, Bänke, ein Wasserbecken – in der Kommode ist die gesamte Ausstattung eines Campingwagens verstaut. Das Auto war bis vor Kurzem noch ein ganz normaler Geländewagen, den Peter Hase mit seinen Mitarbeitern binnen kurzer Zeit zu einem Drei-Mann-Wohnauto umgebaut hat. Hase ist Geschäftsführer der Firma Zooom aus Merching in Bayern, die maßgeschneiderte Wohnmobile baut. Die Nachfrage nach derlei Fahrzeugen ist rasant gestiegen, sagt Hase. Der Trend scheint auch noch nicht vorbei zu sein.

Die Menschen zieht es nach draußen

Überall in Deutschland nimmt die Zahl der neu zugelassenen Camping-Mobile zu. Bundesweit erhöhte sich die Zahl der Wohnmobile auf fast 675.000, dies entspricht einem Plus von 14,5 Prozent. Peter Hase hat seine eigene Erklärung für diese Entwicklung. Seit der Corona-Pandemie ziehe es die Menschen nach draußen, trotz geschlossener Hotels und nicht mietbarer Airbnb-Wohnungen. Die Konsequenz: Die Menschen statteten sich selbst aus. Sucht man im Netz nach Worten wie „Wohnmobil“, „selbst“ und „bauen“, schlagen die sozialen Medien direkt Videos mit Menschen vor, die sich selbst um den Umbau ihres Autos kümmern.

Das Paar Arne Meyer und Ines Spicker aus Norddeutschland sitzen in ihrem Volkswagen T5, den das Paar in Eigenarbeit zu einem Campervan ...
Das Paar Arne Meyer und Ines Spicker aus Norddeutschland sitzen in ihrem Volkswagen T5, den das Paar in Eigenarbeit zu einem Campervan umgebaut hat. Urlaub mit dem selbst ausgebauten Campervan liegt im Trend – häufig wird der Ausbau für Youtube oder Instagram in allen Details dokumentiert. | Bild: Hauke-Christian Dittrich, dpa

Dieser Trend macht sich auch bei Peter Hase bemerkbar. Er steht nun an einem anderen Wagen mit etwas erhöhtem Dach. Weil man im Innenraum keinen Platz mehr zum Schlafen findet, wenn Tisch, Sitzgelegenheiten und Küche ausgeklappt sind, ist das alte Dach herausgeschweißt und durch ein neues ersetzt worden.

Die Preise für Kleinbusse und Transporter ziehen an

Dieses lässt sich ausklappen und dient dann als Bett für zwei Personen. „Zu uns kommen auch Leute, die sehr genaue Vorstellungen und ihr Auto zum Teil schon selbst umgebaut haben.“ Das spare natürlich Geld, der Haken laut Hase: „Wenn man zum Beispiel Fenster einbauen will, verändert man die Statik des Wagens. Das kann bei Unfällen zu stärkeren Schäden des Autos und Verletzungen bei den Insassen führen.“ Am schwierigsten seien Strom- und Wasserzufuhr zu verbauen. Dennoch: Gerade während des Lockdowns wurden wohl viele solcher Wagen in Eigeninitiative gebaut. Kein Wunder, dass auch die Übernachtungszahlen auf Campingplätzen sprunghaft angestiegen sind. Allein die bayerische Campingplätze verzeichneten etwa 1,3 Millionen Übernachtungen im ersten Halbjahr. Im Juni, dem ersten Monat des Jahres ohne Lockdown, übertrafen die Übernachtungszahlen mit knapp einer Million den Wert von Juni 2020 um über 16 Prozent.

Boom gibt es nun seit etwa fünf Jahren

Damit nähern sich die Werte dem Niveau vor Corona mit 1,1 Millionen Übernachtungen im Juni 2019 an. Den Boom gebe es allerdings schon seit etwa fünf Jahren, sagt Patrick Hase. Der Verkauf und Verleih von Wohnmobilen stieg auch bei ihm auf ein Rekordhoch, die Corona-Pandemie sei dafür jedoch nur sekundär verantwortlich. Für ihn hat in erster Linie der Komfort entscheidend dazu beigetragen, dass die Branche boomt. Manchmal gibt es auch skurrile Anfragen für den Merchinger Unternehmer Hase. So steht seit einigen Tagen ein ausrangierter Pferdetransporter in der Lagerhalle. Darin sollen ein Bett, eine Küchenzeile und eine Theke Platz finden. Für Pferde ist dann kein Platz mehr.

Flexibilität ist gefragt

Anhänger umbauen macht Patrick Nüske nicht. Der Händler verkauft aber außergewöhnliche Anhänger. Zu ihm kommen jedoch eher Alleinreisende – und das bereits seit Jahren. Corona habe die Nachfrage zwar ein wenig steigen lassen, viel Zuwachs gebe es seither jedoch nicht. Der Grund ist für Nüske einfach: „Die Leute wollen flexibler sein, einfach ihren Camper ans Auto docken und losfahren können. Nüske stellt eine gewisse Genügsamkeit unter seiner Kundschaft fest: „Die Leute wollen bewusst in den Urlaub fahren und dabei auch die Umwelt nicht außer Acht lassen, da bietet sich ein Camper natürlich an.“