Herr Dudenhöffer, ZF streicht bis zu 14.000 Stellen in Deutschland – rund ein Viertel der heimischen Belegschaft. Ist dieser Kahlschlag gerechtfertigt?

Um die Details kann man sich streiten, aber dass bei ZF etwas geschehen musste, war unumgänglich. Also insofern – ja, vermutlich ging es nicht anders.

Was läuft schief bei ZF?

Das Unternehmen hat vier große Probleme. Das erste und wichtigste ist die immer noch sehr dünne Eigenkapitaldecke und die hohen Schulden, die ZF angreifbar machen. Man verdient zu wenig Geld bei gleichzeitig zu hohen Kosten. Der Aufsichtsrat hat Pläne eines Börsengangs, der die Kapitalstruktur verbessert hätte, über viele Jahre lang abgelehnt. Eine maßgebliche Rolle hat dabei die Stadt Friedrichshafen gespielt, die immer mit dem Gedanken gefremdelt hat.

Welche Probleme gibt es noch?

Die Zukäufe der vergangenen Jahre haben speziell in Deutschland zu Strukturen geführt, die nie bereinigt wurden. ZF hat zu viele Fabriken, auch kleine im Inland. Daraus sind Kostenstrukturen erwachen, die nicht wettbewerbsfähig sind. Das versucht der Konzern jetzt auf die harte Tour zu korrigieren.

Außerdem sehen wir seit Jahren, dass vom Automarkt kein nennenswertes Wachstum ausgeht. Bei den Zulieferern kommen zu wenige Aufträge herein und die, die erteilt werden, sind oft hart umkämpft. Das belastet die Gewinne zusätzlich.

Welche Rolle spielt die Politik?

Eine sehr große. Die Politik macht gerade die E-Mobilität kaputt. Dass die E-Autoförderung von der Bundesregierung gestrichen worden ist, hat die Käufer stark verunsichert. Dazu kommen die Aufrufe von nahezu allen Parteien und aus Brüssel, den Verbrennungsmotor in die Ewigkeit zu führen.

Ein E-Auto zu kaufen, überlegen sich die Kunden nun zweimal. Die Zulieferer sind aber mit hohen Investitionen in Vorleistung gegangen und müssen nun sehen, dass ihnen ein sicher geglaubter Markt wegbricht. Zusammengenommen ist das ein Gemisch, das kein Unternehmen aushält.

Hausgemachte Fehler bei ZF gab es aber auch, etwa der schleppende Schuldenabbau in der Ära Scheider, oder?

Ja, dazu hat man die Frage der nötigen Umstrukturierung der Werke auf die lange Bank geschoben und die finanzielle Basis des Unternehmens nicht energisch genug gestärkt. Jetzt kommt alles zusammen.