Es war kein leichtes Jahr für die Meisterschüler der Handwerksammer Konstanz. Durch die Corona-Pandemie und den Lockdown mussten auch sie von zuhause lernen und sich auf die Prüfungen vorbereiten. In Berufen, in denen mit den Händen geschafft wird und die praktische Erfahrung zählt, eine Herausforderung. Doch im Herbst hielten dann trotz allem 252 Handwerker ihren Meisterbrief in den Händen.
Auch Elias Erlemann aus Waldshut-Breitenfeld gehört dazu. Mit 23 Jahren darf sich der Metallbauer jetzt Meister nennen. „Die Anforderung sind hoch. Geschenkt wird einem nichts“, blickt er auf die Zeit zurück. Wegen Corona musste die theoretische Prüfung in zwei Teilen statt finden. Schule fand drei Monate nicht statt, dafür arbeite er weiter im Betrieb.
„Nach so langer Pause war das Wissen dann nicht mehr präsent“, erinnert er sich. So musste er sich nach dem Arbeiten noch einmal an den Schreibtisch setzen, um sich richtig vorzubereiten. „Corona hat alles über den Haufen geworfen.“

Schwierig wurde es dann auch bei der Fertigung des Meisterstücks. „Wir waren fast auf uns alleine gestellt.“ Ein bisschen Unterstützung durch den Lehrer sei digital möglich gewesen. Den Rest hat Erlemann ohne große Unterstützung zuhause gefertigt. Jetzt ist er stolz auf sein Werk und kann es für seinen Nebenerwerb, eine Landwirtschaft mit 40 Tieren, gut gerbrauchen: Eine Zange für den Traktor, mit der er Siloballen ohne Beschädigung transportieren kann.
Jetzt hat der 23-Jährige plötzlich mehr Verantwortung, auch wenn er bei seinem Arbeitgeber Bamo in Lauchringen noch nicht auf einer Meisterstelle arbeiten kann. „Ich bin jetzt in der Konstruktion tätig und entwerfe Baupläne“, erzählt er. „Da werden Fehler gleich richtig teuer.“
Später auf einer Meisterstelle kann er dann die Baustellenleitung übernehmen. Aber vorher möchte Erlemann noch einiges an Berufserfahrung sammeln. Und dann als Meister kann er später auch selbst Lehrlinge ausbilden. Das ist bei Bamo derzeit noch Chefsache.
Und im Nachwuchsmangel sieht Erlemann auch eine der größten Herausforderungen für die Zukunft im Stahlbau. „Es ist wirklich schwierig eine schlagfähige Truppe zusammenzubekommen. Es gibt immer weniger Lehrlinge, Schüler machen lieber Abi und gehen studieren.“ Er vermutet, dass einige auch die körperliche Arbeit scheuten. Doch gerade für ihn macht das den Reiz des Handwerks aus: „Am Ende des Tages sieht man, was man geschafft hat. Und kann auf einen fertigen Stahlbau schauen.“
Der Nachwuchsmangel im Handwerk war auch ein Grund, warum die Bundesregierung Anfang des Jahres wieder die Meisterpflicht für zwölf Gewerke eingeführt hat. Diese war 2004 für 53 Gewerke abgeschafft worden, weil man sich durch die Deregulierung mehr Wettbewerb und niedrigere Zugangsschwellen für den Arbeitsmarkt in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit erhoffte.
Allerdings heißt es nun in einer Stellungnahme vom Volkswirtschaftlichen Institut für Mittelstand und Handwerk (ifh) an der Universität Göttingen, die für das Bundeswirtschaftsministerium und den Bundestag erstellt wurde, die Deregulierung habe „negative Wirkungen auf den Humankapitalaufbau im Handwerkssektor.“ Heißt: Es gibt zu wenig Nachwuchs, der in den Meisterbetrieben ausgebildet werden kann. Damit geht laut Stellungnahme wichtige Innovationskraft verloren.

Das ist auch ein wichtiger Punkt für Georg Hiltner, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Konstanz. „Die Betriebe ohne Meister leisten genauso gute Arbeit“, betont er. „Es geht aber nicht nur darum, wie die Leistung ausgeführt wird, sondern auch um die Kommunikation gegenüber dem Endkunden.“ Denen sei es auch wichtig, dass die Betriebe junge Menschen für den Beruf qualifizieren und ihnen eine gute Ausbildung bieten. Das könnten eben die rund 6700 Meisterbetriebe im Kammerbezirk leisten.
Außerdem sei der Meister auch für die jungen Menschen ein Grund, sich für eine bestimmte Ausbildung zu entscheiden. „Der Meister stellt ein aussagekräftiges Modell an handwerklicher Qualität in der Gesellschaft dar“, bewertet er den Stellenwert dieser Dualen Ausbildungsmöglichkeit.
Meisterpflicht oder nicht?
Anne Blatter wollte als Konditorin auf eigenen Beinen stehen. Deshalb entschied sie sich für die Weiterbildung und ist nun mit 25 Jahren Konditormeisterin – als Landesbeste. „Ich habe während meiner Lehre schlechte Erfahrungen gemacht“, erzählt sie ihre Vorgeschichte. Dort sei sie gemobbt und schlecht behandelt worden. Es endete damit, dass sie die Lehre zwar beendete, aber ohne Betrieb in der eigenen Küche. „Ich habe den Meister in erster Linie gemacht, damit ich meinen eigenen Betrieb gründen kann“, sagt sie. Sie möchte ein Vorbild für andere sein und zeigen, dass man auch mit einem schwierigen Start, was erreichen kann.
Als „Babobaker“ ist sie mit ihrem Freund Jessy Miredin im Internet aktiv, präsentiert ihre mehrstöckigen Tortenwerke und Weihnachtsplätzchen. Aber nicht nur das: „Ich bin viel auf Social Media unterwegs und zeige die positiven aber auch die negativen Seiten.“ Denn Anne Blatter hat die Erfahrung gemacht, dass es einigen Auszubildenden ähnlich geht wie ihr. „Es ist doch traurig. Da gibt es so wenige Leute, die die Ausbildung machen und dann werden sie vergrault.“
Das möchte die Gottmadingerin gerne besser machen und hat jetzt als Meisterin auch die Möglichkeit dazu. Dafür ist sie momentan gemeinsam mit ihrem Freund auf der Suche nach einem eigenen Betrieb, ein kleines Café.

„Wir reden gerade mehr über einen Lehrling als über eigene Kinder“, erzählt sie lachend. Denn auch ihr Freund hat schlechte Erfahrungen in der Ausbildung gemacht. „Wir würden die Lehrlinge eng begleiten, nach ihren Stärken und Schwächen schauen und sie auf die Prüfung vorbereiten“, hat sie eine genaue Vorstellung.
„Ein Azubi ist keiner, der den ganzen Tag den Boden wischen muss und Äpfel schält, sondern die Zukunft des Handwerks.“ Derbe Sprüche soll es keine geben, sondern Anerkennung und mehr Fingerspitzengefühl im Umgang mit den oft erst 15-Jährigen.
Um es den Meistern mit der Betriebsgründung einfacher zu machen und die oft sehr hohen Ausbildungskosten stemmen zu können, gibt es seit Mai die sogenannte Meisterprämie in Höhe von 1500 Euro. „Die Prämie ist von der Politik ein guter Schritt, um den Meister hervorzuheben“, sagt Georg Hiltner. „Sie wird stark nachgefragt. Die Meisterprüfung ist ein großer Kostenblock, da ist das ein positives Signal.“
Rund 12.000 Euro inklusive Meisterstück hat Elias Erlemann für seinen Meisterbrief ausgegeben. Die Prämie hat er beantragt und war überrascht, dass sie am folgenden Tag schon auf dem Konto war. Zusätzliche Unterstützung bekam er über das Meisterbafög. Und zusätzlich gibt es seit gestern eine Meistergründungsprämie, die vom Land Baden-Württemberg als Zuschuss für ein Förderdarlehen ausgezahlt wird.