Mehr Sicherheit und Tempo für Radler auf der wichtigsten Achse durch Petershausen, aber schwere Bedenken bei den Händlern in der Petershauser Straße und vielen Kommunalpolitikern von CDU, FDP und Freien Wählern: Die Stadtverwaltung macht Ernst mit der Schaffung einer neuen Fahrradstraße und wird die Auto-Durchfahrt an der Schranke Petershauser und Jahnstraße noch in diesem Herbst abriegeln. Das wurde überraschend in der Sitzung des Technischen und Umweltausschusses am späten Donnerstagabend bekannt.
Neue Fahrradstraße in Petershausen
Einen Gemeinderatsbeschluss wird es nicht mehr geben, weil die Stadtverwaltung die Änderung als Teil ihres laufenden Geschäfts betrachtet. Verkehrsplaner Andreas Hemmerich erklärte, die Radler-Pulks an der Schranke und die Beinahe-Kollisionen mit Fußgängern und Autofahrern zwängen zum Handeln. „Spätestens im November“ werde die Sperrung mit Pollern und einer nur für Rettungsdienste zu öffnenden Handschranke umgesetzt.
Ausgenommen sind Anwohner und Geschäftskunden
Anwohner und Kunden haben auch künftig Zufahrt zu Wohnungen und Geschäften, wie in der Sitzung deutlich wurde. Allein der Durchgangsverkehr muss sich – wie schon in den vergangenen eineinhalb Jahren durch die langwierige Kanalbaustelle – andere Routen suchen. Dass die Elberfeldspange, die Schneckenburgstraße und die Strecke über die Linksabbiegerspur am Sternenplatz den Verkehr wirklich aufnehmen können, bezweifelte Stadtrat Klaus-Peter Koßmehl (Freie Wähler). Die Stadtverwaltung sieht es anders, wie Hemmerich betonte.
Stephan Kühnle, der für die Freie Grüne Liste mit seinem Fahrradstraßen-Antrag diesen Sommer Bewegung in das Thema gebracht hatte, freute sich über seinen ersten Erfolg als neu gewählter Stadtrat. Es sei ein breiter Konsens mit der Feuerwehr erzielt worden. Für die Gewerbetreibenden entstünden „ganz neue Chancen“. Genau dies sah Sabine Feist von der CDU ganz anders. Sie nannte es „richtig und notwendig“, dass der Radverkehr gefördert werde. Sie warnte aber zugleich dass sich die Händler „um ihre Lebensgrundlage“ gebracht sähen – so hatten sich in einer E-Mail an den SÜDKURIER auch Stefan und Giovanna Lischka geäußert, die in der Petershauser Straße ein Kinderbedarfsgeschäft betreiben.
Petershauser und Jahnstraße für Autos gesperrt
Anderer Meinung war Heinrich Fuchs (CDU): „Ich könnte gut mit der Sperrung leben.“ Jürgen Ruff (SPD) erinnerte daran, dass nun etwas umgesetzt werde, was die SPD schon 1995 gefordert habe. Er forderte, dass die unnötig gewordene, nagelneue Radstreifen-Markierung an der Schranke wieder entfernt wird und erinnerte daran, dass auch Ebert- und Zähringerplatz radfreundlich umgebaut werden müssten.
- Wo wird künftig für Autofahrer gesperrt? Die Stadt errichtet zwei Reihen mit Pollern. Die südliche steht direkt an der Einmündung Petershauser Straße/Von-Emmich-Straße, rund 50 Meter vor der Bahnschranke. Die nördliche wird direkt am Bahnübergang errichtet. Für die Rettungsdienste wird die Poller-Reihe mit einer einfachen Handschranke unterbrochen. Einsatzfahrzeuge können sie öffnen.
- Was passiert direkt vor den Bahnschranken? Weil sich zu Hauptverkehrszeiten sehr viele Radler vor der oft und lange geschlossenen Schranke stauen, war die Schaffung eines Warteraums ein wichtiges Ziel. Sie haben nun für jede Richtung die halbe bisherige Autostraßen-Breite. Damit soll die gefährliche Enge vermieden werden, die den Weg zu Uni und Schule bisher recht gefährlich gemacht hat. Zudem können Radler durch die größere Breite auch überholen, etwa wenn ein Gespann mit Anhänger vorausfährt.
- Wie kommen die Anwohner zu ihren Wohnungen und die Kunden zu den Geschäften? Das Autofahren auch auf dem Fahrrad-Abschnitt wird nicht grundsätzlich verboten. Der Durchgangsverkehr wird allerdings von der Straße genommen. Die Nutzer des Seerheincenter-Parkhauses nutzen wie bisher die Ausfahrt durch die Stein- und die Jahnstraße, wenn sie über den Zähringerplatz in Richtung Norden oder Westen fahren wollen.
- Was kostet der Umbau der Achse? Die Stadtverwaltung geht von unter 30 000 Euro aus, da nur Poller gesetzt, zwei Schranken gebaut und Fahrbahnmarkierungen angebracht werden müssen. Auch deshalb muss das Vorhaben nicht mehr der Politik vorgelegt werden. Langfristig stehen aber noch erhebliche Kosten an: Die Jahnstraße ist in schlechtem Zustand und muss saniert werden. Wenn die Kreuzungen mit der Reichenaustraße (Ebertplatz) und am Zähringerplatz fahrradfreundlich werden sollen (mehr Aufstellflächen, andere Ampelregelung, Trennung von Fußgängern), kostet das Hunderttausende. Konkrete Planungen gibt es noch nicht.
- Gilt die Durchfahrts-Sperre nun für immer? Nein. Wenn die Achse dauerhaft Fahrradstraße werden soll, muss der Gemeinderat den Straßenzug aus dem so genannten Vorrangnetz nehmen. Das wird im Jahr 2015 diskutiert. Die Befürworter der Fahrradstraße gehen davon aus, dass sie Erfolg haben werden – nach heutiger Meinungslage gäbe es wohl eine knappe, aber stabile Mehrheit im Rat.