Bürgerliche Stadträte wollen die geplante Durchfahrtssperre für Autos in Petershausen politisch wieder kippen. Politiker von CDU und Freien Wählern erklärten, dass sie über das Thema noch eine Ratsabstimmung durchsetzen wollen, da sie mit den Plänen der Stadtverwaltung nicht einverstanden sind. Auch eine Probephase sei nicht laufendes Geschäft, sondern setze einen Beschluss der Volksvertreter voraus, erklärten sie im Haupt- und Finanzausschuss. Die Debatte wird möglicherweise bereits am kommenden Donnerstag, 16. Oktober, im Gemeinderat geführt.
CDU-Fraktionschef Roger Tscheulin fühlt sich überrumpelt von der Ankündigung des Baudezernats, an beiden Seiten des Bahnübergangs in der Petershauser und Jahnstraße Poller aufzustellen, die nur noch Radler durchkommen lassen. Er sprach von „großem Widerstand in der Bevölkerung, der sich zunehmend artikuliert“. Auch Jürgen Faden (Freie Wähler) kritisierte eine autofeindliche Politik, bei der das Geld „zum Fenster hinaus geworfen“ werde. Aus den Reihen von Freier Grüner Liste und SPD war dagegen weitere Unterstützung für eine Probephase in Sachen Fahrradstraße zu erkennen.
Baubürgermeister Karl Langensteiner-Schönborn und Bürgeramtschef Hans-Rudi Fischer sagten, die endgültige Entscheidung sei auf jeden Fall dem Gemeinderat vorbehalten, nur er könne die Achse aus dem Netz der Vorrangstraßen herausnehmen. „Es handelt sich um einen Probelauf“, sagte er und verwies auch darauf, dass in der Sitzung des Technischen und Umweltausschusses weder von der CDU noch von den Freien Wählern ein Antrag gegen die Testphase gekommen war und deshalb auch nicht abgestimmt werden konnte. Im Moment sei es in keiner Weise geplant, die Straße zu verändern, so dass ein Zurück immer möglich sei.
Scharfer Gegenwind kommt auch von Dieter Wäschle, Hotelier aus dem Stadtteil Petershausen und Präsident des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands Schwarzwald-Bodensee. Die Stadt habe seiner Meinung nach nichts aus infrastrukturellen und verkehrspolitischen Fehlschlägen gelernt und verkenne den Stellenwert des Tourismus. „Die Stadt Konstanz sägt kräftig an jenem Ast, auf dem sie sitzt“, so Wäschle gegenüber dem SÜDKURIER.
Widerstand gegen Fahrradstraße in Petershausen
Unklar ist die Haltung der Bürgergemeinschaft Petershausen. Langensteiner hatte am Dienstag berichtet, Vorstandsmitglieder hätten eine ablehnende Erklärung des Mitglieds Willi Horne ihm gegenüber als Einzelmeinung dargestellt.
Dem steht nun die Aussage von Vorstandsmitglied Romen Link entgegen – der CDU-Kandidat bei der Gemeinderatswahl erklärte gegenüber dem SÜDKURIER: „Durch die Sperrung für den Autoverkehr wird im bevölkerungsreichsten Konstanzer Stadtteil einer von drei Bahngleisüberquerungsmöglichkeiten für Autofahrer gesperrt. Dadurch müssen viele Autofahrer künftig Umwege fahren, was mit Sicherheit nicht umweltfreundlich ist.“
Dateiname | : | 1. Leserbrief zur geplanten Fahrradstraße - von Dieter Wäschle |
Datum | : | 10.10.2014 |
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Außerdem, so Link weiter, sei es bedauernswert, dass die vielen kritischen Stimmen aus der Bürgergemeinschaft Petershausen bei dieser Entscheidung nicht gehört wurden, dort habe sich eine deutliche Mehrheit gegen die Sperrung ausgesprochen. Für die Sicherheit von Radfahrern und Fußgängern sei Tempo 30 auf der Achse besser – das wiederum bestreitet der städtische Verkehrsplaner Andreas Hemmerich. Durch die Rechts-vor-links-Regel in 30er-Zonen seien die Radler auf dem Straßenzug gefährdet.
Auch bei Anwohnern stoßen die Pläne auf Unverständnis. Barbara Ilgaz kritisiert, dass der Autoweg zur Post in der Moltkestraße nur noch über den Umweg über den Sternenplatz machbar sei. „Vor allem für ältere Menschen ist das ein Problem. Zahlt die Stadt dann die höheren Taxi-Gebühren?“, so Ilgaz.
Dateiname | : | 2. Leserbrief zur geplanten Fahrradstraße - von Stefan und Giovanna Lischka |
Datum | : | 10.10.2014 |
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FGL-Stadtrat Stephan Kühnle, der mit seinem Fahrradstraßen-Antrag den Stein ins Rollen gebracht hatte, zeigte sich überrascht über den Gegenwind aus dem bürgerlichen Lager. „Die Debatte läuft seit mehreren Monaten. Dass die kritischen Punkte erst jetzt angemerkt werden, erstaunt mich“, so Kühnle. Eine ähnliche Forderung zu den aktuellen Plänen stehe sogar im Kommunalwahlprogramm der CDU, die den Fahrradverkehr ebenfalls fördern wolle. „In Petershausen ist die Gelegenheit, dieses Vorhaben am Schopf zu packen“, so Kühnle.
Sollte es zu einer Abstimmung im Rat kommen, dürfte eine knappe Mehrheit von einigen Stimmen über die Durchfahrtssperre entscheiden. Sowohl in der CDU als auch bei den Freien Wählern und der FDP haben sich einzelne Stadträte bereits für den Versuch mit den Pollern ausgesprochen. Zusammen mit dem links-grünen Lager könnten sie eine Entscheidung für die umstrittene Neuregelung auf den Weg bringen.
- Touristische Qualität: Sieben Hotels gibt es in Petershausen – zwei davon würden komplett von der Innenstadt abgetrennt, argumentiert Dieter Wäschle. Hotelgäste müssten erhebliche Umwege und Staus bei der An- und Abreise in Kauf nehmen, das spreche nicht für die touristische Qualität einer Stadt. „Wir hören immer wieder von unseren Gästen: Konstanz ist eine tolle Stadt, wenn die Verkehrsprobleme nicht wären. Die Pläne schmälern die Attraktivität des Tourismusstandortes Konstanz, schafft mehr Probleme auch für die Bürger, und zeugt nicht gerade von Weitsicht und Integrationsvermögen koexistierender Binnenperspektiven seitens der Stadtverwaltung“, so Wäschle.
- Verkehr: Bei rund 150.000 Übernachtungsgästen pro Jahr in Petershausen kommen nach Angaben von Wäschle rund 90 Prozent mit dem Auto. „Das entspricht etwa 130.000 Personen, die über den Sternenplatz fahren müssen, wenn sie auf die Mainau oder nach Meersburg wollen. Vor dem Hintergrund eines Brückentags, an dem die Stadt ohnehin mit erheblichen Verkehrsproblemen zu kämpfen hat, gewinnt dieses Argument zusätzlich an Stahlkraft.“
- Fehlende Kunden: Die Stimmung unter den Gewerbetreibenden sei bereits seit Monaten aufgrund der Baustelle getrübt. Die Kunden, vor allem aus der Schweiz, bleiben aus und der Umsatz geht zurück, bemerken Stefan und Giovanna Lischka, die in der Petershauser Straße ein Kinderbedarfsgeschäft betreiben. „Mit der Sperrung des Bahnübergangs würde der wichtige Verkehrsstrom der Laufkundschaft ausbleiben und alle Geschäfte einer wesentlichen Existenzgrundlage beraubt.“ (sap)