Minus sieben Grad zeigt das Thermometer um kurz vor 20 Uhr an. Die Nacht ist sternenklar, die Luftfeuchtigkeit niedrig. Optimale Bedingungen für guten Schnee, sagt Alexander Schlegel. Er muss es wissen, denn er ist verantwortlich für die Beschneiung auf dem Feldberg im Hochschwarzwald.
Die Touristen sind um diese Uhrzeit schon lange wieder zurück in ihren Unterkünften, nichts erinnert an den Trubel, der einige Stunden zuvor an diesem sonnigen Tag im Februar noch herrschte.
Doch in dem kleinen Büro an der Talstation der Herzogenhorn-Bahn fängt jetzt der Betrieb erst an. Dort und auf dem Berg. Denn damit am Tag die Skifahrer perfekte Bedingungen haben, bleibt Alexander Schlegel mit seinen Kollegen in der Nacht wach.
Der perfekte Schnee hängt von vielen Faktoren ab
„Man muss das mögen“, sagt Schlegel. Und er mag es. Seit 2010 ist Schlegel Beschneier – zunächst am Biathlon Bundesstützpunkt Notschrei, nun am Feldberg.
Ein typischer Ausbildungsberuf ist das nicht, es gibt lediglich Kurse, in denen man die unterschiedlichen Maschinen kennenlernt. Dann habe man eine Saison Zeit zum Lernen, so Schlegel, und dann sollte man es wissen: Wie der perfekte Schnee aussieht.
Der ist eine Kunst, weiß Schlegel. Eine große Rolle spielen Luftfeuchtigkeit und Lufttemperatur. „Je trockener die Luft, desto besser der Schnee“, sagt Schlegel.
Denn feuchte Luft kann Wasser nur schwer aufnehmen, dann müssen die Temperaturen sehr kalt sein, damit sich Kristalle an den Schneekanonen und den Lanzen bilden. Wenn die Luftfeuchtigkeit sehr gering ist, könne das mit dem Schnee schon fast bei Plus-Graden funktionieren. Weil die Bedingungen jede Nacht unterschiedlich sind, gebe es auch jede Nacht einen anderen Schnee.

Im Computer sieht Schlegel nicht nur, wann der beste Zeitpunkt zum Beschneien ist, sondern er kann auch einzelne Anlangen anwählen und nach Bedarf laufen lassen. Das spare Energiekosten und sei nachhaltiger.
„Wir beschneien heute die FIS-Abfahrt“, so Schlegel. „Für den Sport, der will wieder trainieren.“ Die FIS ist eine ehemalige Weltcup-Abfahrt, die selten aufgemacht wird. Das Problem bei der Beschneiung der Piste: Die Technik ist recht. Schlegel und seine Kollegen müssten die Lanzen von Hand zu- oder aufschrieben. Das soll im Sommer geändert werden.
Trockener Schnee auf dem Berg, nasser Schnee im Tal
Bis dahin können auf der gesamten Abfahrt entweder alle Lanzen laufen oder keine, wenn sie nicht per Hand abgedreht sind. Rund eine Stunde dauere es, wenn alle Lanzen offen sind, bis auch aus den oberen Lanzen Schnee kommt. Zum Vergleich: Bei der neuen Anlage dauert es bis zur vollständigen Beschneiung der Piste etwa 20 Minuten.
In Nächten wie diesen ein Problem. Denn die Temperatur oben auf dem Berg ist schon um einige Grad kälter als unten. „Die Beschneiung wird oben top, da bekommen wir einen trockenen Schnee“, sagt Schlegel. Unten wird der Schnee dagegen nasser werden. „Tagsüber ist aber auch noch Frost, der Schnee packt sich schon noch zusammen.“
Und auch der Wind macht Probleme: „Wir haben derzeit viel mit Ostwind zu kämpfen. Da müssen wir aufpassen, dass der Schnee von den Lanzen nicht in den Wald geweht wird.“ Außerdem könne der Wind den Schnee gegen die Lanze drücken und so die Düsen verstopfen.
Doch die Widrigkeiten nimmt Schlegel gerne in Kauf. Der 58-Jährige hat zehn Jahre als selbstständiger Zimmermeister gearbeitet, bevor er noch mal etwas ganz Neues gewagt hat. „Ich bin gerne in der Natur“, sagt er. Und er möchte etwas für die Jugend tun, damit sie trotz den geänderten Wetterbedingungen Skifahren lernen können. „Skifahren ist ein schöner Sport. Ohne die Beschneiung würde das alles aber gar nicht gehen“, sagt er.
Natürlich bekäme auch er E-Mails mit viel Kritik an der Beschneiung. Dabei sei die Techniker immer besser und effizienter geworden. „Wir wollen ein klimaneutrales Skigebiet erreichen“, sagt Schlegel. „Zumindest müssen wir es versuchen. Aber wenn wir hier im Schwarzwald keinen Liftbetrieb mehr haben, dann stirbt das hier alles aus.“
„Der Unterschied zwischen technischem Schnee und Naturschnee ist, dass der Schnee aus der Beschneiung viel härter ist. Der knirscht viel weniger unter den Schuhen“, sagt Schlegel. Er vermeidet das Wort „Kunstschnee“, denn der Schnee sei genauso echt wie der, der aus Wolken fällt. Der habe nichts künstliches.
Allerdings seien die technisch erzeugten Schneeflocken viel kleiner. Dadurch sei der Schnee viel dichter und das mache ihn härter. Für Skifahrer optimal, so Schlegel. Um einen Schneeengel damit zu formen, sei der Schnee allerdings weniger geeignet.
Schlegels muss in dieser Nacht auch zusätzliche Lanzen und Kanonen per Hand an die Wasserversorgung anschließen. Bei gut minus zehn Grad und eisigem Wind eine anstrengende Aufgabe. Zum Teil muss Schlegel mit seinem Kollegen noch Wasserschläuche verlegen, weil es keine Versorgungsschächte gibt. Die Schläuche müssen dann morgens früh um vier Uhr wieder eingesammelt werden, damit die Skifahrer eine freie Piste haben.

„Diese Saison gab es schon über 20 Beschneiungstage“, sagt Schlegel. Meist sind es in einer Saison 16 bis 17 Tage. Mehr als 25 seien dagegen selten. „Ich finde es wichtig, dass man erhält was man aufgebaut hat. Aber wir müssen nachjustieren und optimieren“, sagt Schlegel. All das für eines der schönsten Komplimente, die man ihm machen kann: Wenn die Touristen den Schnee gut finden.