Die Corona-Krise und die Maßnahmen zur Eindämmung überstrahlen die Nachrichtenlage derzeit jeden Tag. Tatsächlich hat die Krise einschneidende Folgen und Auswirkungen auf den Alltag jedes einzelnen Menschen bei uns im Land. Dennoch gibt es auch weitere Themen, die nicht aus dem Blick geraten dürfen.

Wo drückt den Menschen in Baden-Württemberg der Schuh, was macht sie zuversichtlich, wann haben sie Sorgen? Das wollen die Tageszeitungen in unserem Bundesland ganz genau wissen und haben den BaWü-Check ins Leben gerufen. Einmal im Monat werden dafür mehr als 1000 Menschen zu ausgewählten Themen befragt, die Ergebnisse sind repräsentativ.

Allensbacher Institut wertet aus

Um den Ansprüchen der Wissenschaft gerecht zu werden und belastbare Aussagen zu erhalten, werden die Tageszeitungen in Baden-Württemberg durch das Institut für Demoskopie (IfD) in Allensbach unterstützt, dem vielleicht renommiertesten Umfrageinstitut Deutschlands.

Renate Köcher, die Chefin des Instituts, arbeitet dafür zusammen mit den Chefredakteuren Baden-Württembergs jeden Monat einen Fragekatalog aus, der dann als Grundlage für die aufwendigen Telefon-Interviews dient. Renate Köcher nimmt auch die Auswertung der Ergebnisse vor und stellt sie in einen größeren Zusammenhang, ihre Einschätzungen finden sich unter den Grafiken.

Wichtige Ratgeberin

Nur wenige Menschen in Deutschland haben ein so gutes Gefühl für Entwicklungen in der Bevölkerung wie die IfD-Chefin. Sie bewegt sich regelmäßig in den Schaltzentren der Macht und wird dort um Rat gefragt, nicht nur in der Politik, auch in der Wirtschaft.

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„Das Interesse der Politik an Daten zur Entwicklung von Stimmungen und Prioritäten ist so groß wie seit langem nicht. Das hat mit der Ausnahmesituation zu tun, die ja auch die Erwartungen der Bürger an die Politik und die parteipolitischen Präferenzen tiefgreifend verändert hat“, sagt Köcher und misst dem Baden-Württemberg-Check große Bedeutung bei.

Die Zusammenarbeit von 78 Zeitungstiteln in Baden-Württemberg hat es in dieser Form so noch nicht gegeben. Renate Köcher: „Das verstärkt die Aufmerksamkeit, da die Regionalzeitungen die wichtigste Informationsquelle der Bevölkerung über landespolitische Entwicklungen sind.“ Unverändert.

Und das sind die ersten Ergebnisse:

Bild 1: Das neue Barometer für die Stimmung im Südwesten: Allianz von Tageszeitungen erforscht, was die Baden-Württemberger beschäftigt
Bild: Bernhardt, Alexander

Die Pandemie ist für die Bürger nach wie vor allgegenwärtig und viele fühlen sich persönlich gefährdet. 32 Prozent der Bevölkerung sind sehr besorgt, dass sie sich persönlich infizieren könnten. Weitere 40 Prozent machen sich begrenzt Sorgen, nur knapp jeder Vierte kaum oder gar keine Sorgen.

Überdurchschnittlich besorgt sind die 60-Jährigen und Älteren; allerdings halten sich die Unterschiede in Grenzen: Während in der Bevölkerung insgesamt 32 Prozent persönlich sehr besorgt sind, beträgt dieser Anteil in der 60-jährigen und älteren Bevölkerung 38 Prozent.

Bild 2: Das neue Barometer für die Stimmung im Südwesten: Allianz von Tageszeitungen erforscht, was die Baden-Württemberger beschäftigt
Bild: Bernhardt, Alexander

Die Kritik von Bevölkerung und Eltern entzündet sich vor allem an der unzureichenden personellen Ausstattung der Schulen, die sich in den letzten Monaten sehr verschärft hat. Knapp die Hälfte der Eltern zieht die Bilanz, dass nach wie vor viele Unterrichtsstunden ausfallen; 45 Prozent haben den Eindruck, dass sich der Lehrermangel gravierend verschärft hat. Ein Drittel macht die Erfahrung, dass sich viele Lehrer aus Sorge um ihre Gesundheit vom Unterricht haben befreien lassen.

Der Lehrermangel beunruhigt Bevölkerung und insbesondere Eltern weitaus mehr als unzureichende Hygienekonzepte. 29 Prozent der Bevölkerung bemängeln, dass viele Schulen kein überzeugendes Hygienekonzept haben.

Bild 3: Das neue Barometer für die Stimmung im Südwesten: Allianz von Tageszeitungen erforscht, was die Baden-Württemberger beschäftigt
Bild: Bernhardt, Alexander

Was die Mehrheit der Eltern stark beunruhigt, ist die Frage der Verlässlichkeit von Schulen und Betreuungseinrichtungen. Zwei Drittel machen sich große oder sogar sehr große Sorgen, dass ihre Kinder wegen der Pandemie kurzfristig nicht mehr zur Schule oder in die Betreuung gehen könnten. Nur 11 Prozent sind hier völlig unbesorgt.

Bild 4: Das neue Barometer für die Stimmung im Südwesten: Allianz von Tageszeitungen erforscht, was die Baden-Württemberger beschäftigt
Bild: Bernhardt, Alexander

Der überwältigenden Mehrheit der Eltern wie auch der gesamten Bevölkerung in Baden-Württemberg ist eine verlässliche Betreuung von Kindern in Schulen und Betreuungseinrichtungen außerordentlich wichtig: 58 Prozent der Eltern ist es sehr wichtig, dass auch in Krisenzeiten ein verlässlicher Schulunterricht und eine verlässliche Betreuung von Kindern gewährleistet sind, weiteren 34 Prozent ist dieses Anliegen wichtig. Der Anteil der Eltern wie der Bevölkerung, die diesem Ziel nur wenig Bedeutung beimessen, ist verschwindend gering.

Bild 5: Das neue Barometer für die Stimmung im Südwesten: Allianz von Tageszeitungen erforscht, was die Baden-Württemberger beschäftigt
Bild: Bernhardt, Alexander

Die Phase, in der die Schulen geschlossen waren, hat vielen Eltern noch einmal die Bedeutung eines funktionierenden Regelbetriebs vor Augen geführt. Die Erfahrungen mit Home-Schooling werden sehr gemischt bewertet. 42 Prozent der Eltern ziehen zwar die Bilanz, dass der Unterricht zuhause bei ihnen im Großen und Ganzen gut funktioniert hat, 44 Prozent sind mit dieser Situation jedoch nicht gut zurechtgekommen.

Die Unterstützung durch die Lehrer bewerten nur 26 Prozent der Eltern insgesamt als ausreichend, 29 Prozent als unzureichend; 39 Prozent haben hier sehr unterschiedliche Erfahrungen gemacht, abhängig von der Schule und insbesondere auch dem jeweiligen Lehrer.

Bild 6: Das neue Barometer für die Stimmung im Südwesten: Allianz von Tageszeitungen erforscht, was die Baden-Württemberger beschäftigt
Bild: Bernhardt, Alexander

69 Prozent der Eltern ziehen die Bilanz, dass die eigene digitale Ausstattung für den Unterricht zuhause durchaus ausreichend war, bei 24 Prozent war dies nicht der Fall. Hier werden Defizite deutlich, die aber sehr viel geringer sind als die Defizite an den Schulen.

Die Schulen ihrer Kinder bewerten nur 30 Prozent der Eltern als gut ausgestattet, 58 Prozent sehen hier Defizite: 37 Prozent bewerten die digitale Ausstattung der Schule als eher schlecht, 21 Prozent sogar als sehr schlecht. Weitere 9 Prozent der Eltern machen je nach Schule ganz unterschiedliche Erfahrungen. Zwei Drittel haben den Eindruck, dass sich die Schul-Ausstattung mit Computern und anderen digitalen Medien in den letzten Monaten nicht verbessert hat.

Bild 7: Das neue Barometer für die Stimmung im Südwesten: Allianz von Tageszeitungen erforscht, was die Baden-Württemberger beschäftigt
Bild: Bernhardt, Alexander

Die Krise hat den Eltern bewusst gemacht, dass Lehrer für den digitalen Unterricht nicht ausreichend geschult sind. Nur 10 Prozent der Bevölkerung halten deren Ausbildung hier für ausreichend, von den Eltern 18 Prozent. 68 Prozent der Eltern bezweifeln, dass Lehrer ausreichend ausgebildet und geschult sind.