Er nennt es sein „Lebenskonzept“. Es verliert sich nicht in Theorie, sondern wird sehr konkret: „Meine Frau und ich fliegen nicht, wir konsumieren anders, reparieren viel und verwenden viele Dinge mehrfach.“ Ressourcen sollen geschont, der Klimawandel soll gebremst werden. Das ist das Ziel von Andreas Klatt (68), der in Wahlwies bei Stockach lebt und arbeitet.

Als Jugendlicher ging er gegen das geplante Kernkraftwerk bei Whyl auf die Straße. Doch beim Slogan „Atomkraft nein danke!“ blieb es nicht, Klatt dachte selbst darüber nach, wie man Energie privat und nicht in großtechnischen Anlagen erzeugen kann.

Er setzte schon früh auf Solarthermie

Schon Mitte der 80er-Jahre setzte Klatt auf Solarthermie als Ergänzung zur Heizungsanlage. 1997 siedelte er seine Werbeagentur mitten in Wahlwies an, weil er kurze Wege haben wollte. Er sagt: „Auch alle Mitarbeiter kommen von hier.“

Heute liegen PV-Anlagen auf vielen Dächern. Klatt begann als Pionier. Vor mehr als 20 Jahren ließ er die ersten Paneelen auf das Dach legen. Damals wurde der Strom ausschließlich ins öffentliche Netz eingespeist. Er hörte viel Skepsis, doch nach zehn Jahren waren die Kosten drin.

„Die Energiewende kann Spaß machen“

Heute speist der Strom Klatts Wärmepumpen. Drei weitere PV-Anlagen kamen hinzu. „Ich produziere 36.000 Kilowatt Strom pro Jahr, brauche aber nur 20.000“, sagt der Wahlwieser. Aber jede regenerativ erzeugte Kilowattstunde sei wertvoll.

Vor etwa elf Jahren stieg er aufs E-Auto um. Damals waren im Landkreis Konstanz ganze 26 E-Autos angemeldet. Am Haus sitzt eine Wallbox zum laden. Die ganze Familie und die Mitarbeiter nutzen sie, um möglichst viel selbst erzeugten Strom zu verwenden. „Die Energiewende kann Spaß machen“, freut sich Klatt.

Haushalt zu 80 Prozent unabhängig

Andererseits hält er eine 100-prozentige Autarkie für illusorisch. Den Stromüberschuss im Sommer bekomme man (noch) nicht weg. Aber seine inzwischen vier Familienhaushalte sind zu 80 Prozent unabhängig. „Weil wir diszipliniert bei Sonne Wäsche waschen oder Autos laden, haben wir unseren Stromverbrauch im Griff.“ Der kleine Rest werde eingespeist.

Vor gut drei Jahren tauschte Andreas Klatt die Gasheizung des Bürogebäudes durch moderne Wärmepumpen aus. Heute ist das Büro ein ...
Vor gut drei Jahren tauschte Andreas Klatt die Gasheizung des Bürogebäudes durch moderne Wärmepumpen aus. Heute ist das Büro ein klimaneutraler Ort. | Bild: Claudia Ladwig

Andreas Klatt wartet nicht auf neue Gesetze, Verordnungen oder Förderungen von oben, sondern er handelt. Nur eines seiner Projekte brachte wenig: Die Brennstoffzelle im Haus, die nachts Strom produzierte. „Die Idee des Forschungsprojekts war, aus Strom Wasserstoff zu machen.“ Aber es habe keinen Sinn, fossile Energie zu verbrennen, um Strom und Wärme zu erzeugen. „Da kann ich gleich bei Gas bleiben.“

Auszeichnung vom Umweltministerium

Doch für Brennstoffzellen gebe es eine Aufgabe: Irgendwann überschüssigen Solar- und Windstrom nutzen, um Wasserstoff herzustellen, den etwa die Industrie im Südwesten dann nutzt.

Von Franz Untersteller, bis 2021 Landesminister für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft, wurde Klatts Agentur als „Ort voller Energie“ ausgezeichnet. So kam er zum Klimabündnis Baden-Württemberg. Ziel: das Büro wird zu einem klimaneutralen Ort. „Die Netto-Null-Kurve sollte 2030/31 erreicht werden“, sagt Klatt.

Wegen des Ukraine-Krieges ist man aber schon soweit – weil die Gasheizung durch Wärmepumpen ersetzt wurde. Übrig bleibt eine Tonne CO2-Ausstoß jährlich, weil Wasser fließen und Müll entsorgt werden muss.

Mit sechs Mitstreitern gründete Andreas Klatt die Genossenschaft Bürger-Energie Bodensee. „Nach Fukushima war die Bevölkerung bereit, viel zu tun.“ Schnell hatte man 100 Mitglieder.

Der Gewinn ist nachrangig

Die PV-Anlage am Mooshof ging 2011 ans Netz. Der Gewinn ist nachrangig. Die Aktiven wollten ein Beispiel geben. Klatts Fazit: „Die Energiewende findet im Kopf statt, nicht im Geldbeutel.“