Sorgt Omikron wirklich für eine Entspannung in den Kliniken? Die Variante des Coronavirus scheint weniger gefährlich zu sein als Delta. Zudem häufen sich die Meldungen, dass viele Corona-Patienten nicht wegen, sondern mit dem Virus im Krankenhaus liegen. Covid-19 sei oft nur eine Nebendiagnose, der eigentliche Grund für die Aufnahme sei ein anderer.

Eine Umfrage des SÜDKURIER in der Region zeigt: In den Kliniken vor Ort spielt es keine Rolle, ob die Patienten wegen oder mit Covid-19 aufgenommen werden.

Der Betreuungsaufwand ist gleich

„Wir differenzieren nicht zwischen mit und wegen, da der Aufwand der gleiche ist“, erklärt Luisa Denz, Sprecherin der Klinik in Waldshut. Corona-positive Patienten würden so oder so isoliert – mit entsprechend „hohem Betreuungsaufwand“, erläutert Hans-Jürgen Ott.

Ott ist Chefarzt der Anästhesiologie, Intensivmedizin und Notfallmedizin in Waldshut. Er bestätigt, dass Omikron tatsächlich harmloser verlaufe: „Wir sehen vereinzelt ungeimpfte Patienten, die mit schwerem Verlauf auf die Intensivstation müssen. Bei den Geimpften sind es oft stationäre Aufnahmen aus anderen Gründen, die Covid als Zufallsbefund mitbringen.“ Seit Jahresbeginn hat das Klinikum 74 Patienten aufgenommen, davon lagen zehn auf der Intensivstation.

Das könnte Sie auch interessieren

Trotz Omikron müssen mehr Menschen in die Klinik

Otts Beobachtung deckt sich mit der Lage im Land. Das Robert-Koch-Institut schätzt Omikron seit Mitte Januar als dominierende Variante in Deutschland ein. Seither steigt in Baden-Württemberg die Hospitalisierungs-Inzidenz, zuletzt lag sie auf dem höchsten Niveau, seit das Landesgesundheitsamt den Wert veröffentlicht.

Auf die Intensivstation müssen die meisten Patienten aber nicht. Mittlerweile sind bedeutend weniger Betten mit Covid-Patienten belegt als noch im Dezember, dem Höhepunkt der Delta-Welle. Omikron scheint also tatsächlich für weniger dramatische Verläufe zu sorgen, jedenfalls bei geimpften Menschen. Oder die Menschen kommen tatsächlich wegen anderer Gebrechen.

Isolation zum Schutz der Ungeimpften

„Nur wenige Patienten, die bisher mit der Omikron-Variante in unser Klinikum gekommen sind, waren wegen Covid dort“, sagt Jürgen Schmidt, Chefarzt der Klinik in Tuttlingen. Etwa 70 Prozent der Patienten seien zuletzt mit einer anderen Diagnose eingeliefert worden. „Zu Zeiten der Delta-Variante war das anders: Hier waren praktisch alle Covid-Patienten wegen ihrer Corona-Infektion bei uns im Klinikum.“

Eine Klinik-Mitarbeiterin bereitet in einer Impfstation eine Spritze für eine Impfung gegen das Coronavirus vor. Schwere Verläufe bei ...
Eine Klinik-Mitarbeiterin bereitet in einer Impfstation eine Spritze für eine Impfung gegen das Coronavirus vor. Schwere Verläufe bei einer Covid-Erkrankung werden vorwiegend bei Ungeimpften beobachtet. | Bild: Bernd Weißbrod/dpa

Für die positiv Getesteten gilt aber dasselbe wie in Waldshut. Sie müssen aufwendig isoliert werden. Zuletzt lagen wieder mehr Patienten auf der Isolierstation, so Schmidt. Ziel sei, die Ausbreitung in gefährdete Gruppen zu verhindern: „Zum Beispiel Patienten mit Abwehrschwäche, Krebserkrankungen und natürlich auch ungeimpfte Patienten.“

Tuttlingen sticht im Landesvergleich heraus. Laut Sozialministerium sind weiterhin die meisten Patienten mit Covid-19 wegen ihrer Infektion in Behandlung. Allerdings ist die Dunkelziffer hoch, das Land hat zu vielen Klinik-Aufnahmen keine weitergehenden Daten.

Die Lage im Schwarzwald

Im Schwarzwald-Baar-Klinikum in Villingen-Schwenningen schätzt Sprecherin Sandra Adams, dass etwa ein Drittel der Patienten mit einer anderen Diagnose eingeliefert, aber dann positiv getestet worden sei. Statistisch erfasst werde das zwar nicht, aber: „Dies ist jetzt erst mit der Omikron-Welle vermehrt zu beobachten.“

Der Schwarzwald-Baar-Kreis hatte zuletzt mit die höchsten Inzidenzen im Land, das Klinikum ist eines der größten im Südwesten. Mit 191 wurden seit Jahresbeginn entsprechend viele Corona-Patienten aufgenommen. Zuletzt waren 55 Patienten in Behandlung, davon drei auf der Intensivstation.

Die Lage in Ravensburg

In Ravensburg stellt sich die Situation ähnlich dar. Auch hier werden Patienten nicht separat erfasst. „In der Regel kommen die Patienten mit einer Aufnahme-Diagnose ,Infektion der Atemwege‘ zu uns“, erklärt Sprecher Winfried Leiprecht. Ob es sich um Covid handle, werde dann bei der Aufnahme geprüft.

Derzeit sind 30 Corona-Patienten in Behandlung, seit Jahresbeginn waren es etwa 150. Für eine Entwarnung sei es deshalb noch zu früh, betont Leiprecht, „auch wenn die Corona-Versorgung momentan beherrschbar ist“. Zudem steige die Zahl der Patienten zuletzt wieder an. Gleichzeitig falle mehr Personal aus.

Die Belastung des Personals ist ein Problem

Letzteres ist auch beim Gesundheitsverbund Landkreis Konstanz (GLKN) ein erhebliches Problem. Die Kliniken des GLKN befinden sich derzeit im Notbetrieb, weil zu viele Mitarbeiter der Krankenhäuser coronabedingt ausfallen. Eine Einschätzung der Lage auf den Stationen hat der SÜDKURIER nicht erhalten. Auch das Klinikum Friedrichshafen hat nicht auf unsere Anfrage reagiert.

Aus anderen Krankenhäusern ist Ähnliches wie aus Konstanz zu hören: Die Infektionen innerhalb des Personals machen Probleme. Insofern wirkt sich Omikron stark auf die Kliniken aus. Allerdings nicht nur so, wie es die Patienten-Aufnahmen anzeigen.