In roten Buchstaben steht es auf der Internetseite der Schifffahrtsgesellschaft Untersee und Rhein (URh) kaum zu übersehen: „Niedrigwasserbetrieb – Ab Montag, 30. Juni 2025 und bis auf Weiteres kommt es zum Streckenunterbruch zwischen Diessenhofen und Stein am Rhein.“ Für Kursschiffe herrscht seitdem auf der Strecke Stillstand. Dauer? Noch unbekannt.
„Ich bin besorgt“, sagt Geschäftsführer der URh, Remo Rey, im Gespräch mit dem SÜDKURIER. Zwar ist es diesmal kein lebendiges Exemplar der Quaggamuschel, das Ärger macht. Die hohen Fließgeschwindigkeiten des Rheins gefallen der Muschel nämlich nicht.
Es ist das tote Muschelmaterial, das vermutlich vom Untersee in den Hochrhein gespült wurde. Auch habe der niedrige Pegelstand rund um die Insel Werd wohl ein Massensterben der Quaggamuscheln ausgelöst, vermutet Philemon Diggelmann, Leiter für Wasserbau und Hydrometrie beim Amt für Umwelt im Kanton Thurgau.

Im Schiffsgraben nahe der Hemishofer Brücke hat sich dieses tote Material aufgetürmt. Für die Schiffe bedeutet das: kein Durchkommen.
Muscheln machen den Motor kaputt
Erste Vorboten des ungünstigen Hindernisses waren in Form von einzelnen Muscheln bereits vor Wochen im Filtersystem der Schiffe zu finden, sagt Rey. Damals dachte man noch, dass das ein Problem für den Winter sei. Drei Wochen später entdeckte man dann die Muschelberge im Schiffsgraben – schon wieder.
Bereits 2024 türmten sich hier die Ablagerungen auf. Damals musste man die Muscheln in aufwendigen Baggerarbeiten entfernen. Kostenpunkt: 60.000 Franken. Heute rechne man seitens des Thurgauer Umweltamtes mit dreimal so hohen Kosten, sagt Philemon Diggelmann.
Das Problem mit der Muschel liegt im Inneren des Schiffes, erklärt Rey. Wenn sich die Muscheln in der Filteranlage der Schiffe festsetzen, könne diese den Motor nicht mehr kühlen. Dann überhitze der Motor und müsse ersetzt werden: „Passiert das in der Saison, ist das schwierig. Einerseits ist es kostspielig, andererseits dauert es auch einfach zu lang, bis Ersatzteile da sind“, sagt Rey.
30.000 Franken Einbuße pro Tag
Wäre der Berg an Quaggamuscheln nicht gewesen, hätte man den Schiffsbetrieb noch rund eine Woche länger aufrechterhalten können, sagt Rey. Danach hätte der Betrieb aufgrund des Niedrigwassers ohnehin eingestellt werden müssen.
Doch allein in dieser Woche habe man schätzungsweise 200.000 Franken Einbußen gehabt – jeder weitere Tag, an dem die Strecke zwischen Diessenhofen und Stein am Rhein nicht bedient werden kann und an dem ideale Wetterbedingungen herrschen, würden noch mal 30.000 Franken kosten.
Der Pegel muss steigen
Damit die Schiffe wieder normal verkehren können, muss zuerst der Pegel steigen. Dann könnte man die Ausbaggerung auf den Herbst verlegen, wenn aufgrund des Saisonendes eh keine Schifffahr mehr möglich ist, sagt Diggelmann.
Sollte der Pegel niedrig bleiben, könnten schon im August die Bagger anrücken. Von der Quaggamuschel sei Diggelmann erstaunt: „Wir haben die Situation regelmäßig beobachtet. Dass es jetzt so schnell geht und sich der Rhein wieder füllt, hat uns überrascht.“
Rey blickt mit Unbehagen auf die Zukunft. „Ich bin kein Quaggamuschel-Experte“, sagt er, „aber ich höre Leuten zu, die es sind.“
Im Winter setze man sich mit den Kantonen Thurgau, Schaffhausen und dem Landkreis Konstanz für eine Lösung zusammen, denn die Quaggamuschel verbreite sich schnell. Deshalb sei davon auszugehen, dass auch immer mehr totes Muschelmaterial in den Rhein gespült wird. „Das wird immens anwachsen“, sagt Rey, „und das macht mir große Sorgen. Es muss etwas unternommen werden, denn irgendwann wird der Rhein gefüllt sein mit totem Muschelmaterial.“