Aus den Luken, wo die Kreuzlinger sonst ihr Altglas einwerfen, lodern Flammen. Und dies noch Stunden, nachdem der Brand im RAZ, dem Kreuzlinger Entsorgungshof der Firma TIT Imhof, ausgebrochen ist. Die mächtige schwarze Rauchsäule, die am Mittwochmittag, 9. Juli, in der ganzen Stadt und sogar in Konstanz zu sehen war, hat sich mittlerweile in weißen Rauch verwandelt. Auch am Nachmittag ziehen immer wieder von neuem Schwaden aus der Halle, der beißende Gestank über dem Areal legt sich nur langsam.

Das Entsorgungszentrum RAZ in Kreuzlingen steht am Mittwochmorgen, 9. Juli, in Vollbrand.
Das Entsorgungszentrum RAZ in Kreuzlingen steht am Mittwochmorgen, 9. Juli, in Vollbrand. | Bild: SK

Über das große Feuer, das in dem Entsorgungsbetrieb am Vormittag ausgebrochen war, hatte zunächst das Alertswiss-System, eine Informationsplattform des Bundes und der Kantone in der Schweiz für Katastrophen und Notlagen, informiert. Demnach stand eine Entsorgungsanlage in Kreuzlingen im Vollbrand. Menschen wurden gebeten, nicht in das betroffene Gebiet zu gehen und es weiträumig zu umfahren.

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Zusätzlich hieß es, die Fenster und Türen geschlossen zu halten und die Lüftungen sowie Klimaanlagen abzuschalten. Diese Verhaltensempfehlungen ergingen in der Schweiz, allerdings befindet sich das betroffene Gebäude nur drei Kilometer von der deutschen-schweizerischen Grenze entfernt. Am Nachmittag gaben dann zwischenzeitlich auch die deutschen Behörden entsprechende Warnungen für die Stadtteile Altstadt und Petershausen heraus.

Dort hieß es ebenfalls, die Konstanzerinnen und Konstanzer im betroffenen Bereich sollten vorsorglich Fenster und Türen geschlossen halten sowie Lüftungs- und Klimaanlagen abschalten. Auch die Warn-App NINA, eine Notfall-Informations- und Nachrichten-App des Bundes, gab zwischenzeitlich entsprechende Hinweise an die Bevölkerung heraus. Gegen 16 Uhr wurden die Warnungen auf beiden Seiten der Grenze aufgehoben.

Das Feuer lodert in Kreuzlingen Video: SK

Null Sicht im Innern

„Das Feuer ist im Innern der riesigen Halle ausgebrochen“, erklärt Miguel Lopez, Mediensprecher der Kantonspolizei, vor Ort. Danach habe es auf die Gebäudehülle übergegriffen. Der westliche Teil des Entsorgungszentrums sei gar einsturzgefährdet, ein Statiker deshalb beigezogen worden. Kein Wunder, wenn man die versengte und arg in Mitleidenschaft gezogene Fassade betrachtet. Von der Decke baumelt eine große Platte. Ein späterer Blick durch die Entsorgungsluken zeigt ein Bild der kompletten Zerstörung im Innern.

Die Kreuzlinger Wehr ist mit zahlreichen Kräften im Einsatz.
Die Kreuzlinger Wehr ist mit zahlreichen Kräften im Einsatz. | Bild: Hanser, Oliver

Der Kreuzlinger Feuerwehrkommandant Marc Hungerbühler berichtet, dass seine Leute den Brand bis Anfang Nachmittag nur von außen bekämpfen konnten. „In der Halle ist derzeit null Sicht.“ Von zwei Drehleitern aus – die Kreuzlinger Feuerwehr erhielt Unterstützung von der Feuerwehr Oberland-See – greifen die Brandbekämpfer von oben an.

Das Großaufgebot von Rettungskräften und Behörden – rund 80 bis 90 Feuerwehrleute und mehr als ein Dutzend Blaulichtfahrzeuge sind vor Ort – umfasst auch Polizei, Staatsanwaltschaft, das Amt für Umwelt mit einer großen Drohne und Sanitäter. Verletzt wurde niemand, bestätigt Kantonspolizeisprecher Lopez. Zwei Personen seien mit brennenden Augen und wegen des Verdachts auf Rauchvergiftung untersucht worden. Sie konnten aber wieder entlassen werden.

Auch von der Konstanzer Seestraße ist die Rauchsäule deutlich zu sehen.
Auch von der Konstanzer Seestraße ist die Rauchsäule deutlich zu sehen. | Bild: Hanser, Oliver

„Wir haben zum Glück alle Kunden und Mitarbeitenden rechtzeitig aus der Halle gebracht“, sagt Martin Feldmann, Bereichsleiter Entsorgung und Recycling bei der TIT Imhof. Er ist sehr beschäftigt damit, die Feuerwehr mit Informationen zu unterstützen. „Kein schöner Tag“, sagt er, sichtlich erschöpft und mitgenommen von den Ereignissen. Ob die Halle noch zu gebrauchen ist, gelte es abzuwarten. „Sie sieht nicht gesund aus.“ Feuerwehrkommandant Hungerbühler hatte es deutlicher formuliert: „Totalschaden“.

Mitarbeiter sind stark mitgenommen

Sechs Mitarbeitende der TIT Imhof sitzen erschöpft in der Nähe der Einsatzzentrale. Einige sind den Tränen nähe, sie trösten sich gegenseitig. Mit der Presse reden wollen sie nicht. „Kein guter Zeitpunkt“, heißt es. Sie werden später auch abwechselnd von der Polizei befragt. Das sei reine Routine, erklärt Bereichsleiter Martin Feldmann später.

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Am Mittwochnachmittag unternimmt die Feuerwehr erste Versuche, die Halle von der weniger betroffenen Seite her zu betreten und zu räumen. Die Brandnester und glühenden Schutthaufen, die nach wie für Rauchschwaden über dem Brandplatz sorgen, werden die Feuerwehr noch einzige Zeit beschäftigen. Wie lange der Einsatz noch dauere, sei zu diesem Zeitpunkt nicht abzuschätzen, meint Feuerwehrkommandant Hungerbühler: „Aber die Lage ist unter Kontrolle.“

Urs Brüschweiler ist Reporter unserer Partnerzeitung, der „Thurgauer Zeitung“.