Hunderttausende sind auch in Baden-Württemberg auf die Straßen gegangen, um gegen Rechtsextremismus und die AfD zu protestieren. Für viele Menschen ist das erst mal ein positives Zeichen, unter anderem freuen sich über die hohen Zahlen der Demonstrierenden am Mittwoch die Landtagsfraktionen von FDP, SPD und Grünen in Stuttgart. Was sie dabei maximal in Nebensätzen erwähnen: Der Zuspruch, den die AfD abseits der Proteste in Wahlumfragen erfährt, ist zum Teil durch die Unzufriedenheit der Bevölkerung mit der Bundesregierung bedingt.

Der SÜDKURIER hat daher bei den Vorsitzenden der Landesverbände der Ampelparteien nachgefragt, welche Handlungsempfehlungen sie aus den Protesten an die Bundesregierung ableiten. Am konkretesten wird dabei Michael Theurer, Landesvorsitzender der FDP und Parlamentarischer Staatsekretär im Bundesverkehrsministerium.

Die Ampel-Koalition sei mit dem Anspruch angetreten, eine Fortschrittskoalition zu sein, heißt es in seinem Statement. „Wir sollten in der zweiten Hälfte der Legislatur den Fokus darauflegen, die Verwaltung auf allen Ebenen zu modernisieren und auf Maßnahmen, die den Bürgerinnen und Bürgern das tägliche Leben konkret leichter machen“, so Theurer. Beschleunigte Planungs- und Genehmigungsverfahren, wie sie im Verkehrsministerium durchgesetzt worden seien, könnten in dieser Hinsicht als Vorbild dienen.

Für die SPD muss die Politik besser erklärt werden

Andreas Stoch, Landesvorsitzender der SPD und Fraktionschef im Landtag, sieht eine große Verunsicherung in der Bevölkerung, die Populisten zu nutzen wüssten. Für die Bundesregierung heiße das: „Sie muss ihre Politik besser erklären, die Sorgen der Menschen ernst nehmen und Lösungen anbieten.“

Den Fokus müsse die Regierung auf die wirtschaftliche Stabilisierung des Landes legen. Es brauche etwa Investitionen in den Bereichen Bildung, bezahlbaren Wohnraum und sichere Arbeitsplätze.

Keine Selbstkritik bei den Grünen

Wenig selbstkritisch und konkret äußern sich die Grünen. Zunächst antworten die Landesvorsitzenden Lena Schwelling und Pascal Haggenmüller lediglich mit einer positiven Bewertung der Demonstrationen im Land.

Auf erneute Nachfrage, welche Konsequenzen die Landespartei aus den Protesten für die Bundesregierung ableitet, heißt es dünn von der Pressestelle: „Die Konsequenz, die sich aus den Demonstrationen ergibt – nicht nur für die Ampel-Parteien, sondern für alle Parteien des demokratischen Spektrums – ist der kontinuierliche Einsatz für unsere Grundwerte und gegen Rechtsextremismus.“

Anscheinend sind die Worte ihres Parteikollegen, des Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann, aus der Landespressekonferenz am Dienstag noch nicht zu ihnen durchgedrungen. Er sagte: „Es mangelt immer an Selbstkritik. Es ist ja nicht das Hobby von jemandem, selbstkritisch zu sein.“