Kurz vor dem Ende des Jahres ist es für Eigentümer die entscheidende Frage: Wie viel Grundsteuer muss ich 2025 für mein Grundstück bezahlen? Doch auch wenige Wochen vor dem Jahreswechsel ist die Unsicherheit groß.

Nach Datenerhebungen des SÜDKURIER haben Stand Mitte November erst rund ein Drittel der Kommunen die neuen Hebesätze schon festgesetzt, weitere folgen in den kommenden Tagen, andere müssen die Sätze noch im Gemeinderat beraten.

Doch ohne Hebesatz keine Berechnung der Grundsteuer – und deswegen wissen viele Bürger noch nicht, wie tief sie ab Januar für die Grundsteuer in die Tasche greifen müssen.

Doch haben die Kommunen die zeitnahe Kalkulation versäumt? Nicht unbedingt, erklärt beispielhaft ein Bürgermeister aus der Region.

Bis alle Daten da waren, hat es gedauert

Die Gemeinde Gottmadingen zählt rund 10.900 Einwohner. Zwar hat sie ihren Hebesatz mittlerweile festgelegt. Dennoch habe es laut Bürgermeister Michael Klinger und dem Kämmerer der Gemeinde, Andreas Ley, „unglaublich“ lange gedauert, bis die Gemeinde alle Daten der Finanzämter für die Kalkulation der Hebesätze gehabt hat.

Das Finanzamt ist „am letzten Drücker“, sagt Bürgermeister Klinger. „Bevor wir nicht alles vom Finanzamt haben, wie sollen wir da unsere Bürger informieren?“ Dass die Gemeinden abhängig vom Bearbeitungsstand der Finanzämter sind, bestätigt auch der Sprecher des baden-württembergischen Gemeindetags, Christopher Heck.

Wie schnell die Finanzämter in ihrer Bearbeitung sind, hängt laut ihm aber auch von Einsprüchen der Grundstücksbesitzer, Wertgutachten oder Korrekturen von Bodenrichtwerten und Ähnlichem ab und sei nicht unbedingt bloß auf ein Verschulden der Finanzverwaltung zurückzuführen.

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Für die Finanzämter sei die Grundsteuerreform auch ein gewaltiger Aufwand, erklärt Jasmin Bühler. Laut der Pressesprecherin des Landesfinanzministeriums haben die Finanzämter landesweit rund 5,6 Millionen „wirtschaftliche Einheiten“ neu zu bewerten.

Man bearbeite die von den Eigentümern abgegebenen Grundsteuererklärungen innerhalb des zugesagten Zeitrahmens, welcher eingehalten worden sei – laut dem Ministerium für Finanzen sei den Kommunen zugesagt worden, dass sie im Sommer 2024 mindestens 80 Prozent der Messbescheide zur Verfügung haben.

Die Festsetzung eines Hebesatzes ohne vollständige Datengrundlage ist zwar laut Christopher Heck auch möglich, allerdings bedeute das nicht unbedingt mehr Sicherheit für die Bürger, insbesondere wenn dieser später korrigiert werden müsste. Die „gefühlt späte“ Festsetzung der Hebesätze, so schreibt es Christopher Heck, deute auf die Ernsthaftigkeit hin, mit der die Kommunen an das Thema herangehen würden.

Denn die Kommunen haben eine klare Vorgabe: Sie sollen nach der Reform nicht mehr Grundsteuer einnehmen als davor – doch auf Geld verzichten will bei angespannter Kassenlage natürlich auch keine Kommune.

Doch was passiert, wenn es eine Kommune nicht mehr schafft, rechtzeitig einen Hebesatz festzulegen? Dann wird die Grundsteuer entweder auf Basis der alten Hebesätze im Haushalt fällig oder die Erhebung kann zunächst nicht stattfinden, da die alte Hebesatzsatzung nicht mehr gültig wäre – je nachdem, wie die Steuer in den Kommunen bisher erhoben wurde. Strafzahlungen oder ähnliches fallen nicht an, so Heck.

Die erste von vier Raten der Grundsteuer wird ab dem 15. Februar fällig – Gemeinden können die Grundsteuer aber noch bis zum 30. Juni des laufenden Jahres erhöhen und auch den Hebesatz noch nach unten anpassen.

Jeder Bescheid wird händisch verpackt

Rund 3500 Grundsteuerbescheide müssen in Gottmadingen nun verschickt werden – und das bis Januar, denn ab dem ersten Tag des neuen Jahres gilt die neue Grundsteuer. Jeder Bescheid wird händisch kuvertiert, „das wird eine geballte Aktion innerhalb des Rechnungsamtes“, ist sich Kämmerer Ley sicher.

Zwar stand der Hebesatz in Gottmadingen im November fest. Hätte man die Bürger aber noch in diesem Jahr über den Stand ihrer Grundsteuer informiert, obwohl im Januar sowieso der Bescheid komme, wäre das ein doppelter Aufwand für die Gemeinde gewesen. „Wir können nicht noch mal über 3000 Briefe losschicken, um den Bürgern zu sagen: ‚Achtung, da kommt was im Januar‘“, sagt Klinger.

Der Gottmadinger Bürgermeister Michael Klinger sieht das Thema Grundsteuer gelassen. „50 Prozent der Grundstücksbesitzer werden gleich ...
Der Gottmadinger Bürgermeister Michael Klinger sieht das Thema Grundsteuer gelassen. „50 Prozent der Grundstücksbesitzer werden gleich viel bezahlen müssen oder gar weniger, die anderen 50 Prozent auch mal deutlich mehr.“ | Bild: Matthias Güntert

So werde es vielen Gemeinden gehen, Gottmadingen sei zwar früh dran gewesen, sei aber auch nicht besser oder schlechter als eine Kommune, die den Hebesatz erst im Dezember festlegt. „Das versuchen alle Gemeinden irgendwie hinzukriegen“, so Klinger.

Die harte Phase kommt im Januar

Ein paar Anrufe mehr als sonst habe die Gemeinde bereits bekommen. Doch die wirklich harte Phase, davon gehen Klinger und Ley aus, komme für die Gemeinden erst im Januar. Denn die Bürger, die mit ihrer neuen Steuer nicht einverstanden sind, werden sich dort aufregen, wo sie jemanden zu fassen bekommen – „bei uns am Telefon“, sagt Klinger.