Auf teils erschreckende Zahlen sind Hausbesitzer gekommen, die versucht haben, ihre neue Grundsteuer zu berechnen. Ein Eigentümer eines bebauten Grundstückes von 600 Quadratmetern in Seeuferlage bei Überlingen kam auf eine künftige jährliche Grundsteuer von fast 6900 Euro.
Und aus Freiburg ging ein Beispiel durch die Medien, wo für ein 2500 Quadratmeter großes Grundstück künftig 5000 Euro statt der bisherigen 433 Euro fällig werden könnten. Entsprechend groß ist die Angst vieler Hausbesitzer, aber auch Mieter, vor der Mehrbelastung, die ihnen ab 2025 durch die Reform der Grundsteuer droht.

Bislang war allerdings auch viel Spekulation dabei, denn um die neue Grundsteuer korrekt berechnen zu können, braucht man den Hebesatz der jeweiligen Kommune. In den vergangenen Wochen haben die ersten Gemeinden in Baden-Württemberg diese Hebesätze nun festgelegt.
„Dabei zeigt sich, dass es auf jeden Fall zu Belastungsverschiebungen kommt“, sagt Andrea Schmid-Förster, Leiterin der Abteilung Steuerpolitik beim Bund der Steuerzahler Baden-Württemberg. Deutlich mehr zahlen müssen künftig Eigentümer von Ein- oder Zweifamilienhäusern mit größerem Garten.
Teils sinken die Hebesätze, aber das sagt nichts aus
Markdorf ist eine der ersten Gemeinden am Bodensee, die diese Woche über den geplanten Hebesatz ab 2025 informierte, der von bislang 350 auf 245 Prozent gesenkt werden soll. Die Kommunen sind angehalten, die Grundsteuerreform aufkommensneutral umzusetzen. Das bedeutet: Insgesamt soll die Kommune künftig nicht weniger über die Grundsteuer einnehmen als bislang – aber auch nicht mehr.

Verfünffachte Belastung
Für einen Eigentümer in guter Wohnlage mit einem 1600-Quadratmeter-Grundstück in Markdorf bedeutet der gesenkte Hebesatz nun trotzdem: Künftig hat er statt 417 Euro Grundsteuer jährlich sage und schreibe 2113 Euro zu zahlen. „Die Einfamilienhäuser mit großen Grundstücken fangen damit auch die Lücke auf, die durch eine Entlastung des Gewerbes entsteht“, sagt Michael Lissner, Kämmerer der Stadt Markdorf.
So zahlte ein großer ortsansässiger Gewerbebetrieb bislang jährlich 31.000 Euro Grundsteuer, künftig sind es nur noch 7000 Euro. Die Entlastung von 24.000 Euro geht zulasten der Einfamilienhaus-Besitzer.
Spielräume der Kommunen begrenzt
Die einzelnen Kommunen setzen dabei nur um, was auf Landesebene beschlossen wurde: Nachdem das Bundesverfassungsgericht im April 2018 die Ermittlung der für die Grundsteuer bislang maßgeblichen Einheitswerte als verfassungswidrig erklärt hat, hat sich das Land Baden-Württemberg entschieden, bei der Neuberechnung auf das sogenannte modifizierte Bodenwertmodell als Berechnungsgrundlage zu setzen.

Wichtigster Faktor Bodenpreis
Der Gedanke dahinter ist, dass der Boden selbst eine dauerhafte und stabile Werteinheit darstellt. Auf die Bebauung des Grundstücks – also wie groß ein Haus ist oder welchen Wert es hat – kommt es bei der Bewertung dagegen nicht mehr an. „Es ist künftig also egal, ob ein Grundstück mit einem großen Bankenturm oder mit einem kleinen Einfamilienhaus bebaut ist“, sagt Andrea Schmid-Förster.
Sie weist darauf hin, dass es zwar noch die Steuermesszahl nach Nutzungsart gibt, die einen Abschlag für Wohnzwecke berücksichtigt. „Die Berechnungen jetzt aber zeigen, dass das längst nicht ausreicht.“
Denn hinzu kommt, dass Firmen oft in Gewerbegebieten angesiedelt sind. Dort sind die Bodenrichtwerte, die ebenfalls eine entscheidende Rolle spielen bei der Berechnung der neuen Grundsteuer, deutlich niedriger als in Wohngebieten. „In Markdorf haben wir im Gewerbegebiet beispielsweise einen Bodenrichtwert von 150 Euro pro Quadratmeter, in schönen Wohnlagen dagegen über 600 Euro“, sagt Michael Lissner.
Verschiebungen zu Lasten der Hausbesitzer
Dadurch wird es vor allem in den Kommunen mit großen Gewerbegebieten zu großen Verschiebungen zulasten von privaten Hausbesitzern und Mietern kommen. „In Gemeinden dagegen, wo ich lauter Einfamilienhäuser mit recht gleich großen Grundstücken habe, sind keine großen Änderungen bei der Grundsteuer zu erwarten“, sagt Andrea Schmid-Förster.
NRW macht es anders – und gerechter?
Auch in Nordrhein-Westfalen (wo allerdings anders als in Baden-Württemberg das Grundsteuer-Bundesmodell gilt) haben die Berechnungen der ab Januar 2025 gültigen Grundsteuer gezeigt, dass es zwischen Wohn- und Nichtwohngrundstücken teilweise zu deutlichen Belastungsverschiebungen kommt.
Eine Gesetzesänderung erlaubt es Kommunen dort nun, differenzierte Hebesätze für Gewerbe sowie Wohnnutzer zu erheben. Das ist im Südwesten nicht vorgesehen. „So etwas könnte man in Baden-Württemberg mit einer Änderung im Landesgesetz auch machen“, so Schmid-Förster.
Manche Kommunen sind schneller dran als andere
Sie beobachtet, dass die Gemeinden, die bereits ihre Hebesätze für 2025 beschlossen haben, sich dabei in der Regel an die Werte halten, die das sogenannte Transparenzregister vorsieht. Dieses Register des Stuttgarter Finanzministeriums zeigt unverbindlich, wie hoch der Hebesatz für die Grundsteuer B von einer bestimmten Kommune festgesetzt werden müsste, um aufkommensneutral zu sein.
Allerdings haben im Jahr 2024 dem Statistischen Landesamt zufolge 128 der 1101 Kommunen im Land die Hebesätze für die Grundsteuer B bereits erhöht – am deutlichsten in Konstanz von 410 Prozent auf 510 Prozent. Auch 2023 waren die Hebesätze in vielen Gemeinden bereits gestiegen.
Die Begründungen lauten überall: gestiegene Kosten. „Wenn ich mein Steueraufkommen bereits erhöht habe, hat das jetzt natürlich auch Auswirkungen auf die Aufkommensneutralität“, sagt Andrea Schmid-Förster. Sprich: Es bleibt für die Bürger teurer. Und selbst in Kommunen, in denen die Hebesätze aufgrund des Gebots der Aufkommensneutralität jetzt erst einmal sinken, können sie in den nächsten Jahren auch wieder angehoben werden.