Welche Eltern kennen es nicht – die täglichen Diskussionen mit den eigenen Kindern, wann sie ihr Handy nutzen dürfen, das Feilschen um zusätzliche Zeit auf Instagram, TikTok und Co.? Da passt die Forderung von Theresa Schopper, die private Nutzung von Handys an Schulen einzuschränken. Konzentrationsfähigkeit, Lernvermögen und die mentale Gesundheit würden durch die Geräte gestört, ebenso nennt sie Cybermobbing und emotionale Vereinsamung als Grund.
Mehr als fünf Stunden pro Tag
Beim Blick auf die erschreckenden Zahlen, möchte man der Kultusministerin sofort zurufen, wie recht sie hat: 37 Stunden verbringen Jugendliche jede Woche am Smartphone – bei den 16- bis 18-Jährigen sind das mehr als fünf Stunden jeden Tag. Ein Viertel der 10- bis 17-Jährigen nutzen TikTok, Instagram oder WhatsApp in problematischem Ausmaß. Doch bringt ein privates Handyverbot an Schulen die Lösung?
Es gibt heute kaum eine Schule, die das Problem nicht auf dem Schirm hat und eigene Regeln schafft. Hessen will die private Handynutzung ab kommendem Schuljahr an Schulen verbieten. In Italien und Frankreich gibt es schon länger Verbote, in den Niederlanden und Großbritannien seit 2024. Natürlich wäre es einfach, wenn eine Order von oben den Schulen Rückendeckung gäbe. Nicht immer ist es leicht für Schulleitungen und Lehrer, ein Verbot durchzusetzen, weil Schüler und auch Eltern Bedenken haben.

Wer es erlässt, muss es auch kontrollieren. Schüler bringen zum Arbeiten oft ihre eigenen Tablets mit, auf denen sie natürlich auch Social-Media-Apps installiert haben. Wer es darauf anlegt, schafft es meist rasch, Schutzeinstellungen auf schulischen Geräten zu umgehen.
Das kann kein Handy vermitteln
An Grundschulen macht ein privates Handyverbot Sinn. Hier sollten die Geräte, sofern die Kinder bereits welche haben, in der Tasche bleiben und nur im Notfall benutzt werden dürfen oder mit Erlaubnis der Lehrer. Denn hier lernen die Kinder schreiben und lesen. Die Feinmotorik der Hände wird geschult, erste eigene Texte entstehen.
In den Pausen sollen die Schüler spielen und sich austoben dürfen, sich unterhalten und Freunde finden. Sie lernen kreativ zu sein, Konflikte zu lösen und Schwächeren zu helfen. Das sind Prägungen und Grundlagen für ihr späteres Leben, die kein Handy vermitteln kann.
In höheren Klassen geht es darum, kritische Fragen zum Handygebrauch zu diskutieren: Muss ich immer wissen, was meine Freunde jetzt machen? Wie intensiv nutze ich das Handy, und muss ich bei jedem ‚Pling‘ draufschauen?
Wir brauchen digitale Vertrauenslehrer
Es muss Social-Media-Sprechstunden geben, in denen sich Schüler einem digitalen Vertrauenslehrer anvertrauen können, falls sie gemobbt werden, verstörende Nachrichten bekommen oder merken, dass sie viel zu lange auf TikTok abhängen. Lehrer, die solche Beratungen machen, halten ein Handyverbot sogar für kontraproduktiv. Schüler würden sich nicht an die Eltern wenden, weil sie mit ihnen eher im Clinch liegen, wenn es ums Handy geht.
Im Unterricht sind dagegen klare Regeln wichtig. Die private Nutzung muss hier tabu sein. Forscher haben herausgefunden, dass Schüler, deren Smartphones auf dem Tisch liegen, in Tests schlechter abschneiden. Allerdings stehen Stundenpläne, Arbeitsblätter und Hausaufgaben immer öfter digital zur Verfügung. Hier wird das Handy zum Arbeitsgerät.
In Schulen, die sich vom Frontalunterricht verabschiedet haben, hat jeder Jugendliche seinen eigenen digitalen Wochenplan, kann sich zeitweise im Gebäude einen Platz zum Lernen suchen, und der Einsatz des Handys wird sehr individuell und eigenverantwortlich geregelt.
Blauäugige Annahme
Ein Verbot birgt die Gefahr, dass die Kinder nach der Schule in grenzenlosen Gebrauch rutschen. So wird nur eine künstliche Absenz gefördert. Ist es nicht blauäugig zu meinen, Cybermobbing finde nicht statt, nur weil die private Nutzung in der Schule verboten ist?
Junge Menschen müssen lernen, wie man Smartphones zum Lernen nutzt, ohne die Fallstricke und Verlockungen auszublenden. Medienerziehung im besten Sinne lehrt die Schüler den verantwortungsvollen Handygebrauch und lässt sie die Regeln für die private Nutzung mit entwickeln.