Die Kinder können kommen: Vor dem Eingang zur Schlossscheuer steht schon ein Tisch mit sechs Körben darauf. Randvoll mit Brezeln, Äpfeln und Süßigkeiten, die darauf warten, entweder geworfen oder aber verteilt zu werden.

Auch die große Grillpfanne steht schon mitten im Schlosshof. Und wieder ist es Andreas Knörle, Hausmeister im Rathaus, der die sorgfältig aneinander gelehnten Holzscheite gleich anzünden wird. Damit, sobald das mittägliche Angelus-Läuten verklungen ist, die Schulkinder im Reigen und einander an den Händen haltend um dieses Johannisfeuer herumschreiten können. So will es der uralte Brauch, der Hansafüratle heißt.
Beim Hansafüratle kommen die Erinnerungen
„Für uns Kinder war das immer ein fester Termin“, erklärt Claudia Arnegger, Sachbearbeiterin im Hauptamt. „Uns hat‘s immer gefreut, vor allem, weil man mit den anderen Kindern gemeinsam unterwegs war.“ Und ja, natürlich, dass es am 24. Juni, dem Johannistag, Bonbons gab, das hat den Reiz des Hansafüratle noch zusätzlich erhöht.

Freilich, so merkt Arnegger noch an, „haben wir damals aber mehr Äpfel und Nüsse bekommen“. Eben das, was die Kinder nach wie vor fordern, wenn sie vor den Haustüren den traditionellen Spruch aufsagen, der da lautet: „Man gibt uns Nüss‘ und Äpfel“, bevor das erhöhte Dringlichkeit signalisierende „Doher!, Doher!“ gerufen wird.

Ave Maria und Reigen ums Lagerfeuer
Sie hätten den Spruch in der Schule durchgenommen, erklärt die 8-jährige Aitana, die sich inzwischen in Begleitung ihrer Mutter sowie zahlreicher Mitschüler im Schlosshof eingefunden hat. Gesprochen wurde wohl auch über den Ablauf. „Man stellt sich um das Lagerfeuer und tanzt dann ein bisschen“, beschreibt es das Mädchen.

Und tatsächlich fordert Ulrike Stohl, eine der Organisatorinnen, die Kinder schon auf, sich an den Händen zu nehmen, um einen großen Kreis ums Feuer zu bilden. Laut spricht sie das Gebet, in das die Kinder zaghaft einstimmen: „Gegrüßet seist du, Maria, voll der Gnade, der Herr ist mit dir, du bist gebenedeit unter den Frauen.“ Um so lauter erschallt dann das „Doher!, Doher!“ aus den Kinderkehlen.
Andere Orte, andere Bräuche
„Heraus!, Heraus!“, schreien die Kinder in Haslach. Das erzählt Alois Krafczyk, der sich heute schon früh auf den Weg gemacht hat, um in Markdorf das Hansafüratle mitzuerleben. In Haslach im Kinzigtal gibt er jedes Jahr den „Storchenvater“. Jene legendäre Figur, die den Haslacher Kindern an der Petri-Stuhl-Feier am 22. Februar voranschreitet, während diese an den Haustüren um Gaben bitten. „Und unser Heischebrauch beginnt auch jedes Mal mit dem mittäglichen Ave-Maria-Gebet, das aber in einer Kapelle.“
Die Polizei schießt den Vogel ab
Nach einem fröhlich-lauten „Vergelt‘s Gott, vergelt‘s Gott!“ als Dank für die Gaben, die Bürgermeister Georg Riedmann, Hauptamtsleiterin Regina Holzhofer und einige Mitarbeiterinnen aus dem Rathaus verteilt haben, geht es gleich weiter zu den Geschäften oder Privathäusern, bei denen es jedes Jahr was gibt, außerdem zum Pfarrhaus und zum Polizeiposten.


Dort verteilen gleich drei Beamte Süßes: Julia Spiesser, Martin Bartsch und Daniel Kremer. „Dass es da auch Eis für uns gibt“, das hätte Ajana, 10 Jahre alt, allerdings nicht erwartet, die sich über ihre Bonbon-Ausbeute des Tages ebenso freut, wie der 8-jährige Jona.