Herr Seiler, bis 2022 war der Bodensee für Sie so etwas wie ein schwarzes Loch auf der Landkarte. Mittlerweile sind Sie immer wieder zu Konzerten in der Bodenseeregion. Jetzt kommen Sie am 5. Juli nach Markdorf. Wie gut kennen Sie ihn mittlerweile?

Wir waren tatsächlich mittlerweile ein paar Mal dort. Allerdings hat es irgendwie immer geregnet. Ich habe mir eigentlich jedes Mal vorgenommen, ins Wasser zu springen, aber das wurde dann natürlich nichts. Ich hoffe, es klappt dieses Mal (lacht).

Ihr Konzertradius wird auch international immer größer. Wo war denn bislang das kurioseste Konzert, das Sie gespielt haben?

Das war sicher ein Konzert in Südtirol. Wir haben dort an einem Teich gespielt und das Wasser absorbiert ja den Schall. So haben wir kaum etwas vom Publikum mitbekommen. Das war echt kurios. Und dann gab es mal ein Konzert, da war ein Security da, der mit dem Rücken zu uns saß, Kopfhörer aufhatte und irgendwas auf dem Handy angeschaut hat. Als ich ins Publikum ging und wieder zurückkam, habe ich ihm die Kopfhörer abgezogen. Daraufhin fragte er mich nach meinem Backstage-Ausweis.

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Worauf dürfen sich die Gäste in Markdorf freuen?

Definitiv auf eine komplett neue Setlist. Wir haben ja auch ein neues Album. Dann haben wir sehr viel in ein neues Bühnenbild investiert und eines ist auch klar: Wir sind noch spielfreudiger geworden. Ich freue mich jedenfalls schon jetzt auf Markdorf. Wir werden sehr viel Spaß haben.

Sie sind ja bekannt dafür, dass Sie bei Konzerten sehr gerne auch ins Publikum gehen. Wird das in Markdorf auch wieder passieren?

Na, aber natürlich. Ich träume ja davon, dass ich mal ein komplettes Konzert inmitten der Zuschauer spiele. Das wäre cool.

Es gibt ja auch etwas zum Feiern, denn der musikalische Durchbruch von Seiler und Speer war vor genau zehn Jahren. Das Debütalbum war unfassbare 400 Wochen in den österreichischen Charts, wurde 90.000 Mal verkauft und mit sechsfachem Platin ausgezeichnet. Wie wichtig ist für Sie so ein Erfolg und für die musikalische Zukunft?

Eigentlich gar nicht. Für mich zählt, dass ich Konzerte geben darf. Ich habe mein Ziel erreicht, wenn die Besucher nach dem Konzert glücklicher sind als zuvor. Irgendwelche Musikpreise interessieren mich eher weniger. Bei mir zu Hause hängt beispielsweise keine einzige goldene Platte, und es steht auch kein Preis herum wie der Amadeus. Das ist alles bei meinen Eltern.

Ihr viertes Studioalbum „Hödn“ ist gerade jetzt erschienen. Den Song gibt es ja schon länger. Wie passt das zusammen?

Ganz einfach: Wenn wir „Hödn“ nicht draufgenommen hätten, wäre er auf gar keinem Album. Und ganz ehrlich: Der Titel passt einfach zum neuen Album. Auch deshalb, weil wir dringend Helden brauchen in unserer heutigen, keineswegs vergnügungssteuerpflichtigen Zeit.

Das mit dem Album hat auch eine ganze Weile gedauert – um genau zu sein: sechs Jahre. Warum ging das so lange?

Erstens war eine Pandemie dazwischen und zweitens hatten Bernhard und ich auch noch eigene Projekte. Hinzu kommt, dass wir nicht wirklich in Studiolaune waren – und das ist bei uns ganz wichtig. Aktuell läuft es zum Beispiel sehr gut. Wir haben schon neue Lieder fertig und wer weiß, vielleicht kommt 2026 schon das nächste Album von uns.

Christopher Seiler (links) und Bernhard Speer freuen sich auf das Konzert in Markdorf.
Christopher Seiler (links) und Bernhard Speer freuen sich auf das Konzert in Markdorf. | Bild: Pascal Riesinger

Die Lieder auf dem neuen Album sind mal wieder extrem unterschiedlich. Von Songs mit Hymnencharakter wie „Hödn“ und „Irgendwie“ über Rock mit „Red mit an Aundan“ und „Bis uns daschlogn“ bis hin zum Hip-Hop wie „In ana aundan Sproch“ und „A Achterl“ sind viele musikalische Einflüsse dabei. Welches sind denn die persönlichsten Lieder auf dem Album?

Puh, das ist eine ganz schwere Frage. Da gehört sicher „Mama Leone“ dazu, denn da geht es um meine Großmutter. Es ist aber überhaupt ein sehr persönliches Album mit ganz verschiedenen Emotionen. Allerdings ist es so, dass unser einziger roter Faden eigentlich nur die Mundart ist. Beim Rest lassen wir uns nicht in eine Schublade stecken.

Der inhaltliche Mix ist ebenso vielschichtig. Von Trennung über Tod und Politik bis hin zur Liebeserklärung ist alles dabei. Sie sagten mal, dass das Songschreiben für Sie wie eine innerliche Reinigung sei. War es das dieses Mal auch?

Die Lieder sind teilweise schon vor so langer Zeit entstanden, dass ich mich teilweise gar nicht mehr erinnern kann, wie sie konkret entstanden sind. Aber natürlich verarbeite ich in nahezu jedem Lied persönliche Aspekte.

Seiler und Speer hatte ja zu Beginn der Karriere einen klassischen Raketenstart mit „Ham kummst“ und einem internationalen Erfolg. Damals sagte Bernhard Speer, dass Sie das Gefühl gehabt haben, ein „Superman-Leiberl“ drunter zu haben. Was ist heute drunter?

(lacht) Nichts mehr. Nein, ernsthaft. Natürlich war der Erfolg völlig unerwartet. Heute sind wir Realisten. Ich glaube, dass wir durchaus behaupten können, dass wir absolut auf dem Boden geblieben sind

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Ich habe Sie 2022 gesehen, als Sie in Radolfzell gespielt haben. Was mich unglaublich beeindruckt hat, war, dass Sie nach dem Konzert, als die Zuschauer schon weg waren, zu der Crew vor Ort gegangen sind und sich bei jedem, vom Konzertveranstalter bis zu dem, der mit dem Besen den Saal wischte, mit Handschlag für den Einsatz bedankten und ein Gruppenbild gemacht haben. Machen Sie das immer?

Logisch, wenn das geht. Wenn man irgendwo hingeht, sagt man sich Hallo und wenn man geht auch wieder Tschüss. Das gehört sich. Außerdem ist es doch so, dass jeder an so einem Abend seine Aufgabe hat – vom Veranstalter bis zu denjenigen, die das Gelände putzen. Jeder hat einfach seinen Job. Wir stehen halt auf der Bühne. Aber schlussendlich sind wir ein großes Team.

Was Sie ja auszeichnet, ist, dass Sie nicht nur als Seiler und Speer, sondern auch als Einzelkünstler unterwegs sind. Ist das das Geheimnis des Erfolges?

Na ja, ich mache mittlerweile nicht mehr so viel außerhalb von Seiler und Speer, höchstens noch Molden & Seiler. Aber das ist nicht vergleichbar. Trotzdem ziehe ich Energie aus dem Projekt. Vielleicht ist das tatsächlich so. Ich habe es jedenfalls nie so gesehen.

Medial gestartet sind Sie mit der Web-Satireserie „Horvathslos“. Wird es den Horvath irgendwann mal wieder geben?

Aber sicher! Wir haben erst neulich ein Musikvideo gedreht, da habe ich ihn für eine Sequenz rausgeholt. Ich bin ganz sicher, dass es nicht der letzte Auftritt war (lacht).

Christopher Seiler (rechts) und Bernhard Speer haben 2022 mit dem „FC Melibar“ auf Facebook eine unglaubliche Aktion gestartet.
Christopher Seiler (rechts) und Bernhard Speer haben 2022 mit dem „FC Melibar“ auf Facebook eine unglaubliche Aktion gestartet. | Bild: Pascal Riesinger

2022 haben Sie mit dem „FC Melibar“ auf Facebook eine unglaubliche Aktion gestartet. Einige dachten, dass es den Verein tatsächlich gibt. Wie sieht es denn mit der realen Gründung des „FC Melibar“ aus?

Oh ja (lacht). Das ist eine echte Herzensangelegenheit. Diese Aktion war und ist so durchgeknallt und so lustig, dass ich da noch einige Pläne habe. Ich träume davon, dass ich das Ganze noch verfilmen werde. Hoffentlich schaffe ich das bis zum kommenden Jahr.

Auf diesen Film freue ich mich jetzt schon. Christopher Seiler in 50 Rollen, vom Platzwart über Trainer bis zum Manager. Vielen Dank für das Gespräch und bis zum Samstag, 5. Juli, in Markdorf – dieses Mal ohne Regen!

Vielen Dank, wir freuen uns auf das Konzert und das mit dem Regen wäre super.