Wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen. Das versprach schon Goethe mit seinem Faust. Vieles brachten auch die Salem Open Airs. Das gilt sowohl für das Wetter, das am ersten Wochenende Fans, Auftretenden und Veranstaltern einiges abverlangte und umso sommerlicher endete, als auch für das vielfältige Programm, das breiter hätte kaum sein können. Beginnend mit den Klassikern Fanta 4 und dem Sänger und Songwriter Wincent Weiss bis zu Rea Garvey und einem furiosen Finale mit den Schweizer Blasmusikern Fäaschtbänkler aus dem Rheintal, die längst ihre Fangemeinde haben und den lauen Sommerabend noch mächtig aufheizten. Getreu des Mottos: Das Beste kommt zum Schluss.
Ein Hit als Motto des Abends
„All in – aufs Leben“ heißt ein Hit der Band, „All in – aufs Leben“ war bereits auf Hüten der Fangemeinde zu lesen, „All in – aufs Leben“ hätte der gesamte Abend überschrieben werden können. Dafür sorgten einmal mehr Andreas Frei, Roman Wüthrich, Marco Graber, Michael Hutter und Roman Pizio bei ihrem ersten Gastspiel in Salem. Als ob es für den Musikstil noch etwas zu beweisen gegeben hätte, brachte das quicklebendige Schweizer Quintett eine oberbayerische Vorgruppe vom Tegernsee mit, wo sie selbst demnächst auftreten werden.
Gemeinsam bewiesen die Musiker, dass das, was im Netz unter „Neuer Volksmusik“ firmiert, mehr ist als „Humba humba tätärä“. Die Fäaschtbänkler zeigten dies nicht nur mit ihrem Hit „Humpa, humpa – hopsassa“ kurz vor Ende ihres mehr als zweistündigen Programms. Wie sagte auf dem Weg zum Konzert ein Besucher ironisch, der sich vor dem Abend über die Gruppe kundig gemacht hatte: „Sie sollen in der ganzen Region weltbekannt sein.“
Die Zahlen sprachen für sich. Die 5000 Tickets für das Gastspiel der Fäaschtbänkler waren bereits seit geraumer Zeit ausverkauft. Musikalische Perfektion gepaart mit Humor und Witz – das ist der Stoff, aus dem die überbordende Begeisterung des Publikums gestrickt ist. Am Abend zuvor hatte die Band in Füssen rund 11.000 Fans begeistert.
Eine Lehrstunde in Sachen Stimmung

Nicht nur mit ihrem Titel „Berghain“ schlugen sie die Brücke vom vermeintlich ländlich-volkstümelnden Süden zum eigenwilligen Trendsetter in Berlin. Kommt man rein in den Club oder kommt man nicht rein? Das ist dort die Frage. Mehrere musikaffine Familien aus Winden im Elztal hatten sich rechtzeitig Karten besorgt und waren daher reingekommen. Sie wollten ihren Sprösslingen Antonia, Benedikt, Maja und Florian eine Lehrstunde in Sachen Stimmung zuteilwerden lassen. Für den Nachwuchs im Trachtenlook schien das Spektakel allerdings noch etwas gewöhnungsbedürftig.
Viele Konzertbesucher spielen selbst ein Instrument

Bezeichnend ist, dass sich viele aktive Musikerinnen und Musiker von den fünf Schweizern gern mitreißen lassen. Gefühlt die Hälfte der Konzertbesucher spielen selbst Instrumente und gehören einem Musikverein an. Wie Franzi (Saxophon), Simon (Trompete), Nici (Querflöte) und Magda (Trompete) aus Sigmaringendorf, die den Zubringershuttle nach Salem genutzt hatten und schon nach den ersten Stücken der Fäaschtbänkler auf Betriebstemperatur waren.
Beim Song „Lieblingslieder“ konnten nicht nur sie den Text locker mitsingen und damit hatte das Publikum die Reifeprüfung bereits bestanden. Fortan hatte das Schweizer Quintett seine Fans voll im Griff. Spätestens als das Auditorium die Hits „Partyplanet“ und „Umtahemd“ mitsangen, war die Stimmung auf einem Siedepunkt angelangt.
Von Piaf und Queen zu „Kleiner grüner Kaktus“

Mit eigenen Kompositionen wollten sich die Fäaschtbänkler allerdings nicht begnügen. Um die musikalischen Qualitäten möglichst konzentriert unter Beweis zu stellen, zauberten sie binnen weniger Minuten gleich mehrfach einen Stil- und Titelmix von mehr als einem Dutzend Melodien in die Nacht über dem Salemer Schloss.
Da flossen Lieder von Edith Piaf („Je ne regrette rien“) mit dem „Kleinen grünen Kaktus“ der Comedian Harmonists und Queens „Bohemian Rhapsody“ mit Drafi Deutschers „Marmor, Stein und Eisen bricht“ quasi nahtlos ineinander. Das muss erst einmal einer nachmachen. Doch wer so harmonisch seine Instrumente durchwechseln kann, der schafft offensichtlich auch dies.
Ganz nah bei den Fans

Vor allem nahmen die Fäaschtbänkler das Publikum von Anfang an mit auf ihre Reise durch die eigenen Hits. Beim Song „Eskalation“, der aus der Coronazeit stammt, gaben sie die Chorleiter, verteilten die Männer- und Frauenstimme und verließen während des Gesangs des Publikums die Bühne, um anschließend mitten unter den Fans weiterzuspielen.