Das Amtsgericht Sigmaringen wird kommende Woche den größten Medienandrang seit langem erleben: Der 52-jährige Udo Schulz muss sich am Montag vor einer Richterin verantworten. Der zwei Meter große Mann soll am 13. Februar eine unangemeldete Corona-Demo von etwa 60 Personen am Privathaus des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne) in Sigmaringen-Laiz vorbeigeführt haben – mit einem riesigen Holzkreuz und drei großen Hunden. So lautet der Vorwurf der Staatsanwaltschaft Hechingen.

Kretschmann zeigte sich damals über die politisch brisante Demo, mit der wohl wegen der damals geltenden Corona-Maßnahmen Druck auf ihn ausgeübt werden sollte, empört: „Demos vor Wohnhäusern von Politikerinnen und Politikern gehen mal überhaupt gar nicht“, sagte er. Auch seine Frau Gerlinde Kretschmann hatte dem SÜDKURIER gesagt, sich 'bedrängt' gefühlt zu haben.
„Bin für meinen Glauben gegangen“
Nach einer Hausdurchsuchung und Beschlagnahmung von Datenträgern beim gebürtigen Laizer Udo Schulz verhängte das Sigmaringer Gericht am 21. Februar eine Geldstrafe von 30.000 Euro über ihn. Dagegen legte sein Konstanzer Anwalt Tomislav Duzel Berufung ein, wodurch es nun zu einem weiteren Prozess kommt.

Schulz beteuerte in einem ausführlichen Gespräch mit dem SÜDKURIER seine Unschuld. Weder habe er zum Corona-“Spaziergang“ in sozialen Netzwerken aufgerufen, sie organisiert noch habe er den Demozug mit den ihm angeblich unbekannten Teilnehmern angeführt. „Ich bin für meinen Glauben gegangen und habe mich mit niemandem abgesprochen“, sagt der laut eigenen Angaben tiefreligiöse Schulz.
„Das ist der Beweis“
Auch mit dem Landratsamt Sigmaringen habe Schulz zuvor keinen Kontakt aufgenommen, wie das ein mutmaßlicher Organisator nachweislich getan hatte. Dieser hatte die Versammlung zunächst angemeldet, machte aber dann wegen einer verhängten Maskenpflicht einen Rückzieher.
Schulz‘ Verteidiger Tomislav Duzel kündigte gegenüber dem SÜDKURIER an, zehn Entlastungszeugen aufbieten zu wollen. Außerdem wolle er einen Chatverlauf präsentieren, in dem sich Teilnehmer der Demo fragen würden, wer der Mann mit dem Holzkreuz und den drei Hunden sei. „Das ist der Beweis, dass die Gruppe meinen Mandanten nicht kannte. Wer geht bitte mit drei Hunden demonstrieren?“, so Duzel. Er kündigte an, bis zum Freispruch kämpfen zu wollen.
Was, wenn es dennoch zu einer Verurteilung gegen Udo Schulz kommen sollte? „Dann werden wir alle Rechtsmittel einlegen“, so der Konstanzer Anwalt an.
Der SÜDKURIER wird am Montag vom Prozess in Sigmaringen berichten. Eine Entscheidung könnte noch am selben Tag fallen. Es gilt die Unschuldsvermutung.