Die Sorge um die zuerst in Indien aufgetretene Delta-Variante, auch B.1.617.2 genannt, wächst. Denn die Mutante des Coronavirus ist ersten Erkenntnissen nach nicht nur 40 bis 60 Prozent ansteckender, sondern auch aggressiver als die einst „britisch“ getaufte Alpha-Variante. In Großbritannien hat sie die anderen Virusvarianten fast vollständig verdrängt. Seither steigen dort wieder die Zahlen der Krankenhauseinlieferungen, mehrere Menschen starben trotz vollständiger oder einfacher Impfung.
Ende April erste Fälle im Südwesten
In Portugal ist Lissabon praktisch abgeriegelt, um die Variante einzudämmen. Doch das Virus ist nicht aufzuhalten. Längst ist die als deutlich ansteckender und gefährlicher geltende Delta-Variante des Coronavirus auch in Südbaden angekommen.
Schon Ende April traten erste Fälle der Variante im Südwesten auf, die von der Weltgesundheitsorganisation mittlerweile als besorgniserregend eingestuft wurde. Ende Mai meldeten das Landratsamt Breisgau-Hochschwarzwald sowie die Stadt Freiburg insgesamt 55 Fälle von Infektionen mit der Delta-Variante.
Mitte Juni wurden mehrere Kinder einer Freiburger Kita unter Quarantäne gestellt, nachdem zwei Kinder positiv auf die Mutante getestet wurden.

Auch Südbaden betroffen
Das zuständige Regierungspräsidium in Stuttgart registriert bis 22. Juni aus 21 Land- und Stadtkreisen 50 Ausbrüche im Zusammenhang mit der Delta-Variante. Davon sind sieben Ausbrüche landkreisübergreifend, ergänzt die Sprecherin des Landesgesundheitsamts, Lisa Schlager. Als Ausbruch von Virusvarianten gilt, wenn mindestens zwei Covid-Infektionen vorliegen und mindestens in einem Fall die Delta-Variante nachgewiesen werden konnte.
Die Zahl der Ausbrüche steigt massiv: Insgesamt gehen, Stand 22. Juni, 414 Covid-19 Fälle und drei Todesfälle im Rahmen dieser 50 Ausbrüche auf die Delta-Variante zurück. Noch am Vortag waren es erst 40 Ausbrüche, 372 Infektionen und zwei Todesfälle.
Die Delta-Variante betrifft auch die Region: Zwei der Ausbrüche beziehungsweise acht Infektionen betreffen den Angaben nach den Bodenseekreis, drei Ausbrüche gehen auf den Schwarzwald-Baar-Kreis mit 14 Infektionen zurück.
Von Alpha bis Delta
Seit Ende Dezember wurden dem Landesgesundheitsamt (Stand 21. Juni) bislang insgesamt 139.551 Fälle mit Hinweisen auf sogenannte besorgniserregende Varianten aus allen 44 Stadt- und Landkreisen übermittelt, derzeit sind vier davon aktiv. Der Anteil der Alpha-Variante aus Großbritannien geht derzeit leicht zurück (sieben Prozent weniger als in der Vorwoche), die Beta-Variante aus Südafrika mit 47 Prozent sogar stark.
Dagegen legt die Gamma-Variante aus Brasilien deutlich zu, 86 Prozent mehr Fälle als in der Vorwoche gehen auf diese Mutante zurück. Am stärksten legt der Statistik der Virusvarianten in Baden-Württemberg aber die Delta-Mutation zu. Ihr Anteil an den untersuchten Neuinfektionen stieg innerhalb einer Woche um 146 Prozent.

Noch ist ihr Anteil an den Infektionen insgesamt aber gering, beläuft sich auf nur sechs Prozent. Doch mit der starken Zunahme der Fallzahlen innerhalb einer Woche könnte der Anteil der Virusvariante am Infektionsgeschehen schnell steigen.
Noch heißt es seitens des Landesgesundheitsamts: „Die Gesamtzahl der übermittelten Neuinfektion und die 7-Tagesinzidenz in Baden-Württemberg sinkt aktuell trotz zunehmendem Anteil der Delta-Variante.“ Dennoch beobachte man die neue Mutante mit erhöhter Aufmerksamkeit, hieß es. „Großbritannien zeigt uns, wie fragil die Lage in der Pandemie sein kann“, ergänzt Sprecherin Lisa Schlager.
Das Sozialministerium sagt dem SÜDKURIER auf Anfrage: „Die Landesregierung hat bei der Überarbeitung der Corona-Verordnung natürlich die aktuelle Situation – unter anderem die Ausbreitung der Mutanten – sehr genau im Blick.“ Bis zum Wochenende soll allerdings eine neue Corona-Verordnung kommen – mit diversen Lockerungen.