Musa Cebe ist hin- und hergerissen. Einerseits freut er sich als überzeugter Vegetarier, dass in Konstanz das Angebot veganer und vegetarischer Küche seit Jahren stetig wächst. Andererseits ist er überzeugt davon, dass genau dies der Grund ist, warum er etwas ändern muss. Denn er muss sich von der Idee verabschieden, dass sich sein Imbiss in der Wessenbergstraße mit ausschließlich veganen und vegetarischen Produkten trägt und er, seine Familie sowie seine Mitarbeiter davon leben können.

„Heute muss ich leider sagen, dass das Konzept nicht aufging“, sagt er schließlich. „In den ersten Jahren schon, aber mittlerweile nicht mehr. Würde ich es so weiterführen, wären wir bald insolvent und müssten schließen. Das tut weh, denn wir haben hier viel Überzeugungsarbeit geleistet.“

Er beziffert den Rückgang an Kundschaft auf rund 30 bis 40 Prozent. „Veganer und Vegetarier haben heute eine viel größere Auswahl. Mittlerweile hat jedes Restaurant vegane und vegetarische Gerichte auf der Karte. Und auch die Supermärkte bieten viel mehr an als noch vor ein paar Jahren. Das ist ja eine sehr gute Sache. Aber mir bricht es das Genick.“

Musa Cebe vor seinem Kervan Veggie Imbiss in der Wessenbergstraße. Seit 2021 verkauft er ausschließlich vegane und vegetarische Speisen ...
Musa Cebe vor seinem Kervan Veggie Imbiss in der Wessenbergstraße. Seit 2021 verkauft er ausschließlich vegane und vegetarische Speisen – ab November wird er wieder Fleisch anbieten. | Bild: Schuler, Andreas

Und so hat er sich schweren Herzens zu einer Maßnahme entschlossen, die bei seinen treuen Kunden für Aufsehen sorgen wird: Ab dem 1. November wird es im Kervan-Imbiss nach drei Jahren wieder Döner oder Yufka mit Fleisch geben.

Das vegane und vegetarische Angebot bleibt zwar weitgehend bestehen – nur eben setzt Musa Cebe nicht mehr konsequent und ausschließlich darauf. „Früher hatten wir jeden Mittag eine lange Schlange vor dem Laden“, erzählt er frustriert und zeigt auf den verwaisten Platz vor dem Imbiss im Schatten des Münsters an diesem Montagmittag.

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Kunde: „Das ist nicht euer Ernst?“

Stammgast Hannes Ellerbrock erscheint im Imbiss – und bestellt einen Planted Kebap auf pflanzlicher Proteinbasis. Als er von den Plänen erfährt, reagiert er erwartungsgemäß emotional: „Nein, das ist jetzt nicht euer Ernst?“, fragt er. „Kervan hat ein tolles veganes Angebot, was es so in Konstanz sonst nicht gibt. Schade, dass er wieder Fleisch verkaufen muss. Auch Bio- oder fair gehandeltes Fleisch ist nicht gut, die vegane oder vegetarische Alternative ist immer besser.“ Der junge Mann stammt aus Hamburg und wird bald wieder in den Norden zurückziehen: „Dort haben wir ein riesiges veganes und vegetarisches Angebot. Viel mehr als in Konstanz.“

Mitarbeiter Ahmed Ramadan bereitet Falafel vor.
Mitarbeiter Ahmed Ramadan bereitet Falafel vor. | Bild: Schuler, Andreas

Vorwürfe, seine Produkte seien zu teuer und daher ginge der Kundenandrang zurück, weist Musa Cebe von sich. „Wir haben unsere Preise zum 1. Januar 2024 teilweise sogar um 50 Cent bis 1 Euro reduziert. Dass unsere veganen Döner und Gyros teurer sind als Döner mit Fleisch ist nachvollziehbar: Im Großhandel kostet Dönerfleisch 6 Euro pro Kilo, Saitan oder Lupin kosten 15 und 14 Euro pro Kilo.“ Der Saitan-Gyros im Fladenbrot kostet bei Kervan 10,50 Euro, der Lupinen-Gyros im Fladenbrot 9 Euro.

Für den veganen Joghurt, der extra angefertigt wird, zahlt er im Einkauf 20,50 Euro pro fünf Kilogramm, „das ist viermal so viel wie normaler Joghurt“, rechnet Musa Cebe vor. Beschweren würden sich über die Preise fast nur Fleischesser. „Veganer und Vegetarier wissen, wie sich die Preise zusammensetzen“, so der Gastronom.

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Woher bezieht Cebe zukünftig das Fleisch?

Das Fleisch für seine Döner oder Yufka soll aus der näheren Region stammen, zumindest aber aus Baden-Württemberg – Musa Cebe ist derzeit auf der Suche, ein Anbieter habe kurzerhand seine Preise deutlich angehoben, weshalb es nicht zur Zusammenarbeit gekommen sei. Ärgerlich aus Sicht des Imbiss-Besitzers, denn die neuen Speisekarten waren bereits gedruckt. „Ich versuche, nur Fleisch von Landwirten zu bekommen, die artgerechte Tierhaltung garantieren.“

Der 66-Jährige, der sich auch für Tierschutz engagiert, setzt auf kurze Transportwege, schonende Schlachtung und handwerkliche Verarbeitung des Fleisches – dafür ist er auch bereit, etwas mehr zu bezahlen. Wie viel möchte er dann verlangen ab November? Der Döner soll voraussichtlich 7,50 Euro kosten; der Yufka 8 Euro; der Dönerteller mit Salat und Reis oder Pommes 12 Euro sowie die Dönerbox mit Salat und Pommes 9 Euro.

Hier wird sich ab November wieder ein Fleischspieß drehen. Die Grillplatte ist aber weiterhin tabu für Fleisch – hier wird Musa Cebe ...
Hier wird sich ab November wieder ein Fleischspieß drehen. Die Grillplatte ist aber weiterhin tabu für Fleisch – hier wird Musa Cebe weiterhin seine veganen und vegetarischen Produkte zubereiten. | Bild: Schuler, Andreas

Und so wird sich in dem Imbiss in der Wessenbergstraße ab November wieder der Fleischspieß drehen. Den hatte Besitzer Musa Cebe 2021 eigentlich eingemottet, nachdem er sich dafür entschieden hatte, nur noch vegane und vegetarische Speisen anzubieten. Das Ende einer nachhaltigen Illusion.