Bermatingen – 20 Jahre Miteinander im Mesnerhaus (MiM): War die Realisierung des Projekts einer Begegnungsstätte und damit der Vereinsgründung 2004 anfangs total unsicher, ziehen die zwei ehemaligen Vorsitzenden Alois Gohm und Herbert Grau sowie die amtierende Vorsitzende Sonja Heger ein positives Fazit. Den runden Geburtstag wollen sie mit allen Interessierten am Sonntag, 8. September feiern.

Eigentlich entstand die Idee vor 25 Jahren. Die Gemeindeverwaltung suchte Räume für die Jugend, locker organisiert in der „Aktion Freizeit Bermatingen“, weil deren Temperament bei den Aktivitäten im Keller des Dorfgemeinschaftshauses etwas gebremst werden musste, und die Rathaus-Alternative in Ahausen ungünstig für die Bermatinger war. Alois Gohm, damals Bürgermeister, und der Gemeinderat wollten außerdem analog zu anderen Gemeinden einen Familientreff aufbauen. Für die Gruppen, die aus dem von Gohm angestoßenen BermAgenda-Prozess entstanden, wurden ebenfalls Räume gesucht. Werner Ströbele, Vorsitzender im Stiftungs- und Pfarrgemeinderat, brachte den entscheidenden Hinweis: Der Mieter des Mesnerhauses war spontan ausgezogen. Beim Langlaufen packte Gohm der Gedanke: „Da muss man was tun, da bringst du dich ein.“ Eine Art Bürgerinitiative wurde gegründet, es entstanden Ideen und sie boten Infoveranstaltungen an.

Knappe Mehrheit für Projekt

Gut gemeint, aber es gab auch Kritiker unter den Bürgern und im Gemeinderat, die auf die finanziellen Unwägbarkeiten verwiesen. Mit einer Stimme mehr beschlossen sie schließlich das Projekt. Einige Gemeinderäte wurden wegen ihres Für oder Wider mit Wieder- oder Abwahl bei den Gemeinderatswahlen abgestraft. Auch für den neuen, jungen Bürgermeister Martin Rupp war der Interessenkonflikt nicht einfach. Die Erzdiözese, Besitzerin des Mesnerhauses, war erst zum Verkauf bereit, als Gemeinde und Land ihre Unterstützung zusagten. Der Verein MiM wurde 2004 gegründet; kurz zuvor hatte das Land einen Zuschuss von 250.000 Euro zugesichert, dessen Höhe sich am ehrenamtlichen Engagement orientierte. „Wir haben 6500 Stunden offiziell erfasst, zuletzt waren es 7500 bis 8000 Stunden“, sagt Grau. Die Ehrenamtlichen bestanden im Kern aus ehemaligen, frühzeitig verrenteten Dornianern, darunter Werner Frühauf, der bereits zwei Bermatinger Fachwerkhäuser renoviert hatte. Die meisten davon waren Männer von Frauen, die sich in der Berm-
Agenda Soziales Leben engagierten.

Im Herbst 2004 rissen die Helfer das Efeu von Dach und Wänden, schrubbten die von der Zimmerei Hafen entfernten vermoosten Biberschwanzziegel, bis der Dachstuhl hergerichtet und wieder eingedeckt werden konnte. Friseur „Fone“ Müller nannte ehemalige Handwerker, Alois Gohm klapperte sie persönlich ab: „Kein Einziger sagte ab, obwohl alle wussten, sie sollten gegen Gotteslohn helfen.“ Das Miteinander ging über Parteigrenzen. „Rot und Schwarz zofften sich mit Liebe“, erinnert sich Herbert Grau, und was inzwischen im Mesnerhaus ehrenamtlich an Aktionen und Gruppen laufe, werde heute von Gemeinderat und auch den damals kritischen Bürgern wertgeschätzt. Grau bedauert, dass er aus gesundheitlichen Gründen den Vorsitz als Nachfolger von Gohm abgeben musste. Wegen Corona und der anschließenden Wiederbelebung des Hauses hatte er zusätzlich eine schwierige Zeit erwischt. Sonja Heger sieht das positiv: „Dadurch sind neue Angebote von neuen Leuten entstanden.“

Alois Gohms Resümee: „Dass wir erst Herbert Grau und dann Sonja Heger für den Vorsitz gewinnen konnten, die das wirklich super macht, war klasse. Das Gelingen eines Vereins hängt immer an engagierten, lenkenden Personen. Ich freue mich, dass das Mesnerhaus kein Flopp, sondern so geworden ist, dass es nach 20 Jahren nicht mehr infrage gestellt wird. Wenn dieses Haus nicht wäre, würde Bermatingen Vieles fehlen.“

Die Gemeinde profitiert doppelt, denn gerade im sozialen Bereich müsste sie einige Aufgaben übernehmen. Was Herbert Grau zu einem Anstoß veranlasst – wohlwissend, dass die Gemeinde das Haus mit seinen Nebenkosten unterhält, den Jugendbeauftragten und diejenigen Arbeiten bezahlt, die die Ehrenamtlichen nicht leisten können: Vor dem Hintergrund deren Engagements denkt Grau beispielsweise an eine Unterstützung der Fahrdienste bei „Bürger füreinander“ und schielt dabei vergleichend auf die Unterstützung des Markdorfer Mehrgenerationenhauses durch die Stadt.

Sonja Heger bereut die Übernahme des Vorsitzes nach ihren „großen Vorgängern“ nicht, nachdem sie von vornherein ihren Stellvertreter Karlheinz Berning und das ganze Team verlässlich hinter sich wusste. In ihrem zweiten Aktivjahr sind die Bedenken verflogen, die Aufgaben zeitlich und fachlich stemmen zu können: „Dieser Spirit, die Energie, die gerade im Haus ist, mit dem neuen Projekt Backhäusle und all den Aktiven, die etwas machen wollen, das ist einfach pure Freude. Und es ist spannend, was sich entwickelt. Da finden sich Leute, die sich sonst nie treffen und auch privat verabreden.“