Gefällt, um wieder aufzuerstehen: Dieses auf den ersten Blick etwas widersinnige Schicksal aller Narrenbäume teilte am Samstag auch das Daisendorfer Exemplar. Aber die Sache hat Logik: Das langstämmige Gewächs markiert bis Aschermittwoch den neuen Mittelpunkt des örtlichen Lebens, es überragt das zehn Meter entfernte Rathaus deutlich und stellt es – jedenfalls bei Abendsonne – in den Schatten, als ragendes Mahnmal närrischer Herrschaft.

Beim Zunftmeisterempfang können die Daisendorfer Bierdeckelpfeifer auch auf die Pauke hauen.
Beim Zunftmeisterempfang können die Daisendorfer Bierdeckelpfeifer auch auf die Pauke hauen. | Bild: Otto Köhler

Aus dem Gemeindewald zum Nabel des Dorfs

Zu diesem Komplott hatte sich die Zimmermannsgilde – darunter auch Frauen – verschworen. Mit rund 30 Kraftprotzen und damit geschätzten 15 PS war sie angetreten, um das hölzerne Utensil dem Gemeindewald zu entnehmen und am Nabel des Dorfes erneut in die Senkrechte zu wuchten.

Der Meerburger Narrenmutter Urban Bernhard wird das Make-up renoviert.
Der Meerburger Narrenmutter Urban Bernhard wird das Make-up renoviert. | Bild: Hartmut Ferenschild

Gildeboss dirigiert das Stangenballett

Die Prozedur besaß eine faszinierende Choreographie: Wie da der Gildeboss mit sparsam-souveräner Gestik das Stemmstangen-Ballett dirigierte und wie sich der 20-Zentner-Koloss wippend mit der Schwerkraft zu verbünden suchte. Alles in Handarbeit, ohne Beistand aus dem motorisierten Fuhrpark.

Überlinger Löwinnenrudel nach der Jagd
Überlinger Löwinnenrudel nach der Jagd | Bild: Hartmut Ferenschild

Narren promenieren durch die Umzugsgasse

Dieses Spektakel hatte Hunderte von jubelnden, singenden und bunt gewandeten Zeugen angelockt. Denn rund ein Dutzend Narrenzünfte waren der Einladung der Daisendorfer Sumpfgeister gefolgt. Hexen, Puper, Störche, Löwen, Hänsele, Hardtwieble und Waldgeister promenierten durch die Umzugsgasse.

Die Blechbläser des Musikvereins Daisendorf-Stetten sorgen für Aufwind.
Die Blechbläser des Musikvereins Daisendorf-Stetten sorgen für Aufwind. | Bild: Hartmut Ferenschild

Die Piraten des Musikvereins Daisendorf-Stetten teilten sich den akustischen Luftraum abwechselnd mit allerhand angereisten Guggen-, Fanfaren- und sonstigen Kapellen, sodass die wogende Mäschgerlemenge über Stunden kaum Zeit zum Luftholen und Verschnaufen fand.

Narrennachwuchs Samuel nimmt eine Erfroschung ein.
Narrennachwuchs Samuel nimmt eine Erfroschung ein. | Bild: Hartmut Ferenschild

Im Rathaus gibt‘s eine Stärkung

Der Narrenschar gelang es spielend, die Einwohnerzahl des Dorfes zu verdoppeln. Erschöpfte Hästräger konnten sich zwischendurch im Rathausfoyer bei Kaffee, Kuchen und Herzhaftem eine Pause gönnen.

Kleinnärrin Nora bringt‘s mit ihrer Mutter auf den Punkt.
Kleinnärrin Nora bringt‘s mit ihrer Mutter auf den Punkt. | Bild: Hartmut Ferenschild

Nachwuchs pflückt sich Süßes vom Baum

Derweil erklomm der Narrensamen die unteren Narrenbaum-Meter, um sich die dort oben in Kunststoffbeuteln angehefteten Naschereien zu erobern. Die Daisendorfer Straßenfasnet hat grandios begonnen.

Narrensamen am Kletterbaum
Narrensamen am Kletterbaum | Bild: Hartmut Ferenschild