An diesem Dienstag weht im wahrsten Sinne des Wortes ein frischer Wind durch die Gemeinde Frickingen. Zwischen der Graf-Burchard-Halle und der alten Grundschule an der Lippertsreuter Straße muss man die orangefarbenen Bauhelme festhalten, während starke Windböen für eine Abkühlung sorgen. Die Baustelle des sechs Millionen Euro teuren Neubaus der Grundschule wird eröffnet.
Mit Musik fällt der Abschied leichter
Bevor es aber zu den Feierlichkeiten nach draußen geht, wartet auf die Kinder und Lehrkräfte der Grundschulen Frickingen, Heiligenberg und Mimmenhausen ein kulturelles Programm. Die Bodenseephilharmonie unter der Leitung von Timo Waldmeier ist mit 40 Musikern in der Graf-Burchard-Halle zu Besuch. Insgesamt 204 Schülerinnen und Schüler bekommen dort das Stück „Phillip und Philline – Die philharmonischen Mäuse“ von den Schauspielerinnen Anna Hertz und Andrea Hoever dargeboten. Für manche der Schüler ist das eine willkommene Erheiterung, denn besonders die Älteren unter ihnen trauern ihrem alten Schulgebäude bereits ein wenig nach, wie sie bei einem früheren Besuch des SÜDKURIER verrieten.
Einzug soll zum Schuljahr 2026/27 stattfinden
Doch das soll vergessen sein, wenn das vom Architektenbüro Glück und Partner aus Stuttgart geplante Schulhaus fertig ist. Der Zeitplan sei „ambitioniert“, wie Bürgermeister Jürgen Stukle selbst sagt: „Das Dach soll zum kommenden Winter schon dicht sein.“ Der Einzug in die neue Grundschule ist zum Beginn des Schuljahres 2026/27 vorgesehen. Das würde bedeuten, dass die momentan jüngsten Schüler noch im neuen Schulhaus lernen werden. Viele freuen sich auch schon darauf, wie beim Spatenstich immer wieder von den Kindern zu hören ist.

Nach der Vorführung der Bodenseephilharmonie strömen die Schulkinder aus der Halle und verstreuen sich auf dem vertrauten Pausenhof. Schulleiterin Tina Gutemann nimmt zwei Finger in den Mund und stößt einen lauten Pfiff aus, woraufhin sich die Schüler um sie scharen und sich ein schattiges Plätzchen suchen, um den Worten von Bürgermeister Stukle zu lauschen.
Warten auf neue Förderrichtlinien des Landes
Obwohl der Planentwurf bereits 2023 feststand, musste die Gemeinde lange Geduld haben. Denn die Bedingungen der neuen Förderrichtlinien des Landes ließen auf sich warten. „Heute starten wir mit einer Kostensicherheit von fast 70 Prozent des Investitionsvolumens in Höhe von sechs Millionen Euro“, berichtet Stukle. Den ab 2026 geltenden Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung räumlich umsetzen zu können, sei ein zentraler Aspekt bei der Planung gewesen. Außerdem wolle man sich für die Gestaltung sowohl an pädagogischen Erkenntnissen als auch ökologischen Baustandards orientieren, sagt der Bürgermeister.
Zeitgemäßer Unterricht durch Raumkonzept
Der Architekt und künftige Bauleiter Martin Ritz beschreibt die Raumkonzepte für die rund 1600 Quadratmeter Nettonutzfläche: Im oberen Stockwerk sollen die vier Klassenzimmer mit jeweils einem eigenen Differenzierungsraum, zudem eine offene Bibliothek und freie Lernbereiche entstehen. So könne man einen flexiblen und zeitgemäßen Unterricht möglich machen, sagt er mit Blick auf die Lehrkräfte.
Im Erdgeschoss würden sich die Funktions- und Fachräume sowie die Pausenhalle und eine Küche mit Essraum befinden. Des Weiteren seien ein Musikzimmer sowie ein Mehrzweckraum geplant. Für das Dach sei neben der vorgeschriebenen Photovoltaikanlage eine Begrünung vorgesehen, die in Kombination mit Holz als natürlichem Material für ein angenehmes Raumklima sorgen solle, führt der Architekt aus.
Was bei allen Beteiligten viel Vorfreude erzeuge, sei der außenliegende Fluchtbalkon, der sich einmal vollständig um das Obergeschoss des Schulgebäudes winden und auch über eine Treppe zugänglich sein soll. Martin Ritz merkt an, dass es mit diesem Balkon als „zweitem Rettungsweg“ mehr Gestaltungsfreiraum für das Innere des Gebäudes gebe, da andere Brandschutzvorrichtungen somit entfallen.

Ferner lobt Martin Ritz das Leitbild der Gemeinde, das „der Nachhaltigkeit verpflichtet ist“. Daran sollen auch die Optik und die Baustoffe für die neue Schule anknüpfen. Das Architektenbüro gestaltete über die vergangenen 20 Jahre diverse öffentliche Gebäude im Ort, wie zum Beispiel das Rathaus, durch eine Holzkonstruktion. Diese Tradition wollen sie jetzt für den Neubau der Grundschule weiterführen. Das Holz solle aus süddeutschen Wäldern stammen.
Schulleiterin Tina Gutemann gestaltet mit
Rektorin Tina Gutemann und ihr Kollegium bemühten sich nach eigenen Angaben in der Vergangenheit, aus dem Bestandsgebäude alles für die Kinder rauszuholen: Indem man die Fläche in gemütliche Lernbereiche aufteilte, seien den Kindern dort gute Lernerfahrungen möglich gewesen. Künftig freut sie sich trotzdem auf neue, offenere Raumkonzepte zum Lehren und Lernen. Neben Klassenräumen für Input und Gemeinschaftsarbeiten sollen die Schüler in „offenen Lernlandschaften“ freier arbeiten können. Sie sollen es beispielsweise möglich machen, dass Lesepaten hier mit Schülern in Ruhe lesen oder Kinder mit besonderem Ruhebedarf für sich arbeiten können. Die neue Schule mitzugestalten, war für Tina Gutemann ein „Hauptgrund, mich als Schulleiterin zu bewerben“, wie sie in einem früheren Gespräch mit dem SÜDKURIER sagte.
Bevor die Spaten wirklich in die Erde gesteckt werden, stellt sich dann noch die gesamte Schulgemeinschaft vor den Anwesenden auf. Sie singen die Grundschulhymne, welche einst von ehemaligen Schülern der Frickinger Grundschule komponiert wurde. Es ist eine Ode, sowohl an das Bestandsgebäude als auch an den zukünftigen Lernort. Eine Erstklässlerin hat bereits versprochen, dass sie die alte Schule in den Pausen besuchen werde, damit sie sich nicht einsam fühlt, so ganz ohne Schulkinder.