Heiligenberg/Frickingen – Eine gute Nachricht für Menschen, die einen Pflegegrad zugesprochen bekommen haben: Jetzt haben sie auch in Frickingen und Heiligenberg wieder die Möglichkeit, Dienste der Nachbarschaftshilfe über die Pflegekasse abzurechnen. Das war ein Jahr lang nicht möglich, weil der verwaltungstechnische Aufwand enorm war. „Inzwischen haben wir mit Andrea Gebauer eine Teilzeitverwaltungskraft eingestellt, die sehr viele Aufgaben übernimmt“, freut sich Alfred Rock, seit einem Jahr Vorsitzender der Nachbarschaftshilfe. Die 125 Euro, die monatlich von der Pflegekasse bezahlt werden, sind für viele Menschen eine echte Entlastung. „Das heißt auch deshalb Entlastungsbetrag“, erläutert Alfred Rock. Wenn Andrea Gebauer die Rechnungen schreibt, dann stehen momentan 11 Euro pro Einsatzstunde drauf. 9 Euro gehen an die Einsatzkräfte.
Beim Konzept der Nachbarschaftshilfe unterstützen sich Bürger gegenseitig. Dies gilt insbesondere in Notfällen oder wenn jemand Hilfe benötigt. Es gehe dabei auch um Solidarität und darum, ein Gefühl der Verantwortung unter den Nachbarn zu fördern und das Wohlbefinden aller in der Nachbarschaft sicherzustellen. Vor allem im ländlichen Raum war dies in der Vergangenheit üblich. Doch die Gesellschaft hat sich verändert: Nachbarn sind oft tagsüber außer Haus, arbeiten auswärts, haben eine vollen Terminkalender oder es fehlt die Motivation. Hier setzt die organisierte Nachbarschaftshilfe an. In Frickingen und Heiligenberg nennt sie sich „Miteinander – Bürger-Selbsthilfe“ und ist ein eingetragener Verein.
Seit 2007 gibt es die ehrenamtliche Organisation in Frickingen und 2017 hat man auf vielfachen Wunsch Heiligenberg dazu genommen. „Wir hatten da immer mehr Anfragen“, sagt die stellvertretende Vorsitzende Gertrud Nußbaum. Bei einer Infoveranstaltung für Helfer und Klienten im Sennhof in Heiligenberg sei der Saal übervoll gewesen. Heute stellen sich rund 300 Mitglieder in den Dienst der guten Sache, für die Organisation ist je eine Einsatzleitung in beiden Orten zuständig.
„Es ist immer gut, wenn man sich am Ort auskennt“, weiß Bärbel Förster. Sie hat als Einsatzleiterin Heiligenberg samt Teilgemeinden stets im Blick, tauscht sich aber auch viel mit Erika Karle und Ulrike Cornisch aus. Sie sind zwar für Frickingen und Altheim zuständig, aber gleiche Fälle erfordern oft gleiche Maßnahmen. Und: „Wissen kann man nie genug und Netzwerkarbeit ist das A und O“, sind sich Karle und Förster einig. Motivation und ein gutes Miteinander seien auch hier ein Baustein für eine erfolgreiche Arbeit. Doch ohne die helfenden Hände geht nichts. „Aber es muss auch passen“, so die Beiden deutlich. Im Durchschnitt sind die Einsatzkräfte 60 Jahre alt.
Wenn die Helfenden und die Hilfebedürftigen nicht zueinander passen, dann „geht nix“, sagen die Einsatzleiterinnen. „Es menschelet halt und da muss man schon schauen, dass man Probleme nicht gleich vorprogrammiert.“ Deshalb machen die Einsatzleiterinnen bei neuen Klienten einen ersten Besuch, schauen, was gebraucht wird und für welchen Helfer der Einsatz geeignet wäre.
Egal ob Hilfe bei der Gartenarbeit oder bei Aufgaben rund ums Haus, Besuchsdienst, Fahrten zum Arzt oder gemeinsame Unternehmung – es ist eine ganze Menge möglich. Flexibilität ist das oberste Gebot. Das schätzen auch viele Klienten, wie der 50-jährige Ludwig. Er ist weitgehend gut versorgt, hat aber oft das Bedürfnis, einmal andere Menschen zu sehen als die Mitbewohner in seinem gewohnten Umfeld im Seniorenwohnen. Mal eine Schifffahrt auf dem Bodensee zu machen, in Konstanz das Theater besuchen oder zum Einkaufen zu fahren, das ermöglicht ihm die Helferin von „Miteinander“.
Das Recht setzt dem Einsatz der Helfer auch Grenzen: So dürfen die Ehrenamtlichen keine Pflegetätigkeiten übernehmen. Dazu gehören auch das Anziehen von Kompressionsstrümpfen, das Herrichten der Medikamente oder das Setzen einer Insulinspritze. „Dafür gibt es die mobilen Dienste, die sehr zuverlässig und mit großen Fachkenntnissen ihre Arbeit machen“, sagt „Miteinander“-Vorsitzender Alfred Rock. Was der Verein immer brauche, das seien die Helfenden. Er wirbt dafür, „sich bei uns zu informieren“. Wer sich für das Mitwirken im Verein entscheide, der sei versichert und werde im Rahmen der Ehrenamtspauschale entschädigt.
Der Verein
Das Büro von „Miteinander“ befindet sich im Rathaus in Frickingen in der Kirchstraße und ist immer am Mittwochvormittag besetzt. Zu anderen Zeiten läuft ein Anrufbeantworter, der regelmäßig abgehört wird. Telefonisch ist „Miteinander“ unter 07554 983050 erreichbar, per E-Mail unter info@miteiander-frickingen.de. Informationen im Internet gibt es unter:
http://www.miteinander-frickingen.de