Hätte man Hans-Joachim Kurz vor drei Wochen über die Zuverlässigkeit des Schienenersatzverkehrs zwischen Langenargen und Friedrichshafen befragt, wäre ihm vermutlich der Kragen geplatzt. Am 20. November schrieb er deshalb eine Mail an unsere Redaktion und schilderte die Situation. An diesem Morgen stand sein Sohn, der jeden Morgen nach Friedrichshafen in die Schule fährt, um 8 Uhr noch an der Haltestelle, weil der Bus um 7.35 Uhr nicht gekommen war – und auch danach keiner.

Elterntaxi kommt wiederholt zum Einsatz

Wieder kam das Elterntaxi zum Einsatz, denn es war nicht das erste Mal, dass Familie Kurz kurzfristig für den Schülertransport einspringen musste. In den vergangenen beiden Monaten, schrieb der Langenargener, sei der Schienenersatzverkehr „sehr unzuverlässig“ gefahren. Immer wieder komme es nicht nur zu erheblichen Verspätungen und Ausfällen der Busse. Zuweilen lasse der Fahrer wartende Fahrgäste an der Haltestelle zwangsläufig stehen, weil der Bus, der aus Lindau kommt, bereits überfüllt sei.

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Schüler müssen stehen bleiben

Zwei Tage später schreibt ein weiterer Leser aus Langenargen, der nicht genannt werden möchte: „Leider kommt es bei der Busverbindung am Morgen von Langenargen nach Friedrichshafen immer wieder zu Ausfällen. Schüler werden nicht mitgenommen, der Bus fällt ganz aus, oder hält einfach nicht“, schrieb er nicht nur an unsere Redaktion, sondern seine Beschwerde auch direkt an den Regionalverkehr Alb-Bodensee (RAB).

Probleme dieser Art auf der Strecke gab es bereits, als der Schienenersatzverkehr im September neu eingerichtet wurde. Grund dafür ist die Elektrifizierung auf der Südbahn zwischen Friedrichshafen und Lindau. Anfangs lief der SEV alles andere als rund. Kunden monierten, dass zu wenige Busse eingesetzt würden.

Bahn AG besserte Mitte Oktober nach

„Die Anzahl der Busse ergibt sich aus den regelmäßig durchgeführten Fahrgastzählungen“, antwortet eine Sprecherin der Bahn auf Anfrage unserer Zeitung. Auf der SEV-Strecke zwischen Ulm und Aulendorf habe sich diese Vorgehensweise bei deutlich höherem Fahrgastaufkommen bisher bewährt. Trotzdem besserte die Bahn AG Mitte Oktober nach.

„Da es trotzdem Unschärfen geben kann, haben wir auf die Kundenbeschwerden auf der Strecke Langenargen – Friedrichshafen reagiert und zusätzliche Busse zu den Tagesrandzeiten, also im Schülerverkehr morgens und im Berufsverkehr am Nachmittag, zwischen Friedrichshafen und Kressbronn vorgesehen.“ Seither seien „keine weiteren Schwierigkeiten bekannt“, so die Pressestelle der DB Regio in Ulm.

Ursache für ausgefallenen Bus steht fest

Die nahm sich der neuerlichen Beschwerden trotzdem an. Die Ursache für den „ausgefallenen“ Bus am 20. November, den Hans-Joachim Kurz ganz konkret beklagt hatte, ließ sich leicht ermitteln. Dem Auftragnehmer sei „ein sehr ärgerlicher Fehler unterlaufen“, erklärt Jürgen Schnabl von der DB Regio. Der Fahrer fuhr an jenem Tag bereits drei Minuten vor der Abfahrtszeit laut Fahrplan von der Haltestelle ab. „Diesen Vorfall bedauern wir sehr.“

Mehr noch: Um die aktuelle Zuverlässigkeit des Betriebs auf der Strecke zu testen, veranlasste die DB Regio laut Schnabl, dass der SEV-Koordinator der RAB sich an den folgenden zwei bis drei Tagen die Situation im Schülerverkehr Langenargen gezielt vor Ort anschauen und im Bus mitfahren werde. Vier Tage später lag sein Bericht vor.

Keine Probleme bei Stippvisite

Geprüft wurden demnach vom 3. bis 5. Dezember alle SEV-Busse, die zwischen fünf und elf Uhr in Langenargen abgefahren sind. Ergebnis: Nach Friedrichshafen wurden mit Abfahrt um 6.55 Uhr drei Busse – davon ein Gelenkbus – eingesetzt, die gut ausgelastet, aber „nicht überfrequentiert“ waren. Um 7.35 Uhr fuhr ein Gelenkbus, der ebenfalls nicht übervoll gewesen sei.

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Bei allen weiteren Fahrten waren die Busse zwischen 25 und 75 Prozent ausgelastet, so die Rückmeldung des SEV-Koordinators. Ein ähnliches Bild ergab sich demnach auch in Fahrtrichtung Lindau. Auch hier waren manche Busse gut, aber nicht zu voll. Zumindest an diesen drei Tagen stand laut RAB das Fazit: „Die Kapazitäten im SEV sind ausreichend geplant. Kein Bus ist ausgefallen und es wurden auch keine Schüler zurückgelassen.“

Busse „immer total voll“

Vorort-Termin am vergangenen Freitag. An diesem Morgen kam der Bus um 7.36 Uhr in Langenargen fast pünktlich an. So richtig zufrieden zeigten sich die hier wartenden Schüler aber trotzdem nicht. Die elfjährige Matilda, die am Graf-Zeppelin-Gymnasium in Friedrichshafen lernt, erzählt, dass die Busse „immer total voll“ sind.

Das bestätigt eine weitere Schülerin, die ihren Namen nicht sagen mochte. Zum Teil kämen zwei Busse, berichtet sie von ihren Erfahrungen. „Aber wenn man sie zwischen 6 und 7 Uhr wirklich brauchen würde, kommt nur einer.“

Max Müller, 16 Jahre, ist Schüler der Claude-Dornier-Schule in Friedrichshafen und deshalb ebenfalls auf den Schienenersatzverkehr von Langenargen nach Friedrichshafen angewiesen. Nach seinen Erfahrungen sei der Bus „meistens noch pünktlich an der Haltestelle“ in Langenargen.

„Aber eigentlich immer kommen wir in Friedrichshafen mit Verspätung an. Das liegt an der stark frequentierten B 31.“ Am Anfang war es seiner Erfahrung nach im Bus vom Schienenersatzverkehr sehr voll. „Aber vor einer Weile haben die Verantwortlichen zwei Busse geschickt und seitdem läuft es gut. Ausgefallen ist der Bus meines Wissens noch nie.“

Hans-Joachim Kunz berichtete am Freitag, dass sich die Situation in den vergangenen zehn Tagen deutlich gebessert habe.