In der Zeppelinstadt werden die Gewerbeflächen knapp. Das zeigt eine Aufstellung der Wirtschaftsförderung, die im Zuge der Debatte um die Industrieerweiterung der Firmen Liebherr-Aerospace und Aerospace Transmission Technologies (ATT) veröffentlicht wurde. Laut Ausführungen der Stadt in einer Sitzungsvorlage zu dem Verfahren, das für die Expansion der beiden Unternehmen nötig ist, übersteigt die Nachfrage an Gewerbeflächen das derzeitige Angebot um das Dreifache. Heißt: Unternehmen, die sich hier ansiedeln oder gar expandieren wollen, haben ein enormes Platzproblem – und müssen viel Geduld mitbringen.

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Doch das ist eher ein alter Hut. So zeigt ein acht Jahre altes, geheimes Gewerbeflächenentwicklungskonzept, dass die gewerblichen Flächenreserven 2010/2011 bereits in hohem Maße aufgebraucht waren. Damals wurden potenzielle Flächen (siehe Karte) aufgezeigt, unter anderem auch das umstrittene Gebiet südlich des Flughafens zwischen Bahn und B 30 im Bereich des Seewalds. In der Fortschreibung des Flächennutzungsplans (FNP), die 2015 stattfand, und im Verfahren zum Materialwirtschaftszentrum (MWZ) der MTU, wurden die Standorteignungen der unterschiedlichen Flächen untersucht.

Seewald-Fläche schon 2010 als geeignet eingestuft

Das Ergebnis: Obwohl beispielsweise die Fläche im Bereich Seewald grundsätzlich als geeignet befunden wurde – und der Bedarf weiterhin stieg –, wurde keine der Potenzialflächen, die zum Großteil in Privatbesitz sind, weiterentwickelt. Dafür hätten sie nämlich in den erweiterten Flächennutzungsplan 2015 aufgenommen werden und von der Stadt erworben werden müssen – und genau das passierte nicht. Auch die von der Stadtverwaltung damals priorisierte Fläche zwischen Bahn und B 30 lag weiterhin brach.

Links Firmengelände, rechts Seewald: Damit Liebherr-Aerospace und und eine weitere Firma expandieren können, soll ein Stück des Seewalds ...
Links Firmengelände, rechts Seewald: Damit Liebherr-Aerospace und und eine weitere Firma expandieren können, soll ein Stück des Seewalds gerodet werden. | Bild: Cuko, Katy

"Die Fläche kam damals nicht zum Tragen, weil man sich zum einen der Ausgleichsproblematik bewusst war und zum anderen die damalige Situation mit noch vorhandenen freien Gewerbeflächen diesen Eingriff nicht gerechtfertigt hätte. Zwischenzeitlich ist die Lage sowohl bezüglich der Nachfrage als auch der Verfügbarkeit von gewerblichen Restflächen eine völlig andere", erklärt Stadtsprecherin Monika Blank.

Fünf Hektar Flächenreserve insgesamt

Ein Blick auf die Zahlen zeigt: Die Stadt ist nun bei fünf Hektar Flächenreserve angekommen. Rund 2,2 Hektar davon sind bereits für Liebherr reserviert. Gleichzeitig beziffert die Stadt Anfragen von Unternehmen in einer Größenordnung von mindestens neun Hektar. Und das, obwohl es in den vergangenen Jahren etliche neue Gewerbegebiete gab. Da wäre etwa das Gebiet am Flughafen, in dem große Häfler Firmen wie Webers Backstube oder Sanitär Hörmann expandierten. Oder Kluftern-Süd, wo das MTU-MWZ einen Platz fand. Die meisten Gebiete sind laut Wirtschaftsförderung bereits komplett vermarktet. Wenig Restfläche gibt es derzeit noch im Gebiet Steigwiesen in Immenstaad, wo die Stadt sich 10 000 Quadratmeter Belegungsrecht gesichert hat, in Alt-Allmannsweiler und Kluftern-Süd. Und das, obwohl der durchschnittliche Quadratmeterpreis von rund 110 Euro in Friedrichshafen nicht gerade ein Schnäppchen ist.

Drei bis fünf Jahre im Voraus planen

Für die suchenden Betriebe reichen die Restbestände hinten und vorne nicht aus. "Das spüren natürlich auch die Handwerker", sagt Georg Beetz, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft. Etliche seiner Mitglieder melden den Wunsch nach einer Vergrößerung oder Umsiedlung und einige wollen sich neu ansiedeln, scheitern aber am Platzmangel. "Es wird so viel von Start-ups gesprochen und es gibt viele Klimmzüge, um diese zu unterstützen", sagt Beetz, "aber die kleinen und mittleren Handwerksbetriebe sollte man bei der Grundstückspolitik auch nicht aus den Augen verlieren." Die Kreishandwerkerschaft unterstütze bei den Gesprächen und habe ein gutes Netzwerk, aber dennoch mahnt Beetz seine Mitgliedsbetriebe zur Weitsicht. "Ich sage immer, die Betriebe sollten unbedingt mittelfristig denken, also mindestens drei bis fünf Jahre im Voraus", erklärt er, "denn so lange müssen sie mindestens auf eine Fläche warten." Die Genehmigungsverfahren würden immer länger – und wenn sogar noch der Flächennutzungsplan geändert werden müsse, wie beispielsweise im Fall Kluftern-Süd, müsse man schon mit vielen, vielen Jahren Wartezeit rechnen.