Friedrichshafen – 4,5 Hektar Platz bietet das neue Gewerbegebiet quasi einen Steinwurf vom Flughafen entfernt – theoretisch. Denn praktisch ist ein Viertel der Fläche auf Meckenbeurener Flur bereits verkauft. Das Häfler Unternehmen Maucher zieht mit seinen vier Produktionsstandorten nächstes Jahr vor die Tore der Stadt. Dann zahlt das Unternehmen mit rund 130 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von zirka 29 Millionen Euro auch keine Steuern mehr in Friedrichshafen. „Wir haben wirklich lange nach einer Fläche gesucht“, sagt Inhaber Peter Strittmatter. Für ihn ist das neue Gewerbegebiet die ideale Lösung ist. So wie für viele andere Unternehmer, denn für die anderen Grundstücke hier gibt es reihenweise Interessenten, bestätigt Meckenbeurens Bürgermeister Andreas Schmid.
Dabei ist der Grund und Boden im neuen „Gewerbegebiet am Flughafen“, das gerade erschlossen wird, mit einem Kaufpreis von 115 Euro pro Quadratmeter das teuerste in der Region. Aber eben das Einzige dieser Größe nahe der Zeppelinstadt, die wirtschaftlich bärenstark ist. Für knapp 60 000 Einwohner gibt es 35 000 Arbeitsplätze vor allem in der Industrie. Woanders ist da mehr Luft nach oben. In Uhldingen-Mühlhofen steht eine Gewerbefläche von rund 6,3 Hektar zum Verkauf für 85 Euro pro Quadratmeter. In Salem verkauft die Gemeinde Gewerbeland für 75 Euro, in Pfullendorf sogar für nur 25 bis 33 Euro je Quadratmeter. Das war's! Weitere Angebote in den Kreisgrenzen stehen auf dem Onlineportal der Wirtschaftsförderung Bodenseekreis unter www.immoportal-bodensee.net derzeit nicht zur Verfügung. Abgesehen vom Gewerbegebiet Aspen in Eriskirch, das schon seit 2009 zum Verkauf steht.
„Die Fläche ist nicht mehr in unserem Besitz“, teilt Hauptamtsleiterin Claudia Rebholz mit. Die Gemeinde vermittele nur Anfragen. Die gingen zwar jede zweite, dritte Woche ein, aber getan hat sich bislang nichts. Eigentümer ist die Firma Fränkel AG.
In Friedrichshafen hingegen ist kaum noch Platz für Gewerbeentwicklung. Das spürt auch das Handwerk. Die Flächenknappheit habe sich in den vergangenen Jahren manifestiert, sagt Georg Beetz, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft. Und auch Benedikt Otte, Chef der Wirtschaftsförderung Bodenseekreis, attestiert Friedrichshafen "mehr Nachfrage als Angebot". Nach Angaben der Stadt gibt es noch Flächen von insgesamt etwa 4,5 Hektar – so viel wie in Meckenbeuren am neuen Gewerbestandort – und zwar in den Gewerbegebieten Alt-Allmannsweiler, Kluftern-Süd, Flughafen und „Am Rohrbach“. Letzteres wurde bereits vor über zehn Jahren entwickelt, und 2011 berichtete die Stadt bereits von einer nahezu vollständigen Vermarktung. Dabei sind einige Baugrundstücke nach wie vor frei, das Zentrum des Gebiets ist gar eine riesige grüne Wiese. Gewerbetreibende mit Ansiedlungswunsch erhalten allerdings die Auskunft, hier seien alle Fläche verkauft. Wie passt das zusammen? Die Flächen „Am Rohrbach“ seien tatsächlich nahezu vollständig verkauft, erklärt Monika Blank, Sprecherin der Stadtverwaltung. „Bei der noch freien Fläche stehen wir in konkreten Verhandlungen.“ Sie bestätigt aber auch, dass sich einzelne Unternehmen „darüber hinaus Flächen für eine Betriebserweiterung gesichert“ hätten. Der Großteil der bisher nicht bebauten Flächen werde zeitnah bebaut. Sofern ein Unternehmen diese Fläche aber auf absehbare Zeit nicht benötige, sei im Dialog „eine Rückabwicklung möglich“.
Das wäre sogar angezeigt. „In den letzten Jahren gab es eine kontinuierlich hohe Nachfrage nach Gewerbeflächen und somit besteht ein hoher Bedarf nach der Ausweisung weiterer Gewerbeflächen“, sagt Monika Blank. Deshalb sondiere die Stadt auf ihrer Gemarkung „laufend potentiell infrage kommende Flächenreserven“. Doch eine Strategie gibt es offensichtlich nicht. Grundlage für die Entwicklung von Gewerbegebieten sei der Flächennutzungsplan. Nur Flächen, die hier ausgewiesen sind, könnten in Zukunft auch entwickelt werden. Da gibt es allerdings kein großes Potenzial mehr. Der Plan weist Kluftern-Letten (0,6 Hektar), das Gelände des Güterbahnhofs (5,6 Hektar) und Allmannsweiler-Süd (insgesamt 10 Hektar) als potenzielle Gewerbeflächen aus, die großteils aber entwickelt werden müssten. Selbst die großen Unternehmen wie ZF oder Rolls Royce Power Systems haben nach Auskunft der Stadt keine Flächen ín Reserve. „Derzeit nutzen diese Unternehmen für ihren Bedarf – wenn notwendig – die noch vorhandenen eigenen Flächen, entwickeln sich also über Nachverdichtung“, so Monika Blank.
Wilfried Franke: "Erheblicher Wettbewerb um Flächen"
Herr Franke, Sie sind Direktor des Regionalverbands Bodensee-Oberschwaben, der bei 87 Städten und Gemeinden in der Region abgefragt hat, welche und wie viele Flächen für die Gewerbeentwicklung verfügbar sind. Mit welchem Ergebnis?
Die Umfrage haben wir gemacht, die Zahlen sind aber schon etwas älter. Trotzdem ist klar, dass im Bodenseekreis und in weiten Teilen des Landkreises Ravensburg und dort insbesondere im Schussental die Gewerbeflächen sehr begrenzt sind. So ist beispielsweise in Ravensburg das große Gewerbegebiet Erlen an der B 33 demnächst voll. Der Vollständigkeit halber muss ich aber sagen, dass wir im Landkreis Sigmaringen noch größere Potenziale haben.
Welche Chancen und Möglichkeiten gibt es, an dringend benötigte Flächen zu kommen?
Aufgrund der dichten Besiedlung und der Hochwertigkeit der Landschaft herrscht allgemein ein erheblicher Wettbewerb um Flächen. Deshalb plant der Regionalverband im Zuge der Fortschreibung des Regionalplans ein Netz von Interkommunalen Gewerbegebieten, wo sich dann an geeigneten Standorten jeweils mehrere Kommunen zusammenfinden. Bis Jahresende werden wir hierzu einen Entwurf vorlegen.
Soll das Areal am MWZ in Kluftern zum interkommunalen Gewerbegebiet ausgebaut werden?
Wir sind ja mit den Kommunen im Gespräch. Deshalb kann ich sagen, auch in Friedrichshafen, dem wirtschaftlichen Zentrum der Region, ist das Gewerbeflächenangebot begrenzt. Mögliche Interkommunale Standorte müssen allerdings generell gewisse Voraussetzungen erfüllen, wie zum Beispiel Anschluss an das übergeordnete Strassen- und/oder Schienennetz, eine gewisse Mindestgröße, Verfügbarkeit, sie sollten längerfristig erweiterbar sein und so weiter. Dies sehe ich für diesen Standort so nicht gegeben.
Fragen: Katy Cuko