Lena Reiner

Insgesamt wird die Brücke knapp 70 Tonnen auf die Waage bringen. Vor allem die Überbauteile, deren Hauptkörper aus Stahl besteht, schlagen hier zu Buche. Das schwerste von ihnen wiegt etwas mehr als 18 Tonnen, das leichteste rund 15 Tonnen.

Die Arbeiten im Zeitraffer Video: Lena Reiner

Stabilisiert und ausbalanciert werden die Bauteile auf einer Seite durch eine Aluminiumplatte, auf der anderen Seite durch ein Fachwerk aus Stahldreiecken „versteift“, wie es im Fachjargon heißt. Auf die Frage, ob Fachwerk sich dazu besser eigne als eine einfachere Konstruktion, lacht Ingenieur Wolfgang Francke von Pfeifer Seilbau, der die Arbeiten am Freitagmorgen konzentriert mitverfolgt: „Nein, es wäre anders einfach langweilig.“

Langsam schwebt das dritte Überbauteil heran.
Langsam schwebt das dritte Überbauteil heran. | Bild: Lena Reiner

Überhaupt habe dieses Bauprojekt spannende Herausforderungen geboten. Die größte habe die „Zickzack-Konstruktion“ dargestellt, erklärt Francke anhand des Querschnitts des dritten Überbauteils. Von seinem Standort auf der Bahnbrücke aus ist dieser gut zu sehen. Tatsächlich ist dort deutlich eine asymmetrische Dreiecksform an der Anschlussseite zu erkennen, bevor diese vom letzten Bauteil verdeckt wird. Der Clou: Die Spitze des Dreiecks verschiebt sich im Brückenverlauf. So gelang den Konstrukteuren die Form der Brücke umzusetzen, die aus Vogelperspektive eine Art S mit vielen harten Kanten statt weichen Kurvenverläufen bildet.

Vier Augenpaare für ein Anschlussstück: Mit Schraubzwinge wird den letzten Millimetern Versatz auf den Leib gerückt.
Vier Augenpaare für ein Anschlussstück: Mit Schraubzwinge wird den letzten Millimetern Versatz auf den Leib gerückt. | Bild: Lena Reiner
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Bei den tonnenschweren Bauteilen kommt es derweil auf jeden Millimeter an. Während Francke erklärt, wird neben ihm mit Schraubzwingen und kleinsten Bewegungen des Krans getüftelt. „Noch drei Millimeter“, lautet der Zwischenruf eines der Arbeitenden, der den Anschluss an das vorherige Bauteil im Blick hat. Millimeter? Francke nickt und erklärt: „Hier kommt es auf zwei Millimeter an: Das ist Stahlbau.“ Mehr Spielraum bieten die Schraublöcher ihm zufolge nicht.

Das Vermessungsteam erläutert die Feinheiten bei der Platzierung: 12 Millimeter weicht die Platzierung zu diesem Zeitpunkt vom ...
Das Vermessungsteam erläutert die Feinheiten bei der Platzierung: 12 Millimeter weicht die Platzierung zu diesem Zeitpunkt vom gewünschten Ort ab. | Bild: Lena Reiner

Wir alles so exakt zusammenpassen wie nötig? Die Spannung beim Zusammenbau hat der Ingenieur nicht auf jeder Baustelle. Grundsätzlich, so verrät er, könne man eine solche Brücke auch direkt am Stück liefern. Dagegen habe hier nur der Anfahrtsweg gesprochen, der keine so großen Transportfahrzeuge zulasse: „Bei meinem ersten Bauprojekt in Hamburg haben wir 70 Tonnen schwere Teile anliefern lassen.“

Deutlich sichtbar: Hier muss noch ein bisschen nachjustiert werden.
Deutlich sichtbar: Hier muss noch ein bisschen nachjustiert werden. | Bild: Lena Reiner

Während der Kranfahrer Präzisionsarbeit beim langsamen Absenken leistet, wird eine weitere Herausforderung des aktuellen Bauprojekts deutlich: Das dritte Bauteil nähert sich der Seitenwand der bestehenden Eisenbahnbrücke sehr nah an. Als es komplett abgesenkt ist, wird nachgemessen. Die Lücke ist gerade einmal 21 Zentimeter breit: winzig im Vergleich zur lichten Spannweite der Brücke von immerhin 37,2 Metern.

21 Zentimeter Platz sind an der schmalsten Stelle Platz.
21 Zentimeter Platz sind an der schmalsten Stelle Platz. | Bild: Lena Reiner

Projektleiter Oliver Zimmerhakl vom Stadbauamt lobt die Leistung den Kranführers: „Beeindruckend!“.

Verkehrslage im Bereich der Baustelle beruhigt sich

Wenig beeindruckt zeigen sich Autofahrer, die um ein Baufahrzeug in der Straßenmitte herumfahren, um ins benachbarte Parkhaus zu gelangen. Immerhin hat sich die Verkehrslage so weit beruhigt, dass keine Fahrzeuge mehr versuchen, die gesperrte Stelle zu durchqueren. Wieso die aktuelle Verkehrsführung zeitweise zu Verwirrung geführt hat, erklärt Zimmerhakl so: „Navigationsgeräte erkennen die Sperrung nicht und lotsen Autofahrer weiterhin hier entlang.“

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Noch bis zum 21. Juni ist die Durchfahrt zur Eckenerstraße durch die Millionenschlucht jedenfalls noch gesperrt. Busse fahren in diesem Zeitraum die Bushaltestelle „Stadmitte“ nicht an.