Insgesamt wird die Brücke knapp 70 Tonnen auf die Waage bringen. Vor allem die Überbauteile, deren Hauptkörper aus Stahl besteht, schlagen hier zu Buche. Das schwerste von ihnen wiegt etwas mehr als 18 Tonnen, das leichteste rund 15 Tonnen.
Stabilisiert und ausbalanciert werden die Bauteile auf einer Seite durch eine Aluminiumplatte, auf der anderen Seite durch ein Fachwerk aus Stahldreiecken „versteift“, wie es im Fachjargon heißt. Auf die Frage, ob Fachwerk sich dazu besser eigne als eine einfachere Konstruktion, lacht Ingenieur Wolfgang Francke von Pfeifer Seilbau, der die Arbeiten am Freitagmorgen konzentriert mitverfolgt: „Nein, es wäre anders einfach langweilig.“
Überhaupt habe dieses Bauprojekt spannende Herausforderungen geboten. Die größte habe die „Zickzack-Konstruktion“ dargestellt, erklärt Francke anhand des Querschnitts des dritten Überbauteils. Von seinem Standort auf der Bahnbrücke aus ist dieser gut zu sehen. Tatsächlich ist dort deutlich eine asymmetrische Dreiecksform an der Anschlussseite zu erkennen, bevor diese vom letzten Bauteil verdeckt wird. Der Clou: Die Spitze des Dreiecks verschiebt sich im Brückenverlauf. So gelang den Konstrukteuren die Form der Brücke umzusetzen, die aus Vogelperspektive eine Art S mit vielen harten Kanten statt weichen Kurvenverläufen bildet.

Bei den tonnenschweren Bauteilen kommt es derweil auf jeden Millimeter an. Während Francke erklärt, wird neben ihm mit Schraubzwingen und kleinsten Bewegungen des Krans getüftelt. „Noch drei Millimeter“, lautet der Zwischenruf eines der Arbeitenden, der den Anschluss an das vorherige Bauteil im Blick hat. Millimeter? Francke nickt und erklärt: „Hier kommt es auf zwei Millimeter an: Das ist Stahlbau.“ Mehr Spielraum bieten die Schraublöcher ihm zufolge nicht.

Wir alles so exakt zusammenpassen wie nötig? Die Spannung beim Zusammenbau hat der Ingenieur nicht auf jeder Baustelle. Grundsätzlich, so verrät er, könne man eine solche Brücke auch direkt am Stück liefern. Dagegen habe hier nur der Anfahrtsweg gesprochen, der keine so großen Transportfahrzeuge zulasse: „Bei meinem ersten Bauprojekt in Hamburg haben wir 70 Tonnen schwere Teile anliefern lassen.“
Während der Kranfahrer Präzisionsarbeit beim langsamen Absenken leistet, wird eine weitere Herausforderung des aktuellen Bauprojekts deutlich: Das dritte Bauteil nähert sich der Seitenwand der bestehenden Eisenbahnbrücke sehr nah an. Als es komplett abgesenkt ist, wird nachgemessen. Die Lücke ist gerade einmal 21 Zentimeter breit: winzig im Vergleich zur lichten Spannweite der Brücke von immerhin 37,2 Metern.
Projektleiter Oliver Zimmerhakl vom Stadbauamt lobt die Leistung den Kranführers: „Beeindruckend!“.
Verkehrslage im Bereich der Baustelle beruhigt sich
Wenig beeindruckt zeigen sich Autofahrer, die um ein Baufahrzeug in der Straßenmitte herumfahren, um ins benachbarte Parkhaus zu gelangen. Immerhin hat sich die Verkehrslage so weit beruhigt, dass keine Fahrzeuge mehr versuchen, die gesperrte Stelle zu durchqueren. Wieso die aktuelle Verkehrsführung zeitweise zu Verwirrung geführt hat, erklärt Zimmerhakl so: „Navigationsgeräte erkennen die Sperrung nicht und lotsen Autofahrer weiterhin hier entlang.“
Noch bis zum 21. Juni ist die Durchfahrt zur Eckenerstraße durch die Millionenschlucht jedenfalls noch gesperrt. Busse fahren in diesem Zeitraum die Bushaltestelle „Stadmitte“ nicht an.