Ab sofort fährt ein ganz besonderes Boot auf dem Bodensee: Das mit dem Kennzeichen FN 1078, ein eigens für die Gegebenheiten vor Ort für 1,7 Millionen Euro angefertigtes Arbeits- und Feuerlöschboot. Drei weitere baugleiche Boote sollen für Rettungs- und Brandschutzeinsätze folgen und neben Friedrichshafen in Konstanz, Radolfzell und Überlingen stationiert werden.

Mit zwei 550-PS-Antriebsmotoren bei 17,4 Metern Länge und 20 Tonnen Eigengewicht ist das Aluminiumboot gleichzeitig schnell und wendig. 47 Stundenkilometer Spitzengeschwindigkeit schafft es – das sind sieben mehr als die erlaubte Höchstgeschwindigkeit auf dem See und 17 Stundenkilometer mehr als sein Vorgänger.
Für Einsatzfahrten gilt die Geschwindigkeitsbegrenzung auf dem Wasser aber natürlich sowieso nicht.

„Da zählt nur, dass wir schnell ankommen“, erklärt Stadtbrandmeister Louis Laurösch. 20 Minuten brauche die Wehr mit dem bisherigen Löschboot etwa nach Immenstaad. Jede eingesparte Minute zähle im Notfall. Das Boot müsse bei einem Einsatz auf dem Wasser fürs Auslaufen erst fertiggemacht werden, bei einem Löschfahrzeug an Land müsse man hingegen nur den Zündschlüssel drehen.

Das Boot hat weitere Besonderheiten zu bieten. Der stellvertretende Leiter der Alterswehr, Hans-Peter Schulz, zeigt sich beeindruckt, nachdem er bei der Indienststellung zum ersten Mal mitfahren durfte: „Das ist ein Quantensprung!“
Er selbst ist in seinen 49 aktiven Feuerwehrjahren als gelernter Bootsführer nicht nur Einsätze auf dem See gefahren, sondern war auch beim Aufbau der ersten Ölwehr vor Ort dabei und weiß daher genau, worauf es bei einem Feuerwehrboot ankommt. Besonders lobt er die stabile Lage des Boots.
Auch Achim Sailer, der für eine Demonstrationstour am Steuer des Boots sitzt, ist begeistert und erklärt auf Nachfrage nach dem größten Unterschied: „Das ist kein Vergleich zum Vorgänger.“ Abgesehen davon, dass beim bisher genutzten Boot, mit dem sie 20 bis 40 Einsätze im Jahr gefahren sind, der Löschschlauch nicht mehr richtig funktioniere, seien die Unterschiede riesig.

Sailer hebt die höhere Geschwindigkeit hervor und verweist darauf, wie stabil das Boot selbst bei schwungvollen Manövern und Wellengang im Wasser liegt – und führt auch sofort ein rasantes Wendemanöver vor.
Und tatsächlich: Während draußen das Wasser nur so spritzt und der Gradmesser an der Armatur die flotte Wende deutlich anzeigt, können sogar die Bootsneulinge an Bord mit wenig Krafteinsatz sicher stehen oder sitzen bleiben. Zusätzlich verweist er auf die vereinfachte Bedienung des Löschwassers mit Schaltern von der Kabine aus: „Das war bisher alles manuell.“
Schiffsingenieur Jonas Panacek, der das Boot maßgeblich entwickelt hat, erklärt: „Wir haben uns ganz genau angeschaut, welche Voraussetzungen ein Boot für seinen Einsatz hier erfüllen muss.“ Dabei sei das Boot von Grund auf konzipiert und nicht etwa ein bestehendes Modell lediglich angepasst worden. So sei innerhalb von drei Jahren eine Blaupause für weitere Feuerwehrboote für den Bodensee entstanden.

Gebaut wurde das Boot von der finnischen Firma Kewatec Alu Boat in Kokkola. Bei mehreren Besuchen vor Ort habe er sich von der Passgenauigkeit der Sonderanfertigung überzeugen können. Panacek nennt ein Beispiel für eine wesentliche Neuerung: Das ehemalige Löschboot, Baujahr 1973, hat einen Tiefgang von 1,60 Meter. Damit konnten die Einsatzkräfte in manchem Hafen gar nicht erst anlegen. Daher ist das neue Boot so konzipiert, dass es deutlich weniger Wassertiefe benötigt. 40 Zentimeter konnten hier eingespart werden.

Laurösch zeigt sich außerdem über die Neuerung zur Aufnahme von Schiffbrüchigen beeindruckt: Mit drei Einstiegshöhen und einem „ordentlichen Gummipuffer“ am Bug können die Einsatzkräfte nun Passagiere anderer Schiffe – etwa im Falle eines Brandes – risikofrei an Bord nehmen.

Bisher habe durch den Abstand zwischen dem rettenden und dem Boot in Seenot immer ein Risiko bestanden, dass jemand ins Leere springe. Auch vom Bremsweg ist er begeistert. „Nach zwei Bootslängen steht es still.“

Und dann gibt es da noch einen ganz versteckten Vorteil im Schiffsrumpf: eine Küche und eine Bordtoilette. Bei langwierigen Sucheinsätzen sei dies eine entscheidende Verbesserung. Doch nicht nur für die Vermisstensuche, die Seenotrettung oder das Löschen von Brandherden auf und am Wasser ist das neue Boot wichtig. Obendrein ist sein Einsatz als Ölwehr zum Schutz des Ökosystems Bodensee essenziell, der die Trinkwasserversorgung für fünf Millionen Menschen sicherstellt.

Das hatten auch Innenminister Thomas Strobl und sein bayerischer Joachim Herrmann bei ihrem Vorabbesuch auf dem Boot in Meersburg betont. Hermann Schröder, Ministerialdirigent und Leiter der Abteilung Bevölkerungsschutz und Krisenmanagement, der jetzt zur Indienststellung des Schiffs in Friedrichshafen zu Besuch war, erwähnte diese besondere Rolle des Gewässers ebenfalls.