Die Gesamtzahl der in der Stadt begangenen Straftaten sinkt weiter. Im Vorjahresvergleich ist sie 2017 um 0,6 Prozent auf 3839 zurückgegangen. Der Vergleichbarkeit halber wertet die Polizei zugleich auch ohne ausländerrechtliche Verstöße aus, was einen Rückgang von 0,8 Prozent ergibt. Ebenfalls nicht zum ersten Mal ist die Aufklärungsquote gestiegen: von 62,1 auf 67,3 Prozent. Abschließend sprach Sigg am Montag von einer "guten" – will heißen: einer niedrigen Kriminalitätsbelastung für eine Stadt von der Größenordnung Friedrichshafens. Seine Einschätzung zur Tendenz im laufenden Jahr: "Wir sind zwischen 5 und 10 Prozent unterwegs, was einen weiteren Rückgang an Straftaten in Friedrichshafen anbelangt." Und in aller Regel gebe der Einstieg ins Jahr die Richtung des Gesamtergebnisses vor.
Rückgang nicht in allen Sparten
Manche Zahl, die zunächst aufhorchen lässt, lässt sich nach Darstellung des Vizepräsidenten des Polizeipräsidiums zumindest ein Stück weit relativieren. Dem Anstieg der Raubdelikte um 57 Prozent etwa liegen eher überschaubare Fallzahlen zugrunde: 2016 waren es 14 Raubdelikte, im vergangenen Jahr 22, darunter die Serie von Überfällen auf Taxifahrer im Spätsommer.
Den Anstieg im Bereich der Sexualstraftaten um knapp 22 Prozent liegen 39 Delikte zugrunde, die im vergangenen Jahr erfasst wurden (2016: 32). Sigg wies in dem Zusammenhang auf die Veränderung des Sexualstrafrechts 2017 hin: Wurde zuvor beispielsweise eine Frau begrapscht, wurde das noch nicht als Sexualdelikt erfasst, im vergangenen Jahr aber schon.
Deutliche Zunahmen gab es bei den Betrugs- (+20,6 Prozent) und Rauschgiftdelikten (+8,1 Prozent). Diese Entwicklungen resultieren nach Siggs Ausführungen letztlich aus der Arbeit der Polizei: Je mehr Ermittlungskapazitäten investiert werden, desto mehr Fälle werden aufgedeckt. "Die Rauschgiftkriminalität steigt nicht", erklärte Sigg, "mit der Arbeit der Polizei wird das Dunkelfeld aufgehellt."
Deutlicher Rückgang bei Wohnungseinbruchdiebstählen
Einen Einbruch im positiv-übertragenen Sinne gab es bei Wohnungseinbruchsdiebstählen. 13 weist die aktuellste Kriminalitätsstatistik in Friedrichshafen noch aus, davon zehn Versuche. Der Fünf-Jahres-Mittelwert beträgt 44, 2016 waren es 48 Fälle (davon 19 Versuche) gewesen.
Die Gesamtzahl der in der Gruppe der "Rohheitsdelikte" erfassten Fälle von beispielsweise Körperverletzung, Raub, Bedrohung und Nötigung ist 2017 um 13,1 Prozent gestiegen. Von einem Rückgang berichtete Sigg dagegen in Sachen Straßenkriminalität. In Summe wurden im öffentlichen Raum fast 50 Straftaten weniger als 2016 begangen – Straftaten, die das Sicherheitsgefühl Sigg zufolge so stark beeinträchtigen können, dass Menschen bestimmte Orte zu bestimmten Zeiten aus Furcht nicht mehr aufsuchen wollen. Dass heute nicht alle 60 000 Häfler ihre Wohnung mit einem ausgeprägten Gefühl von Sicherheit verlassen, dessen sind sich die Verantwortlichen von Polizei und Stadtverwaltung bewusst. In der subjektiven Wahrnehmung ist die Sicherheitslage mitunter eine andere, als sie die polizeiliche Kriminalstatistik nahelegt, sagte Gerold Sigg.
Hinterer Hafen, Uferpark und Bahnhof bleiben im Fokus
Ein Punkt, an dem die subjektive Wahrnehmung und die objektive Betrachtung der Lage in Friedrichshafen aktuell nicht zusammenzupassen scheinen, ist der Hintere Hafen. Ein Anwohner hatte diesen unter anderem jüngst als einen Treffpunkt der Tuner- und Raserszene beschrieben.
Hans-Jörg Schraitle, Leiter des Amts für Bürgerservice, Sicherheit und Umwelt, berichtete den Gemeinderäten von einer kürzlich vorgenommenen Nachtmessung an der Ailinger Straße zwischen Hinterem Hafen und Bodensee-Center. Von drei Fahrern, die die Höchstgeschwindigkeit in jener Nacht zwischen 22 und 3 Uhr um mehr als 21 Stundenkilometer überschritten hätten, sei der genannten Szene maximal einer – eventuell – zuzurechnen.
Revierleiter Uwe Janitschek äußerte die Vermutung, dass sich in der Diskussion um den Hinteren Hafen zwei Aspekte vermischen. Der ihm zufolge unstrittige Umstand, dass "auch in Friedrichshafen Fahrzeuge zu schnell und zu laut sind" und der, dass der Hintere Hafen ein attraktiver Aufenthaltsort sei. Zwischen jenen, die sich auf dem Parkplatz treffen und jenen, die zu laut und schnell fahren, gibt es nach Janitscheks Einschätzung zwar Schnittmengen, aber: "Ich denke, dass diese Personenkreise nicht deckungsgleich sind."
"Im Bereich der Normalität"
Am Hinteren Hafen sowie der angrenzenden östlichen Uferstraße passiere "das eine oder andere", blieb Janitschek unkonkret. Ähnliches gelte auch für weitere im Sicherheitsbericht als "Problempunkte" aufgeführte Orte: den Stadtbahnhof und den Uferpark. Er verstehe, dass sich beispielsweise eine Frau, die allein in der Dunkelheit unterwegs ist, sich dort bisweilen nicht ganz sicher fühlt. „Was sich im Bereich des Bahnhofs ereignet, spielt sich aber durchaus im Bereich der Normalität für eine Stadt mit 60 000 Einwohnern mit einem Bahnhof dieser Größe ab."
Betrunkene Kinder
Ein positiver Trend der vergangenen Jahre ist 2017 abgebrochen. Seit 2012 (56) war die Anzahl betrunkener Kinder und Jugendlicher, die ins Klinikum gebracht wurden, nach Angaben der Stadtverwaltung bis 2016 (26) stetig gesunken. Im vergangenen Jahr waren es 43, wobei Jungen und Mädchen je etwa die Hälfte ausmachen. Dieser Anstieg sei landesweit zu beobachten und kein "Häfler Phänomen", wie Hans-Jörg Schraitle schilderte. "Wir werden natürlich versuchen, die Hintergründe dazu in Erfahrung zu bringen", sagte er. "Aktuell sind wir da ein Stück weit sprachlos." (böm)