Wenn ZF hustet, hat Friedrichshafen Schnupfen – der oft bemühte Vergleich beschreibt die große Bedeutung des Industrieriesen für die Stadt Friedrichshafen, als Arbeitgeber, Steuerzahler und Geldmaschine für die Zeppelin-Stiftung. Angesichts der aktuellen Entwicklungen bei ZF scheint jedoch klar: Bei einer Erkältung wird es nicht bleiben. Der Friedrichshafener Milliardenkonzern, einst wirtschaftlich eine Bank, ist angeschlagen und ins Wanken geraten – in welchem Ausmaß, wird sich in den nächsten Wochen und Monaten zeigen. Klar ist indes: Die Entwicklung bei ZF wird Folgen haben für die Stadt und ihre Bürgerinnen und Bürger.

Schlechte Nachrichten drücken Stimmung

Der jüngste Paukenschlag lässt aufhorchen, denn es geht ans Eingemachte: Nach Medienberichten prüft der Häfler Konzern die Abspaltung des gesamten Antriebsgeschäfts. Intern als „E-Division“ geführt, umfasst die Sparte „Elektrifizierte Antriebstechnologien“ nicht nur elektrische Antriebe, sondern auch konventionelle. Die Pläne gehen damit weiter als bislang angekündigt. Die E-Division gilt als „Herz der ZF“ und zählt zum Markenkern, hier ist ZF ein weltweit führender Hersteller. Die Sparte trägt mit 11,5 Milliarden Euro etwa ein Viertel des Konzernumsatzes bei. Rund 32.000 Menschen sind hier beschäftigt, die meisten in Schweinfurt. Aber auch Beschäftigte am Hauptsitz in Friedrichshafen sind betroffen.

Durch Zukäufe von TRW und Wabco ist ZF hoch verschuldet – jährlich fallen etwa eine halbe Milliarde Euro Zinszahlungen für Darlehen und Anleihen an. Bis 2028 sollen in Deutschland bis zu 14.000 Arbeitsplätze abgebaut werden. Das drückt auf die Stimmung der ZF-Beschäftigten, wie selbst ZF-Chef Holger Klein dieser Tage in der ARD einräumte.

Segensreiche Zeppelin-Stiftung

Nach etlichen Negativmeldungen verfolgt man deshalb im Häfler Rathaus und in den Fraktionen des Gemeinderats aufmerksam die Entwicklungen bei ZF. Denn von dem Stiftungsbetrieb hängen Wohl und Wehe der Stadt in vielen Bereichen ab. Was andere Städte über ihren normalen Haushalt finanzieren müssen, geschieht in Friedrichshafen über den Haushalt der Zeppelin-Stiftung: Das reicht von Museen und Graf-Zeppelin-Haus, Musikschule und Bücherei bis zum Unterhalt von Kindergärten, Schulen, Bädern und Klinikum. Da kommen hohe Summen zusammen.

Der Graf Zeppelin und „sein“ Haus: Jährlich fließen Millionenbeträge aus der Zeppelin-Stiftung in den Unterhalt und Betrieb des ...
Der Graf Zeppelin und „sein“ Haus: Jährlich fließen Millionenbeträge aus der Zeppelin-Stiftung in den Unterhalt und Betrieb des Graf-Zeppelin-Hauses. | Bild: Cuko, Katy

Jährlich über 5,6 Millionen fürs GZH

So flossen laut Haushaltsplan 2023/24 jeweils über 8 Millionen Euro als Zuschuss an die Zeppelin-Universität. Die Musikschule bekam jährliche Zuschüsse von über 1,3 Millionen Euro, das Medienhaus um die 2,5 Millionen Euro. Aus der Stiftung heraus gab es als Zuschuss fürs Graf-Zeppelin-Haus jährlich über 5,6 Millionen Euro, für Veranstaltungen des Kulturbüros über 2,6 Millionen Euro. Millionenbeträge summieren sich bei den Kindergärten, zum Beispiel 2,5 Millionen Euro in 2023 für das Kinderhaus Wiggenhausen oder 1,8 Millionen Euro für den Kindergarten Kluftern. Der Zuschussbedarf fürs Klinikum wird im Haushalt mit jährlich über 12 Millionen Euro angegeben.

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Insgesamt beläuft sich der jährliche Zuschussbedarf auf über 80 Millionen Euro, 2024 waren es 84 Millionen Euro. Solange die Geschäfte der Stiftungsbetriebe ZF Friedrichshafen AG, Luftschiffbau Zeppelin GmbH und Zeppelin GmbH gut laufen und sie jährliche Dividenden ausschütten, funktioniert alles. Die Stiftung verfügt auch noch über Rücklagen, die aber nicht ewig ausreichen, sollten die Stiftungsbetriebe dauerhaft niedrigere Dividenden oder gar keine ausschütten.

Millionenbeträge pumpt die Stadt Friedrichshafen jährlich in die Zeppelin-Universität.
Millionenbeträge pumpt die Stadt Friedrichshafen jährlich in die Zeppelin-Universität. | Bild: Cuko, Katy

Dividende hängt am Geschäftserfolg

Viele Jahre war die Dividenden-Ausschüttung von ZF fixiert: bis 2013 jährlich 30 Millionen Euro, dann 50 Millionen bis 2017. Seit 2018 ist die Ausschüttung an den Geschäftserfolg geknüpft und beträgt 18 Prozent des Jahresüberschusses – seither schwankt die Dividende. Nach Rekordjahren mit 195 und 162 Millionen Euro in den Jahren 2018 und 2019 gab es auch im Jahr 2021 schon mal eine Nullrunde. Verständlich, dass man in der Stadt in wirtschaftlich schwierigen Zeiten nervös auf ZF schaut.

Kein Durchkommen: Derzeit gibt es beim Bahnhof Fischbach keine Unterführung – eine solche ist schon lange erwünscht, bislang aber nicht ...
Kein Durchkommen: Derzeit gibt es beim Bahnhof Fischbach keine Unterführung – eine solche ist schon lange erwünscht, bislang aber nicht realisiert worden. | Bild: Ambrosius, Andreas

Stunde der Wahrheit am 24. Februar

Bereits in seiner Antrittsrede beim Neujahrsempfang hatte Oberbürgermeister Simon Blümcke die Häfler auf schwierige Zeiten eingestimmt. Die Stadt sei „immer noch nicht arm“, man könne sich „nur nicht mehr alles leisten“. Was genau das sein wird, klärt sich bald: Am Montag, 24. Februar wird die Verwaltung den Doppelhaushalt 2025/2026 im Gemeinderat einbringen. Ob da Projekte wie die seit Jahren erwünschte Bahnunterführung in Friedrichshafen-Fischbach noch enthalten sein werden, ist fraglich. Das Vorhaben ist auf über 10 Millionen Euro taxiert – der Baubeginn ist bislang im Frühjahr 2026 vorgesehen.