Die Situation ist dramatisch und auf die Schnelle auch nicht zu lösen: In der Innenstadt Friedrichshafens fehlen für neun Schulen mit mehr als 5500 Schülern im Prinzip zwei Sporthallen. Das geht aus einer Bedarfsanalyse des Bonner Fachbüros Biregio hervor. Die liegt dem Rathaus bereits seit September 2020 vor, wurde aber erst am Mittwoch im Sozialausschuss des Gemeinderats vorgestellt. „Schon heute (also im Jahr 2020, die Redaktion) arbeiten die Schulen mit einem Unterhang an Hallen, der nur durch Stundenkürzungen, Stundenausfälle oder einen partiellen Lehrermangel ‚ausgeglichen‘ werden kann“, lautet das Fazit der Biregio-Studie.

Sportunterricht und Bewegung ist gerade für die jüngeren Schüler und nach der Corona-Zeit enorm wichtig.
Sportunterricht und Bewegung ist gerade für die jüngeren Schüler und nach der Corona-Zeit enorm wichtig. | Bild: Cornelia Putschbach

Diese Aussage stand bereits vor der Schließung der ZF-Arena mit zwei Sporthallen unter der Tribüne fest. Die Situation hat sich mit der Nutzungsuntersagung dieser Großhalle und Spielstätte der VfB-Volleyballer im Oktober 2020 noch verschärft. Im Gutachten wurde, basierend auf den Schülerzahlen von 2018, ein aktueller Bedarf von 23,2 Hallenteilen ermittelt – und das bei einer Vollauslastung von 45 Wochenstunden nur für den Schulsport. Zur Verfügung standen den Schulen vor zwei Jahren noch 21 Hallenteile. Seit dem Wegfall der ZF-Arena sind es nur noch 19. Und die Schülerzahlen sind seither weiter gestiegen.

Die ZF-Arena ist seit Oktober 2020 geschlossen. Damit verschärfte sich auch die Hallensituation für die Schulen in der Innenstadt.
Die ZF-Arena ist seit Oktober 2020 geschlossen. Damit verschärfte sich auch die Hallensituation für die Schulen in der Innenstadt. | Bild: Benjamin Schmidt

Das größte Defizit haben laut der Studie die beiden Gymnasien in der Stadt. Karl-Maybach- und Graf-Zeppelin-Gymnasium allein bräuchten rechnerisch 4,4 Hallenteile mehr, als sie heute nutzen können. Rechnet man den Bedarf der Gemeinschaftsschule Graf Soden dazu, fehlen allein für diese drei Schulen in der Innenstadt knapp sechs Hallenteile. Das entspricht zwei Dreifeld-Sporthallen. Bis 2030 steige der Bedarf um weitere zwei Hallenteile.

Im Frühjahr letzten Jahres wurde die neue Sporthalle in Fischbach ihrer Bestimmung übergeben. Oberbürgermeister Andreas Brand (vorn ...
Im Frühjahr letzten Jahres wurde die neue Sporthalle in Fischbach ihrer Bestimmung übergeben. Oberbürgermeister Andreas Brand (vorn links) übergab die Halle symbolisch an Ute Köhler vom TSV Fischbach). Hinten stehen Dietmar Nützenadel (Fischbacher Runde), Christine Waggershauser (Schule Fischbach), Gerold Ehinger (Tannenhagschule) und Thomas Münzer (Wassersportverein Fischbach). | Bild: Stadt Friedrichshafen

Dass es in der Innenstadt eng wird für den Sportunterricht der Schulen, ist seit vielen Jahren bekannt. 2015 lagen bereits erste Pläne für den Bau einer neuen, großen Sporthalle auf dem Gelände der Pestalozzischule auf dem Tisch. Die Pläne wurden deshalb nicht weiter verfolgt, weil sich ohne die beiden maroden Hallen das Defizit in der Innenstadt noch verschärft hätte. Auch der Neubau nach dem Abriss der Alten Festhalle in der Scheffelstraße ist seit Jahren ein Thema.

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„Für die Stadt Friedrichshafen ist damit allein im Bereich des Schulsports im Stadtzentrum Handlungsbedarf angezeigt.“ Der Bedarf werde sich bei einer „rasch wachsenden Stadt“ wie Friedrichshafen und durch die Zunahme der Zahl junger Bürger auch im Breitensport niederschlagen, analysiert das Biregio-Papier.

Scharfe Kritik im Sozialausschuss

Diesen Sachstandsbericht kommentierte Norbert Fröhlich (CDU-Fraktion) in der Ausschusssitzung scharf. „In dieses Thema muss jetzt richtig Dampf rein. Die Innenstadt-Schulen sind über Jahrzehnte vernachlässigt worden“, sagte er im Sozialausschuss. Die Schul- und Hallenproblematik habe sich nicht erst gestern verschärft, sondern sei seit Jahren bekannt. „Da sieht‘s noch aus wie zu meiner Schulzeit, da ist im Innern nichts passiert“, schimpfte er. Zeit sei verbummelt worden.

Norbert Fröhlich
Norbert Fröhlich | Bild: Bild: privat
„In das Thema muss jetzt richtig Dampf rein. Die Innenstadt-Schulen sind über Jahrzehnte vernachlässigt worden.“
Norbert Fröhlich, Stadtrat der CDU-Fraktion

Einen „Wettlauf gegen die Zeit“ stellte Philipp Fuhrmann fest. Rathaus und Gemeinderat hätten in Sachen Hallen die Innenstadt nicht so im Blick gehabt „wie die blühenden Ortsteile, wo die Lobby am stärksten“ sei. Neue Sporthallen wurden zuletzt in Ailingen und Fischbach eröffnet.

Christine Heimpel
Christine Heimpel | Bild: Gemeinderatsfraktion Bündnis 90/Die Grünen/Felix Bohnacker
„Jetzt sind Altlasten von vielen Jahrzehnten gleichzeitig am Start und alles muss eigentlich morgen fertig sein.“
Christine Heimpel, Stadt der Grünen-Fraktion

Für Christine Heimpel (Grüne) „brennt der Kittel“ nicht nur bei diesem Thema. Sie beneide die Mitarbeiter im Dezernat von Bürgermeister Andreas Köster nicht darum, was aktuell zu leisten sei. „Jetzt sind Altlasten von vielen Jahrzehnten gleichzeitig am Start und alles muss eigentlich morgen fertig sein.“ Für die Hallen bedeute das: In 156 Tage sei der 12. September und damit der erste Schultag im neuen Schuljahr. „Bis dahin brauchen wir eine Lösung und ich weiß nicht, wie wir das schaffen wollen“, sagte sie und fragte, ob eine Messehalle denn keine Option wäre, um kurzfristig Abhilfe zu schaffen.

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Eine mögliche Lösung hatte die CDU-Fraktion bereits im Dezember ins Spiel gebracht mit ihrem Antrag, den Aufbau einer Dreifeld-Traglufthalle im Stadtzentrum zu prüfen. Das Thema sollte am Dienstagabend im Bauausschuss des Gemeinderats beraten werden, wurde auf Wunsch der CDU-Fraktion aber von der Tagesordnung abgesetzt. Laut Vorlage hat das Rathaus neun Standorte geprüft. Der von der CDU favorisierte, frühere Kita-Standort an der Margarethenstraße kommt demnach nicht in Frage, weil der Waldabstand von 30 Metern nicht eingehalten werden könne. Der bis dato favorisierte Standort stehe voraussichtlich im September noch nicht zur Verfügung. Nach Angaben von Bürgermeister Andreas Köster sei man einen Schritt weiter. Im Mai soll dem Gemeinderat ein abgestimmtes Konzept für eine Übergangslösung vorgelegt werden.