Eigentlich schien die Sache klar: Im Juli entschied der Gemeinderat Friedrichshafen, dass die Albert-Merglen-Grundschule neu gebaut werden soll – und zwar an einem Standort im Grünen. Der hierfür geplante Platz ist ein Areal am Hauptfriedhof der Stadt, die sogenannte Schätzlesruh. Derzeit bewirtschaftet ein Bio-Hof das Gelände. Doch gegen den Ratsbeschluss wehren sich nun die drei Häfler Miriam Montano, Marian Riederle und Christine Kaptein. Zu dritt haben sie ein Bürgerbegehren gestartet – und sammeln nun Unterschriften gegen das Vorhaben. Sie wollen erreichen, dass der Schulneubau an der bisherigen Adresse, der Heinrich-Heine-Straße 22, umgesetzt wird.
Streit um Neubau geht in weitere Runde
Damit geht der Streit über den Schulneubau in eine weitere Runde. Bisher schlugen alle Versuche von Umweltschützern fehl, das Vorhaben zu stoppen. Im November vergangenen Jahres unterzeichneten bereits gut 3000 Kritiker eine Online-Petition namens „Schützt die Schätzlesruh!“. Kernargument der Kritiker ist der Schutz von unbebauten Flächen sowie der Erhalt des Stadtklimas. Freiflächen wie die Schätzlesruh dienen als Frischluftschneise für die Stadt. Auch eine Mahnwache samt Plakaten im Vorfeld einer Gemeinderatssitzung half im Mai nicht. Bei der entscheidenden Ratssitzung im Juli setzten sich die Befürworter des Neubaus mit 20 zu 16 Stimmen durch: CDU, Freie Wähler, SPD und Gaby Lamparsky (FDP) waren dafür.
Nun also das Bürgerbegehren. Miriam Montano sagt: „Das ist das Mittel der Demokratie“. Bis zum 26. Oktober wollen sie und ihre Mitstreiter gut 3230 Stimmen sammeln – das sind sieben Prozent der Friedrichshafener Bevölkerung. Christine Kaptein, die sich auch für den Naturschutzbund engagiert, gibt sich dabei positiv: „Bisher hatten wir nur gute Resonanz.“ Marian Riederle, der auch bei Fridays for Future aktiv ist, ergänzt: „In zehn Jahren werden sich die Kinder von heute dafür bedanken, dass wir uns für ihre Umwelt eingesetzt haben.“
Unterstützung von der Verwaltung
Tatsächlich dürfen sich die Initiatoren nicht nur auf Zuspruch von Parteien des Rats freuen, die gegen den Neubau waren, wie etwa Grüne, ÖDP oder dem Netzwerk für Friedrichshafen. Auch Oberbürgermeister Andreas Brand hat sich in der Ratssitzung im Juli für einen Neubau der Schule an der alten Adresse ausgesprochen: „Persönlich bin ich zutiefst überzeugt, dass es uns gelingen kann, am jetzigen Standort eine fachlich, wirtschaftlich und pädagogisch gute Lösung zu verwirklichen“, so Brand damals. Dementsprechend lautet auch die Frage, die im Begehren gestellt wird: „Sind Sie dafür, dass die Albert-Merglen-Schule, wie von Oberbürgermeister Brand und der Stadtverwaltung vorgeschlagen, am bisherigen Standort neu gebaut wird?“
Um die nötigen Unterschriften zu sammeln, haben die Umweltschützer ihre Listen in zahlreichen Geschäften der Stadt ausgelegt. Zudem wollen sie auch auf größeren Veranstaltungen um Unterstützer werben: etwa beim verkaufsoffenen Sonntag in Friedrichshafen am 16. Oktober oder bei einer Fridays-for-Future-Demonstration am 23. September. Auf ihrer Facebook-Seite wollen sie über den Verlauf ihrer Aktionen berichten.
Hat das Begehren Erfolg, ist der Neubau auf der grünen Wiese allerdings noch nicht verhindert. Dann kommt es zum Bürgerentscheid. Nach Angaben des Landes Baden-Württemberg muss sich dann eine Mehrheit von mindestens 20 Prozent der Stimmberechtigten für das Anliegen aussprechen, das sind gut 10.000 Personen. „Da werden wir wohl auch noch Klinken putzen müssen“, vermutet Marian Riederle. Christine Kaptein gibt sich aber positiv: „Es ist doch schön, sich für etwas einzusetzen.“ Wird das Quorum beim Entscheid nicht erreicht, muss erneut der Gemeinderat über die Angelegenheit entscheiden.