So hatte sich Marion Morcher das eigentlich nicht vorgestellt. Keine Debatte, keine Statements, nur eine Frage: Sang- und klanglos lehnte der Finanz- und Verwaltungsausschuss vor Wochenfrist den Antrag der Fraktion ÖDP/parteilos ab, auf das Feuerwerk beim Seehasenfest künftig zu verzichten. Stattdessen könnte die Stadt doch mit einer Laser- oder Drohnenshow für Wow-Effekte sorgen, so der Vorschlag.
Keine sachliche Abwägung möglich
Doch nicht nur die Unlust ihrer Ratskollegen, sich damit auseinanderzusetzen, ärgert die ÖDP-Stadträtin. Sie wirft der Stadtverwaltung vor, eine „verlogene und manipulative Vorlage“ auf den Tisch gepackt zu haben. Die ließ keine sachliche Abwägung des Antrags zu, sagt sie. „Uns ging es hauptsächlich um die schädlichen Auswirkungen auf die Tier- und Umwelt. Darauf wurde so gut wie gar nicht eingegangen“, schimpft die Stadträtin.

Das Rathaus kam in dem Papier zu dem Fazit, dass es derzeit keine Alternative zum traditionellen und sehr beliebten Feuerwerk gebe. Drohnen- oder Lasershow seien zu teuer „und erzeugen in der Regel einen höheren ökologischen Fußabdruck als das Feuerwerk“, stand da zu lesen. Das behauptet zumindest ein Feuerwerker, der im Auftrag der Stadt für das Funkenspektakel sorgt. Die Materialien für die Feuerwerkskörper seien zum Teil biologisch abbaubar, womit „die Belastung für den See und die dort lebenden Tiere möglichst gering bleibe“, stand da zu lesen.
Umweltfreundlich? Es sei verständlich, dass die Firma Fireevent das so darstelle. „Jedoch erinnert die unhinterfragte Übernahme dieser Darstellung durch die Stadt an das Vertrauen in Dr. Marlboro‘s Aussage über die Unschädlichkeit des Rauchens“, kommentiert Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH) mit Sitz in Radolfzell, auf Anfrage.
Schwermetalle im Einsatz
Fest steht für ihn: Beim Abbrennen von Feuerwerkskörpern entstehe Feinstaub, der besonders für vorerkrankte Personen gefährlich sein kann. Für Pyrotechnik werden laut DUH nach wie vor Schwermetalle wie Kupfer oder Barium für die blaue oder grüne Farbe standardmäßig verwendet. Verstärkt durch den Zusatz des Kunststoffes PVC, würden dann bei der Verbrennung wiederum hochgiftige Dioxine freigesetzt. Da das Feuerwerk über dem See stattfindet, gelangten diese Stoffe direkt ins Wasser.

Für Jürgen Resch ist es in Zeiten der Klimakrise mit Trockenheit und niedrigen Wasserständen unverantwortlich, im Hochsommer Brände durch Funkenflug zu riskieren, so wie es die Stadt Friedrichshafen wieder plane. Der DUH-Chef verweist auf Brände, die während eines Feuerwerks von „Rhein in Flammen“ im vergangenen Jahr entfacht worden sind.
Umweltschädlich und laut
Feuerwerke seien außerdem nicht nur umweltschädlich, sondern auch extrem laut. Gerade in der Brutzeit vieler Vögel entlang des Bodensees könne dies katastrophale Auswirkungen haben. „Vögel leiden bei Feuerwerk unter Panikreaktionen, fliegen bis zu 500 Kilometer weit und kehren manchmal nicht zu ihren Brutplätzen zurück.“

So argumentiert auch die BUND-Ortsgruppe Friedrichshafen und beruft sich auf eine Studie, die den Effekt von Feuerwerken am See unter anderem mit Nachtsichtgeräten untersucht hat. Ein acht Minuten dauerndes Feuerwerk habe demnach etwa 95 Prozent der anwesenden 4000 Wasservögel aus einem Naturschutzgebiet verscheucht – und das für mehrere Tage. Während der Brutzeit bedeute das den Tod vieler Jungvögel in den verlassenen Nestern. Solche Argumente fehlten in der Sitzungsvorlage, bemängelt Brigitte Wallkam vom BUND. Deshalb sei sie „unvollständig und für die Debatte ungeeignet“ gewesen.
Gegenmeinung fehlt
Die „einseitigen Informationen“ kritisiert der BUND laut Mitteilung aber auch in einer anderen Hinsicht. Wenn ein Feuerwerker zu Wort komme, hätte man auch die Gegenmeinung von Unternehmen einholen müssen, die Laser- oder Drohnenshows anbieten. Andere Gemeinden hätten solche Alternativen für sich entdeckt. „Spaß auf Kosten der Umwelt ist immer ein schlechter Spaß“, findet Thomas Philipp, Vorsitzender des BUND Friedrichshafen.
Dass die Stadt das Feuerwerk als „emotionalen Höhepunkt“ mit touristischer Bedeutung und als Teil der Tradition verteidigt, zieht bei Jürgen Resch nicht mehr. „Veraltete Traditionen sollten sich weiterentwickeln, um zeitgemäße Werte widerzuspiegeln“, meint der DUH-Chef. Er appelliere an die Stadt, eine zukunftsorientierte Entscheidung zu treffen und auf ein Seehasenfest-Feuerwerk zu verzichten. „Eine Drohnenshow könnte nicht nur eine umweltfreundlichere, sondern auch eine faszinierende Alternative sein, die Tradition mit modernen Werten verbindet“, meint er.