Ja, in dieser Werkstatt wird geschafft. Nicht mal eine Kaffeetasse hat Platz auf einem der Tische. „Wir räumen nach der Fasnet auf“, sagt Jogi Weiß lachend. Bis zum Aschermittwoch hat er eben alle Hände voll zu tun.

Jürgen Weiß, den alle nur Jogi nennen, ist der Herr der Masken hier in der Region. „Nein, ich bin kein Maskenschnitzer“, kokettiert der Mittfünfziger mit seinem Beruf, wohl wissend, dass genau das seine Profession, sein Alleinstellungsmerkmal unter den Schreinermeistern und Holzbildhauern in Oberschwaben ist. Beide Qualifikationen kann er vorweisen. Aber gut fünf Monate pro Jahr ist Jogi Weiß fast nur in närrischer Angelegenheit unterwegs. Dann stehe er Tag für Tag üblicherweise zu nachtschlafender Zeit auf und schafft in seiner Holzwerkstatt, bis es längst wieder dunkel ist. „Da kommen locker mehr als 2000 Stunden zusammen“, sagt er. Zum Vergleich: Rund 1900 Arbeitsstunden pro Jahr arbeitet ein Angestellter in einer 40-Stunden-Woche…

Rund 7000 Masken habe er in seinem Leben bisher „Pi mal Daumen“ hergestellt, sagt Jogi Weiß, der das schon seit 27 Jahren gewerblich macht und damit einer der wenigen professionellen Maskenschnitzer im Südwesten ist. Er kreierte gruselige Köpfe, die Hexen und Fabelwesen, Affen, Wölfen und sogar Wildschweinen im närrischen Häs ein Gesicht geben. Mehr als 170 verschiedene Masken hat er in seinem Repertoire, wobei gut die Hälfte auch von ihm ausgedacht ist, wobei er viele Ideen aus einem wunderschön illustrierten Märchenbuch zieht. So schuf er in den vergangenen Monaten den Fuhrmann, eine neue Figur der Teuringer Johle, die gerade ihre Premiere feierte.

Nicht nur die Oberteuringer Zunft, sondern zirka 80 Narrenvereine in der Region und weit darüber hinaus bedienen sich der Kunstfertigkeit des Schreinermeisters aus Oberhofen. Er schnitzt Masken für die Buchhornhexen und die Tettnanger Feuerhexen, für die Kogenmale in Obereisenbach oder die Waldteufel in Kau, für die Oberdorfer Hopfenweiber und die Narrenzunft Immenstaad-Siedlung. Kein Wunder, dass bei Umzügen hier in der Region „zwei Drittel bis die Hälfte der Masken aus meiner Werkstatt sind“, sagt Jogi Weiß nicht ohne Stolz. Das bedeutet auch, dass er für die Maskenträger der Fasnet einen Notdienst anbietet. Wenn eine Maske kaputt geht, repariert er sie bei Bedarf sogar über Nacht, „ohne das wir uns sehen“, so Jogi Weiß. „Die Maskenträger wissen, wie das funktioniert“, sagt er schmunzelnd.

Schon von Kindesbeinen an sei ihm klar gewesen, dass er Schreiner werden möchte, erzählt Jogi Weiß, während er mit dem „Geißfuß“, einem speziellen Beitel, tiefe Furchen in das Holz einer Totenkopfmaske schneidet. „Schnitzen ist für mich alles“, sagt er. Bereits sein Urgroßvater Matthäus Schindele war Schnitzer. Dazu kam eine enge Verbundenheit zur Fasnet schon als Narrensamen. Weil er nicht länger mit einer Plastikmaske auf die Straße wollte, habe er als Zwölfjähriger eine aus Pappmaché hergestellt. Die gefiel seinen Freunden so gut, dass er mehrere bastelte und sie für zwei Mark das Stück verkaufte.

Bis heute sei er ein „totaler Fastnachter“, sagt Jogi Weiß, auch wenn er selbst nur noch zwei Mal pro Saison mitspringt – als Mehlsackbohle bei der Ravensburger Fasnet, eine von ihm geschaffene Einzelfigur. Und doch ist er bei vielen Umzügen anzutreffen – weil er sie moderiert. „Ich kenne die meisten Zünfte, Vorstände und Masken sowieso“, erklärt der Schreinermeister, der schwätzt, wie ihm der Schnabel gewachsen ist. Selbst ist er Mitglied bei d' Schwende-Marie in Grünkraut und beim Maierhöfener Wolfsrudel.

Und was macht Jogi Weiß, wenn die Fasnet herum ist? Dann ist er wieder mehr Schreinermeister und etwas weniger Maskenschnitzer. Doch närrisch geht es in seiner Werkstatt das ganze Jahr über zu. Bei Mitarbeitern, die in Heimarbeit schaffen, und oben in der „Puppenstube“ entstehen die Narrenpuppen – etwa 50 verschiedene Figuren, 25 Zentimeter groß, die dem Häs der jeweiligen Gruppe originalgetreu nachgebildet sind. In reiner Handarbeit – bis zur korrekt geknüpften Karbatsche – fertigt er rund 500 davon jedes Jahr, „seit 1993 zum gleichen Preis“. Obendrein stellt Jogi Weiß nicht nur die kleinen Narrenorden her, sondern auch die Holzschuhe, die gerade viele Hexen tragen, oder Fell-Clogs. Und wenn der Sommer vorbei ist, stehen schon wieder die ersten Zunft-Verantwortlichen auf der Matte, um Masken nachzubestellen oder sich eine neue von Jogi Weiß kreieren zu lassen.