Herr Blümcke, Sie schauen bei ZF im Aufsichtsrat der Krise ins Auge. Wie beurteilen Sie die wirtschaftliche Lage?
Wir haben nicht eine Krise, wir haben mehrere. Nachwirkungen von Corona sind noch wahrnehmbar, Lieferkettenstörungen hemmen immer noch. Es folgte die Energiekrise, die gerade im energieintensiven Metallbereich zu massiven Belastungen führt. Dazu kommen noch viele weitere Probleme im Automotivsektor, Regulierungen und vieles mehr. Das wäre schon genug. Und dann kommt ein amerikanischer Präsident noch auf die Idee, eine Zollkrise auszulösen. Ein Weltkonzern wie ZF ist davon betroffen.
Wie verstehen Sie Ihre Rolle als Mitglied des Aufsichtsrats bei der ZF AG, die zu 93,8 Prozent der Zeppelin-Stiftung gehört und bei der Sie im Stiftungsrat den Vorsitz innehaben?
Zu meiner Funktion als Mitglied des Aufsichtsrats habe ich ein klares Rollenverständnis. Ich werde mich operativ nicht einmischen, wohl aber bin ich in meiner Aufsichts- und Überwachungspflicht stark gefordert. Das nimmt gerade einen wesentlichen Teil meiner Arbeitskraft in Beschlag.

Viele Jahrzehnte flossen hohe Millionenbeträge als Dividendenzahlungen von ZF und Zeppelin GmbH in die Zeppelin-Stiftung. Etwa 84 Millionen Euro braucht diese für die Finanzierung von Kitas, Sozialem, Kulturprojekten und vieles mehr. Ist eine Dividende in dieser Höhe künftig nicht eine Utopie?
Die Dividendenfähigkeit von Zeppelin und ZF ist gegeben. Die Zeppelin GmbH ist sehr erfolgreich. Bei ZF haben wir gerade im wirtschaftlichen Umfeld große Probleme – wir werden aber hier alles, was aktienrechtlich zulässig ist, auch tun.
Was heißt das genau?
Ein Stichwort ist Kontinuitätsdividende oder eingeschränkte Dividendenzahlung. Klar ist: Das Dividendenniveau wird erheblich zurückgehen, das haben schon die Vorjahre gezeigt. Genau das löst all die Probleme aus, die wir im Stiftungshaushalt haben. Vor dem Hintergrund können wir uns in Friedrichshafen künftig weniger leisten als bisher.
Wäre es für Stadt und ZF besser, zur alten Regelung zurückzukehren und eine fixe Dividende pro Jahr zu vereinbaren – unabhängig vom Geschäftserfolg?
Darüber kann man diskutieren. Nur alle Kraft gilt es jetzt dafür einzusetzen, dass es ZF wirtschaftlich wieder besser geht. Derzeit haben wir die Möglichkeit, mit den reduzierten Kontinuitäten zu argumentieren.
Bereits in den vergangenen zwei Geschäftsjahren war die Höhe der ZF-Dividende nicht am Geschäftserfolg bemessen. Nach einer Nullrunde im Geschäftsjahr 2020 und 111,3 Millionen für 2021 gab es für die Geschäftsjahre 2022 und 2023 jeweils nur 38,3 Millionen von ZF für die Stiftung.
Das ist so. Wir werden die Dinge nutzen, die uns zur Verfügung stehen. Aber es führt immer dazu, dass es erheblich weniger sein wird.

Bislang war ein ZF-Börsengang auch in Teilen für die Stadt Friedrichshafen indiskutabel, um dringend nötiges Kapital zu bekommen. Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer hat immer wieder dazu geraten, um die Liquidität von ZF zu erhöhen. Wie schauen Sie darauf?
Das ist eine Scheindiskussion. Wir haben genug Verunsicherung an den Märkten und in der Firma selbst. Wir müssen doch ganz nüchtern konstatieren: Börsengänge funktionieren nur im wirtschaftlich erfolgreichen Umfeld – und das haben wir nicht. Vor dem Hintergrund beteilige ich mich an diesen Spekulationen nicht. Es bleibt dabei: ZF ist ein Stiftungsunternehmen.
Wie steht es in der juristischen Auseinandersetzung um die Zeppelin-Stiftung mit Albrecht von Brandenstein-Zeppelin, der versucht, Einfluss auf die Zeppelin-Stiftung zu erlangen? Hat er sich bei Ihnen schon gemeldet?
Ich habe von Herrn Brandenstein-Zeppelin eine Weihnachtskarte bekommen und mich darüber gefreut. Darüber hinaus gibt es keinen Kontakt. Denn wir begegnen uns leider weiterhin vor Gericht. Das finde ich bedauerlich. Zuletzt hat das Amtsgericht Tettnang Ende September 2024 einen Antrag Brandenstein-Zeppelins auf Bestellung eines Notvorstands zurückgewiesen. Dagegen hat die Gegenseite Beschwerde eingelegt. Nun wird die Sache vor dem Oberlandesgericht Stuttgart neu verhandelt. Mein Rat ist: Wenn Herr Brandenstein-Zeppelin reden will, dann sollte er das besser außerhalb von Gerichtssälen tun.