Seit mehr als zwei Wochen sind in Baden-Württemberg die Schulen geschlossen. Während die meisten Kinder seither mit Aufgabenblättern und Arbeitsmaterialien zu Hause den Schulstoff bestreiten, wurde für Schulkinder, deren Eltern in sogenannten systemkritischen Berufen arbeiten, eine Notbetreuung eingerichtet. In Friedrichshafen gibt es Gruppen an der Grundschule Ailingen, am Schulzentrum Schreienesch, an der Grundschule in Fischbach und an der Bodenseeschule.

In Ailingen werden jeden Tag im Schnitt sechs Kinder in der Schule betreut. Neben Schülern der Grundschule seien darunter auch Geschwisterkinder. „Die Altersspanne reicht damit von vier Jahren bis zur fünften Klasse“, sagt Grundschulrektorin Sarah Fesca über die Notbetreuung. Die Gruppe sei „ganz bunt gemischt“ – für Kinder, Lehrer und Betreuer eine ungewohnte Situation.
Während es für die Homeschooling-Kinder Lernpäcken gibt, die Lehrer mit Schülern und ihren Eltern telefonisch oder per Mail kommuniziert oder Erklärvideos für wichtige Lerninhalte verschicken, werden die Kinder in den Notgruppen vor Ort vormittags von Lehrern unterrichtet. Nachmittags übernimmt der Betreuungsverein Friedrichshafen. Die Notbetreuung wird auch in den Ferien aufrechterhalten. Kommende Woche werden noch vier Kinder in der Grundschule Ailingen betreut, in der zweiten Woche benötigt man kein Angebot.
Lehrer kochen für Schüler
An der Grundschule in Ailingen wird für die Kinder der Notbetreuung inzwischen jeden Tag vor Ort frisch gekocht. Anfangs habe es von der ZF Gastronomie, die die Schule normalerweise mit Essen beliefert, noch Lunchpakete gegeben. Die ZF Gastronomie ist nach Angaben des Unternehmens allerdings seit 23. März aufgrund der Corona-Krise in Betriebsruhe. „Wir haben großes Glück, dass die Lehrer der Realschule – denen an der Schule eine Küche zur Verfügung steht – sich bereit erklärt haben, für die Schüler zu kochen“, sagt Rektorin Sarah Fesca auf SÜDKURIER-Anfrage. Die Lehrer machen das ihren Angaben zufolge mit viel Liebe – und den Kindern schmeckt es.
Auch in Fischbach wird seither in der Schulküche gekocht. Da sich von heute auf morgen die Situation geändert habe, sei eine lange Vorbereitung nicht möglich gewesen. Die Lösung: „Wir erstellen für die Woche einen Speiseplan, bestellen die Lebensmittel im Supermarkt, diese hole ich dann ab und bringe sie in die Schule“, sagt Rektorin Christine Waggershauser. Das Essen werde von zwei Frauen aus dem Team in zwei unterschiedlichen Küchenzeilen zubereitet, die Kinder essen auch nicht alle zusammen, sondern in ihren Kleingruppen, sagt die Schulleiterin über die Vorsichtsmaßnahmen in Corona-Zeiten.

Neun Kinder sind in Fischbach in der Notbetreuung, vier Kinder zudem prophylaktisch angemeldet, falls sich die Corona-Krise weiter zuspitzt und die Eltern eine Betreuung in Anspruch nehmen müssen. „Wenig Kinder als sonst in der Schule, da könnte man meinen, das flutscht alles. Allerdings sei die Situation schon außergewöhnlich“, so Waggershauser. Sie lobt allerdings die Kinder: „Sie machen das toll, haben es schon total verinnerlicht, dass sie regelmäßig die Hände waschen und Abstand halten.“
An der Gemeinschaftsschule Schreienesch geht die Notbetreuung in den Ferien ebenfalls weiter. „Es haben sich bereits viele Lehrer gemeldet, die sich dafür zur Verfügung stellen. Das ist sehr wertvoll für uns“, sagt Schulleiter Kai Nopper. Spürbar sei auch: „Die Kinder sind froh, dass sie kommen dürfen.“ Es gebe ihrem Tag Struktur und erlaube zumindest ein bisschen Kontakt zu anderen Kindern – wenn auch eingeschränkt. Auch neue Medien kommen in ihrem Alltag zum Einsatz. „Wir hatten beispielsweise eine Videokonferenz mit der Wissenswerkstatt.“

Die Kinder haben sich mit Magnetismus beschäftigt. Das Material dafür wurde morgens angeliefert und der Kurs fand dann per Video statt. „Dann wird das Material wieder abgeholt, desinfiziert und geht zur nächsten Schule“, so Kai Nopper. Der Betreuungsverein bereitet in der Lehrküche der Schule für die Kinder ihr Mittagessen zu. Pfannkuchen mit Apfelmus habe es schon gegeben, auch Sandwiches habe man schon zubereitet. „Ich habe für die Schüler auch schon gekocht, es gab Kässpätzle“, sagt der Schulleiter. So hangle man sich von Tag zu Tag und den Kindern schmecke es. „Wir sitzen zwar weit verteilt im Raum, trotzdem nimmt das gemeinsame Mittagessen eine wichtige Rolle im Schulalltag ein.“
Jutta Widmaier, Leiterin des Ganztagsbereichs an der Bodenseeschule und zuständig für die Notbetreuung, berichtet: „Vier statt sonst mehr als 1000 Schüler auf dem Schulgelände – das ist natürlich eine ganz andere Situation.“ An der Schule arbeite man mit vier Schülern aus den Klassen zwei bis sechs momentan in einer kleinen Gruppe und diese sei sehr harmonisch. „Die Kinder werden mit Aufgaben versorgt und arbeiten an der Schule dann mit pädagogischen Mitarbeitern der Ganztagsbetreuung – auch in den Ferien.“ Gemeinsam mit den Schülern überlege man sich auch das Programm abseits des Unterrichts. „Die Kinder genießen die 1:1-Betreuung sehr“, sagt Jutta Widmaier.

Mehr als 1000 Schüler arbeiten in der Zwischenzeit zu Hause die Aufgaben ab. „Die Rückmeldungen sind auch hier sehr positiv“, sagt Jutta Widmaier über eine Befragung unter den Eltern. Die Zeit bis zu den Osterferien konnte gut überbrückt werden. Die größten Herausforderungen seien noch die digitalen Möglichkeiten, damit alle Kinder an ihre Schulmaterialien kommen. Und wenn die Schulen auch nach den Ferien noch geschlossen bleiben müssen? „Wenn es länger geht, wird es sicherlich für viele Familien eine große Herausforderung.“