Kerstin Mommsen, Corinna Raupach, Katy Cuko und Sabine Wienrich

Alle Eltern, die schulpflichtige Kinder haben, kämpfen derzeit an der „Homeschooling-Front“ und leicht ist das für alle Beteiligten nicht. Arbeitszeiten müssen eingehalten, Aufgabenblätter abgearbeitet und erledigte Arbeiten korrigiert werden. Dabei ist es höchst unterschiedlich, wie verschiedene Schulen in der Region und ihre Lehrer mit dem Thema umgehen. Ein Überblick:

Karl-Maybach-Gymnasium

Zwar brauchen Familien einen Computer und Internet, damit ihre Kinder an das Unterrichtsmaterial kommen, aber digitaler Unterricht sieht anders aus. Am KMG bekommen die Elternvertreter die Schulaufgaben von den Fachlehrern und leiten sie per E-Mail an die Eltern weiter. Die drucken wöchentlich fast ein Pfund Seiten aus, die die Schüler bearbeiten sollen. „Ich finde es gut, dass wir Aufgaben bekommen, manches sollte genauer erklärt werden. Manches versteht man auch besser, wenn man es sich selbst beibringen muss. Aber man weiß am Ende nicht, ob man es richtig gemacht hat“, sagt die 15-jährige Elgin, die normalerweise die zehnte Klasse besucht. Sie kritisiert den hohen Papier- und Tonerverbrauch. „Wir sind eigentlich eine Öko-Schule. Und man müsste sich Gedanken machen wie das in sozial schwachen Familien ist.“ Ihr tut es gut, im eigenen Rhythmus zu lernen. „Ich lerne am besten abends – und morgens kann ich ausschlafen.“

Einen ganzen Stapel Schulaufgaben müssen die Schülerinnen und Schüler der zehnten Klasse am KMG bearbeiten.
Einen ganzen Stapel Schulaufgaben müssen die Schülerinnen und Schüler der zehnten Klasse am KMG bearbeiten. | Bild: Corinna Raupach

Realschule Ailingen

Janne ist Sechstklässer an der Realschule Ailingen. Auch er lernt lieber zu selbstgewählten Zeiten. „Das geht einfach besser, als wenn man morgens hundemüde ist“, sagt er. Er kommt mit dem Pensum gut zurecht, findet es in einigen Fächern aber zu viel. „Ich glaube, das ist das, was die Lehrer sich für eine Stunde vornehmen, aber in der Schule schaffen sie das gar nicht“, sagt er. Sein Klassenlehrer hat sich mit einer Mail an die Eltern gewandt, um die Möglichkeiten für digitales Unterrichten abzufragen. Am Freitag soll der erste Testlauf für eine digitale Deutschstunde stattfinden. Die Realschule Ailingen hat auf ihrer Homepage einen Button „Coronaarbeitsmaterial“ eingerichtet. Dort stellen die Lehrer Lernstoff und Aufgaben bereit, jeder Schüler kann mit einem Passwort sein Arbeitspensum abrufen. Andere holen es direkt in der Schule ab. In den Hauptfächern verlangen die Lehrer wöchentliche Arbeitsproben per E-Mail oder Handyfoto. Über die Elternvertreter bekommen die Familien zudem regelmäßig Informationen der Schulleitung zu anstehenden Prüfungen, aber auch Bewegungstipps oder Anlaufstellen für Krisensituationen.

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Talschule Oberteuringen

Blauer Mathe-Flo, Blubberblasenbuch oder Lernwörterheft: Emily und ihre Mitschüler der F3 an der Teuringer Talschule haben sämtliche Arbeitsmaterialien am letzten Schultag mit nach Hause genommen. Was täglich zu erledigen ist, schreibt Klassenlehrerin Stefanie Fuchs den Kindern seither in den „Homeoffice“-Wochenplan, der jeden Sonntag im Mailpostfach der Eltern landet. „Für mich als Lehrerin ist es eine außergewöhnliche Situation“, sagt die Grundschullehrerin. Für den Wochenplan ihrer Erst- und Zweitklässler das richtige Maß zu finden, was Eltern und Schülern zumutbar ist, sei nicht ganz so einfach.

Auch Emily und ihre Mitschüler sind im „Homeoffice“: Sie bekommen von ihrer Klassenlehrerin per Mail einen Wochenplan.
Auch Emily und ihre Mitschüler sind im „Homeoffice“: Sie bekommen von ihrer Klassenlehrerin per Mail einen Wochenplan. | Bild: Cuko, Katy

Bedenken bleiben, ob die Inhalte auch verstanden werden. Und die technische Ausstattung der Schule biete nur wenig Unterstützung, um mit den Schülern auch medial in Kontakt zu bleiben. „Ich bin gespannt, wie die Kinder aus der Krise zurückkommen“, sagt Stefanie Fuchs. Damit meint sie nicht nur die Ergebnisse des Homeschooling, sondern vielmehr ihre emotionale Verfassung nach der Zwangspause. „Man unterschätzt, wie sehr die Schüler ihre Mitschüler vermissen und das gemeinsame Spiel. Vermutlich haben wir da in der ersten gemeinsamen Zeit viel Nachholbedarf.

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Montfort-Gymnasium-Tettnang

Die Arbeitsaufträge für alle Fächer kann sich der zehnjährige Paul im Internet herunterladen. Dafür hat die Schule eine Cloud eingerichtet, auf die Schüler und Lehrer zugreifen können. Der Umgang damit ist je nach Fach unterschiedlich. Während es Lehrer gibt, die am Anfang der Schulschließung ihre Arbeitsblätter hochgeladen und seither nichts Weiteres eingestellt haben, gibt es auch Lehrkräfte, die immer wieder ihre Aufgaben aktualisieren, Lösungen einstellen oder sich direkt an die Kinder wenden. „Es ist schon gewöhnungsbedürftig“, erzählt der Fünftklässler.

Der zehnjährige Paul lädt seine Aufgaben aus dem Internet herunter und arbeitet fleißig jeden Morgen.
Der zehnjährige Paul lädt seine Aufgaben aus dem Internet herunter und arbeitet fleißig jeden Morgen. | Bild: Mommsen, Kerstin

Für Schüler und Eltern ist diese Homeschooling-Lösung etwas kompliziert, weil täglich geschaut werden muss, ob es Aktualisierungen gibt. Und jedes Mal muss alles neu ausgedruckt werden. Wie das Eltern machen, die zuhause keinen Drucker haben, bleibt unklar. Die direkte Ansprache an die Kinder gibt es nicht – Videotelefonate oder -Konferenzen sind nicht vorgesehen.

Grundschule Fischbach

Schneckenheft, Hundeheft, blaues Flo, rotes Flex, Arbeitsblätter XYZ – vor Erstklässlerin Mieke (6 Jahre) und ihre großen Schwester Liselotta (8 Jahre, 2. Klasse) liegen stapelweise Grundschul-Lernmaterialien. Die Arbeitshefte, Fibeln und Bücher haben die Grundschülerinnen am letzten Schultag tapfer nachhause geschleppt. Dazu bekamen sie mehr als ein dutzend Arbeitsblätter, Lernideen und Basteltipps für die kommenden Wochen. Das Ganze gab es als Paket der Lehrerinnen – inklusive Homeschooling-Wochenpläne – obendrauf. Angefüttert wird das Ganze durch E-Mails der Lehrkräfte, mit Tipps, Links zu Lernplattformen wie „Anton“ oder „Antolin“. Dazu gibt es beispielsweise Videos mit Zahlenliedern oder Erklärungen für Matheaufgaben. In einer Parallelklasse gab es Buchpräsentation per Videokonferenzen, in Musik dürfen die Kinder mit ihrem Instrument zuhause Stücke einüben und der Lehrerin Videos schicken. Schule in Zeiten von Corona – das fordert nicht nur Eltern, sondern fördert auch die Kreativität von Lehrern und Kindern. Zwei Dinge sind allerdings klar: Grundschulkinder brauchen noch viel Hilfestellungen und Motivation. Von „alleine“ läuft hier also gar nichts. Und: Eltern sind keine Lehrer. Und müssen auch nicht zu welchen werden. Das ist zum Glück allen Beteiligten klar.

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Deshalb gab es gleich zu Beginn aufmunternde, verständnisvolle Worte der Lehrerinnen in Richtung Eltern und Kinder, nach dem Motto: Alles darf, nichts muss. Lieber lachende, fröhliche Kinder als Stress zuhause, weil es mit dem Lernen nicht klappt. „Wenn ich mal Lust habe, nur einen Morgen Mathe zu machen und kein Deutsch, darf ich das“, sagt Liselotta, „das hol ich dann einfach wann anders nach.“ Ihre Schwester Mieke pflichtet ihr bei: „Eigentlich gar nicht so schlecht, die Schule zuhause.“ Ein bisschen langweilig wird es den beiden dann doch manchmal. Deshalb sind nun zwei neue Familienmitglieder eingezogen: zwei Tablets. Bisher gibt es darauf nur „Anton“ mit tollen Rechenspielen und „Antolin“, eine Leseapp. Sollte das Homeschooling-Projekt aber noch länger dauern, werden die beiden Schwestern sicher noch entdecken, was sich mit den Dingern noch so alles machen lässt.

Elektronikschule Tettnang

Die beiden Lehrer Martin Rösner und Kerstin Wattenbach bemühen sich, so gut es geht, Kontakt mit ihren Schülern zu halten. Eine Möglichkeit ist die Bildungsplattform „Moodle“, die jede Schule selbst gestalten kann. „Wir nutzen diese Open-Source-Plattform schon seit vielen Jahren, daher waren wir auf diese Situation gut vorbereitet“, erklärt Mathelehrer Martin Rösner.

Martin Rösner ist ebenfalls Lehrer an der Elektronikschule. Er benutzt die Open-Source-Plattform Moodle, um mit seinen Schülern in ...
Martin Rösner ist ebenfalls Lehrer an der Elektronikschule. Er benutzt die Open-Source-Plattform Moodle, um mit seinen Schülern in Kontakt zu bleiben und lädt sogar Erklärvideos hoch. | Bild: Mommsen, Kerstin

Die Schüler können sich anmelden und sehen nach Kursen sortiert die Inhalte, die sie lernen müssen. „Dazu können wir dann Arbeitsblätter, Filme, Animationen und sogar eigene Videos hochladen“, erklärt der Lehrer. Er arbeitet entspannt vom Sofa aus und kann sehen, welche Fortschritte die Schüler machen. Ab und zu macht er sogar eigene Erklärvideos selbst und steht so dann virtuell an der Tafel.

Matheunterricht geht auch virtuell Video: Mommsen, Kerstin

„Beim Homeschooling ist es wie im normalen Schulleben auch: Manche machen toll mit, andere eher nicht“, erklärt Martin Rösner lachend. Berufsschullehrerin Kerstin Wattenbach stellt ihren Schülern per E-Mail die Kurse bereit. Zusätzlich hat sie nun aber auch begonnen, Videokonferenzen mit den Schülern zu machen. „Das ist ein freiwilliges Angebot, aber es ist eine tolle Möglichkeit, Fragen zu beantworten und einfach in Kontakt zu bleiben“, erzählt sie. Die Schüler nehmen die Videoschalten zunehmend an.

Kerstin Wattenbach ist Lehrerin an der Elektronikschule in Tettnang. Sie bleibt mit ihren Schülern in Kontakt, sogar mit Videoschalten, ...
Kerstin Wattenbach ist Lehrerin an der Elektronikschule in Tettnang. Sie bleibt mit ihren Schülern in Kontakt, sogar mit Videoschalten, die allerdings freiwillig sind. | Bild: Mommsen, Kerstin

Sogar Konferenzen mit 50 Teilnehmern sind mit dem Tool „Big Blue Button“ mittlerweile möglich. Zusätzlich sind die Lehrer natürlich auch per E-Mail erreichbar und korrigieren auch Aufgaben, wenn die Schüler sie ihnen zuschicken. „In dieser Situation müssen wir alle kreativ sein, aber es geht gut, wenn man es will“, sagt Kerstin Wattenbach.

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