Als Simon Blümcke an frühen Freitagabend ans Mikrofon tritt, stehen die letzten Gäste zwischen Tür und Angel im Café Gessler. Drinnen ist kein Platz mehr. Eigentlich hatte der 49-Jährige seinen Wahlkampfauftakt auf dem Rathausplatz geplant. Doch die Wetterprognose machte einen Strich durch die Rechnung. So empfing er jeden Interessierten per Handschlag an der Tür samt Visitenkarte mit Handynummer und einer Tüte Gummibärchen.

Vor der Veranstaltung begrüßte Simon Blümcke jeden Gast.
Vor der Veranstaltung begrüßte Simon Blümcke jeden Gast. | Bild: Cuko, Katy

Mit Leuten ins Gespräch kommen, das ist für den OB-Kandidaten eine leichte Übung. Seit 21 Jahren ist Simon Blümcke Bürgermeister. Seine erste Wahl 2003 sorgte für Furore. Bis der damals 28-Jährige im Hagnauer Rathaus saß, waren vier Wahlgänge nötig. Nach zahlreichen Querelen stand Blümcke im dritten Wahlgang gar nicht auf dem Stimmzettel und gewann die Wahl trotzdem. Acht Jahre später wurde er mit knapp 96 Prozent der Stimmen im Winzer- und Fischerdorf im Amt bestätigt, ein Traumergebnis. Seit 2015 ist er Erster Bürgermeister in Ravensburg. Warum will der Mann jetzt Oberbürgermeister in Friedrichshafen werden?

Entscheidungen auch umsetzen

„Ich mache das nicht für mich, ich mache das für Sie“, ist einer der ersten Sätze, die Simon Blümcke in seiner knapp halbstündigen Rede sagt. Er baue gern Brücken zwischen Menschen, will in dieser Stadt etwas bewegen. Der OB-Kandidat verweist auf seine 21 Jahre Erfahrung und verspricht, Entscheidungen auch umzusetzen. „Was nicht zur Tat wird, hat auch in Friedrichshafen keinen Wert.“ Es war nicht die letzte Anspielung auf den gefühlten Stillstand in der Stadt, weil zuletzt die meisten Projekte im Planungsstadium stecken geblieben sind.

Das könnte Sie auch interessieren

An diesem Abend will Blümcke „keinen oberflächlichen Ritt durch den kommunalpolitischen Gemüsegarten“ abliefern, sondern erste Ideen zu zwei Themengebieten. Dass er neben Wirtschaft und Bildung noch andere Schwerpunkte im Blick hat, zeigt das große, beschreibbare Banner, das hinter ihm hängt. Die kommen bei späteren Veranstaltungen dran.

Gäste der Veranstaltung konnte mit Klebepunkten ihre Schwerpunkte auf dem Banner markieren oder Ideen aufschreiben.
Gäste der Veranstaltung konnte mit Klebepunkten ihre Schwerpunkte auf dem Banner markieren oder Ideen aufschreiben. | Bild: Cuko, Katy

Zur Wirtschaft in Friedrichshafen könne man die Uhr danach stellen, bis zum ersten Mal die Stiftungsunternehmen genannt werden, sagt er. Doch er beginnt, über den Mittelstand zu reden und wie wichtig der als „Anker wirtschaftlicher Stabilität“ sei. Bürokratie-Abbau? Selber tun, sagt Blümcke, und würde Handwerker-Parkausweise nur noch digital und gleich für drei Jahre ausgeben. Weil er die Handwerker lieber auf der Baustelle als im Rathaus sieht.

Gründerwettbewerb für Innenstadt

Und er würde einen Gründerwettbewerb ausschreiben, um gute Ideen für Einzelhandel und Dienstleistungen in der City zu generieren. Preisgeld könnte der Mietzuschuss für einen Häfler Laden sein. Die Innenstadt müsse „immer wieder auch ein Ort für Neues sein“. Es brauche mehr solcher Pop-up-Angebote wie die Minibar auf dem Kirchplatz. Nicht zuletzt sei er Fan von Bundes- oder Landesgartenschauen, weil sie langfristig Projekte bündeln, die dann nicht mehr im Schreibtisch verschwinden, wenn sie einmal beschlossen sind.

Das könnte Sie auch interessieren

Trotzdem: Wie würde es OB Blümcke mit den Stiftungsbetrieben halten? „Ich werde immer Ihr OB der Stadt sein und eben nicht der Super-Chef von ZF und Zeppelin. Es gibt und gab keinen ‚Superman“, der das kann“, verspricht der Kandidat ein „absolut klares Rollenverständnis“. Mit anderen Worten: Nicht der erste Mann im Rathaus von Friedrichshafen bestimmt über die Konzernstrategie, sondern das Management. Doch auch den neuen OB sieht Simon Blümcke in den Aufsichtsräten beider Unternehmen.

Sofort zum Betreuungsgipfel laden

Auch zum Thema Bildung packt der OB-Kandidat Ideen auf den Tisch. 300 Kitaplätze würden zusätzlich zum Erziehermangel fehlen; die Situation sei „nicht Häfler Standard“. Er würde sofort zum Betreuungsgipfel laden und versuchen, Interims-Gruppen in bestehenden Gebäuden einzurichten. Innerhalb eines Jahres will er vier baureife Standorte für neue Kita-Naturgruppen zusagen.

Was ist den Bürgern wichtig? Rund 100 Karten mit Vorschlägen landeten am Ende der Veranstaltung in einer Glasbox.
Was ist den Bürgern wichtig? Rund 100 Karten mit Vorschlägen landeten am Ende der Veranstaltung in einer Glasbox. | Bild: Cuko, Katy

Es sind solche konkreten Ideen, die das Publikum immer wieder zum Klatschen animiert. Nach einer guten halben Stunde Redezeit bittet er die Gäste dann selbst ans Mikro. Die Anregungen sind klar: Er möge die Mitarbeiter im Rathaus „wieder mitnehmen“ oder bei den fehlenden Hallen für den Schulsport anfangen. Viele andere füllen die quadratischen Karten aus. Was sollte in Friedrichshafen Vorfahrt bekommen, was ein Stoppschild? Über 100 Karten landen an diesem Abend in der Glasbox.

Eine Kugel Eis für den Heimweg

Am Ende gibt es langanhaltenden Applaus für Simon Blümcke und eine Kugel Eis, die sich jeder auf dem Heimweg draußen am Eiswagen holen kann. Und einen zufriedenen Ehemann, der am ersten Auftritt des OB-Kandidaten seine Freude hatte.