Als Matthias Eckmann anfing, sich politisch zu engagieren, war das jüngste Mitglied des Häfler Gemeinderats knapp 40 Jahre alt. „Da haben wir uns als Jugend einfach nicht vertreten gesehen.“ Ein Studium an der Zeppelin-Universität (ZU) war für den heute 24-Jährigen später zugleich eine Chance, hier zu bleiben. „Sonst wäre das Engagement hier vorbei gewesen und ich hätte wo anders neu anfangen müssen.“ Man könne immer viel reden und viel versuchen, aber es sei auch wichtig, ins Handeln zu kommen.

Gleichzeitig sei die private Hochschule in seinem Heimatort nicht seine erste Wahl gewesen. Durch sein Engagement im Jugendgemeinderat und später im Jugendparlament sei für ihn schnell klar gewesen, dass er Politikwissenschaften studieren wolle. Er habe sich die Universität Konstanz angeschaut und die Freie Universität in Berlin: “Das wäre schon auch attraktiv gewesen, in so eine bunte und große Stadt zu kommen.“ Dann jedoch sei er über Kontakte im Jugendgemeinderat auf die ZU aufmerksam geworden. „Irgendwann habe ich gedacht: Okay, ich bewerbe mich mal, wenngleich ich wusste: Ich kann das nicht finanzieren.“

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Im Auswahlgespräch, das zum Bewerbungsverfahren gehöre, habe er direkt darauf hingewiesen, dass er das Studium nicht bezahlen könne. Ein Kredit sei für ihn damals nicht in Frage gekommen: “Ich wollte mich nicht so jung schon verschulden“, erklärt Eckmann. Letztlich musste er das auch nicht: Im Gespräch habe er offenbar so überzeugt, dass er ein Stipendium, das fast die kompletten Studiengebühren abdecke.

Für den Rest arbeite er seit seiner Schulzeit: “Ich habe eigentlich immer nebenbei gearbeitet, aktuell sogar Vollzeit“, schildert der 24-Jährige. „Das ist super, weil ich so auch etwas zur Seite legen kann, auch für die späteren Studiengebühren.“ Durch seine Tätigkeit direkt an der Universität lerne er auch den Hochschulbetrieb nochmals besser kennen, sagt der studentische Vizepräsident. Aktuell beherrsche noch die Corona-Pandemie seine Arbeit, das bald beginnende Semester müsse noch final vorbereitet werden.

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Auch wenn für ihn Universität und politisches Engagement allein durch den Ort zusammengehören, kann Matthias Eckmann nach eigenen Angaben verstehen, dass hier ein Widerspruch gesehen werde – also zwischen dem, was er politisch vertrete, und dem Umstand, dass er hier studiere: “Mich haben auch viele Freunde darauf angesprochen, weil das doch sehr privilegiert wirkt.“

Gleichzeitig müsse er da auch mit Vorurteilen brechen, nach denen man hier nur einen bestimmten Menschenschlag antrifft. An der ZU studieren enorm unterschiedliche Leute, sagt Eckmann. Die Studierendenschaft sei bunt, viele seien nicht so reich, dass sie die Studiengebühren einfach so bezahlen könnten. Und dann biete eine private Universität mehr Freiheiten als eine staatliche Hochschule: “Wir können hier sogar eigene Kurse anregen und die kleinen Gruppen, in denen hier studiert wird, sind natürlich auch ein Vorteil. Da kommt man richtig mit den Dozenten ins Gespräch, nicht wie im Hörsaal mit 300 Leuten.“

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Apropos Gespräch: Der direkte Austausch sei auch das gewesen, was ihn letztlich zur SPD geführt habe, der Partei, die er heute auf Kommunalebene vertritt: “Beim Jugendgemeinderat hatte ich eigentlich am meisten mit der Grünen und SPD zu tun, im Austausch mit CDU und den anderen war mir schnell klar, dass ich mich politisch eher links orientiere.“ Die verbliebenen Parteien habe er dann genauer nach Inhalten unter die Lupe genommen. “Ich habe geschaut: Was ist mir so wichtig? Und das sind soziale Gerechtigkeit und Solidarität, aber auch der Klimaschutz.“ Dann habe er geschaut, wer das vertritt, „und da mir die Linken zu weit links sind, fiel die Wahl dann zwischen Grünen und SPD“. Was letztlich ausschlaggebend gewesen sei: Der Gedanke, dass es einfacher sei, mit der SPD etwas mehr Klimaschutz zu vertreten, als bei den Grünen etwas mehr soziale Gerechtigkeit.

“Ich finde es falsch, wenn man sagt, dass man mit jemandem nicht arbeitet, weil er in einer anderen Partei ist.“
Matthias Eckmann, 24 Jahre

Nach Eckmanns Wahrnehmung wird aber ohnehin zu viel in Parteistrukturen und -grenzen gedacht: “Ich finde es falsch, wenn man sagt, dass man mit jemandem nicht arbeitet, weil er in einer anderen Partei ist. Sander Frank beispielsweise ist ein alter Freund von mir, wir arbeiten auch im Gemeinderat viel zusammen.“ Es gehe dabei darum, Themen in den Vordergrund zu rücken und an diesen zu arbeiten. Allein könne man im Häfler Gemeinderat aktuell sowieso keine Mehrheit stellen, es brauche immer mindestens drei Parteien.

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Demokratie, das sei immer ein Kompromiss, man könne nicht auf der eigenen Meinung beharren und diese ganz genau so durchsetzen, führt er aus. “Ich habe nur manchmal den Eindruck, dass das viele vergessen.“ Auch im Gemeinderat gebe es Mitglieder, die genau so redeten und nur akzeptierten, wenn man ihnen genau zustimme. Generell sei der Ton dort inzwischen recht harsch, hätten ihn vor allem langjährigere Mitglieder gewarnt. “Das muss man auch mögen, das braucht ein dickes Fell“, kommentiert er. Auch deshalb sei er nicht sicher, ob er vom Gemeinderat auf Kreis- oder gar Landesebene in die Politik gehen wolle, dort sei der Umgangston vermutlich entsprechend härter.

“Ich bin jetzt erst einmal im Gemeinderat, ich bin ja nachgerückt, und habe noch zwei Jahre meines Studiums vor mir“, sagt Eckmann. „Ich habe also noch Zeit, mich zu entscheiden.“ Und dann gebe es auch zahlreiche andere Möglichkeiten, in der Politik zu arbeiten, ohne sich in ein Parlament wählen zu lassen: „Durch mein Studium, das Politik- und Verwaltungswissenschaften abdeckt, stehen mir da viele Möglichkeiten offen: Etwa die Arbeit in einem Verband oder einer Nichtregierungsorganisation.“