Gartenarbeit oder Druckerprobleme, Großeinkauf oder die Bedienung des neuen Smartphones – was älteren Menschen oft schwerfällt, ist für jüngere mitunter ein Leichtes. Sieben Jugendliche aus Friedrichshafen und Umgebung haben sich vorgenommen, hier mit der „Rentner-Hilfe Bodensee“ eine Brücke zu schlagen.
Die Idee entstand im vergangenen Jahr, während des Lockdowns. Der Alltag von Moritz König, Hannes Burget und Dennis Wartenberg war bestimmt von Ausgangssperre, Abstand, Kontaktbeschränkungen und Homeschooling. „Wir wollten etwas Sinnvolles machen. Hannes hatte schon länger vor, ein Unternehmen gründen“, sagt Moritz König. Er selbst wollte sich sozial engagieren, Hannes Burget sein Interesse an Computern und Technik einbringen. „Ich helfe seit Jahren meinem Opa und seinen Freunden bei PC- und Druckerproblemen“, sagt er. Bei Spaziergängen – „zu zweit war ja erlaubt“ – entstand das Konzept der Rentner-Hilfe.
Zu dritt gründeten sie die Firma „Rentner-Hilfe Bodensee“. Moritz König kümmert sich um Auftragsverwaltung und Soziales, Hannes Burget verantwortet IT und Marketing, Dennis Wartenberg ist als angehender Kaufmann zuständig für Finanzen und Büromanagement. „Wir ergänzen uns perfekt“, sagt Hannes Burget. Die mittlerweile sieben in der Rentnerhilfe aktiven Jugendlichen gehen auf verschiedene Schulen oder absolvieren Ausbildungen in Pflege, Informatik, Verwaltung oder im Kaufmännischen. So können sie ihren Kunden ein weites Feld an Dienstleistungen bieten, von der IT über Umzüge bis zur Arztbegleitung.
Zu den Personen und zur Serie
Sie haben auch ein weiteres Anliegen: „Wir versuchen, ein anderes Bild von Jugendlichen zu übermitteln als das, was oft vorherrscht“, sagt Hannes Burget. Viele ältere Menschen hätten kaum Verbindungen zu Jugendlichen, diese wiederum hätten allenfalls Kontakt zu den eigenen Großeltern. „Wir wollen die Generationen vernetzen“, sagt er.
Respekt, Aufmerksamkeit und gegenseitiges Zuhören sind ihnen wichtig. Im Umgang mit Kunden haben sie hohe Standards: „Wir erscheinen immer pünktlich zu den Terminen. Wir tragen Masken, ein Großteil unseres Team ist durchgeimpft“, sagt Moritz König. Wenn die Kunden sich noch etwas unterhalten wollen, nehmen sie sich Zeit und sie haben Verständnis dafür, dass manches etwas langsamer geht. „Die meisten Personen, mit denen ich zu tun hatte, sind sehr fit, auch was das Kapieren angeht“, sagt König.

Um die ersten Kunden zu gewinnen, legten sie Flyer aus und gingen direkt auf ältere Menschen zu. Das Angebot sprach sich herum, mittlerweile gehen am Tag bis zu sieben Aufträge ein. Besonders oft bitten ihre Kunden um Hilfe bei Computern. „Am häufigsten sind Probleme mit Druckern“, sagt Burget. Auch bei der Umstellung eines Betriebssystems, einem überlasteten Rechner oder der Frage, wie Fotos vom Handy auf den PC kommen, können die Jugendlichen weiterhelfen. Manche Kunden haben sich schon mehrfach an die Rentner-Hilfe gewandt, andere brauchten nur einmal Unterstützung, bei der Gartengestaltung oder der Einrichtung des neuen Routers etwa.
„Wir versuchen, ein anderes Bild von Jugendlichen zu übermitteln als das, was oft vorherrscht.“Hannes Burget, 18 Jahre
„Ich finde es gut, wenn jeder, ob Mann oder Frau, seinen eigenen Weg geht.“Moritz König, 18 Jahre
Die Jugendlichen erledigen die Arbeiten neben Schule oder Ausbildung. „Wir machen das in unserer Freizeit, an Wochenenden oder abends“, sagt Burget. Dazu vereinbaren sie Termine, an denen sie zu ihren Kunden kommen. „Das klappt meist stressfrei, ältere Leute haben ja viel Zeit“, sagt König. Schneeschippen konnten sie allerdings nur selten übernehmen, da diese Zeiten mit Schule oder Ausbildung kollidierten. Bei größeren Gartenarbeiten steuerte manchmal sein Vater das Werkzeug bei.
Seit dem Start haben die Firmengründer eine steile Lernkurve durchlaufen. „Wir haben schon unser erstes Bewerbungsgespräch geführt und den ersten Betriebsausflug organisiert“, sagt Burget. „Der Kontakt mit vielen verschiedenen Leuten hat meine Gesprächsführung verbessert“, so König.
Sie befassen sich nicht nur mit der Kunden- sondern auch mit Mitarbeiterzufriedenheit. Bei einigen Kunden sehen sie, wie wichtig es ist, sich nicht abhängig zu machen von Ehepartnern und für sich selbst vorzusorgen. „Ich finde es gut, wenn jeder, ob Mann oder Frau, seinen eigenen Weg geht“, sagt König.

Sie haben ihre Preise so kalkuliert, dass sie ihre Mitarbeiter angemessen bezahlen können, ihre Kosten decken und ihren Kunden trotzdem ein günstiges Angebot machen können. Ihr eigenes Engagement für Organisation, Verwaltung und Telefonkontakte wird bisher nicht bezahlt. Burget freut sich darüber, dass ihm oft aufrichtige Dankbarkeit entgegenschlägt. „Ich habe ein gutes Gefühl, dass ich helfe“, sagt er.
Doch auf Dauer soll ihre Firma auch diese Kosten decken. „Ich plane, nach dem Abitur ein Jahr lang zu jobben und mich auf die Rentnerhilfe zu konzentrieren“, sagt Moritz König. Auch Hannes Burget hat vor, sein Engagement nach Abschluss der Ausbildung zu intensivieren. „Als Erstes könnten wir uns vorstellen, dass wir in anderen Orten Leute finden, die sich unserer Vision anschließen“, sagt er. Er würde die Mitarbeiter gern nicht nur als Minijobber beschäftigen, sondern fest anstellen und auf längere Sicht ein eigenes Büro aufmachen. Sie sind zuversichtlich, dass die Nachfrage nach den Leistungen der Rentnerhilfe eher zu- als abnehmen wird.