„Wir diskutieren seit fünf Jahren, ob wir die Parkgebühren anpassen sollen. Das erscheint mir ein bissele viel.“ So stieg Gerhard Leiprecht für die Grünen am Montagabend in seine Fraktionserklärung ein, die eher zur Abrechnung wurde. Bei sonstigen Gebühren und Steuern sei das mit der Erhöhung zuletzt „recht flott“ durch den Gemeinderat gegangen, um das Haushaltsloch zu stopfen.

Keine Diskussion mehr gewünscht

Beim Thema Parken sei das für viele hingegen problematisch, polemisierte der „Alterspräsident“ im Rat, der selbst kein Auto hat und fährt. Seine Rede blieb letztlich wirkungslos: Erst beschloss das Gremium ungewöhnlicherweise, nicht mehr darüber zu diskutieren. Dann wurde die Entscheidung über höhere Parkgebühren – ohne die Stimmen von Grünen und SPD/Linken – noch einmal verschoben, nun bis März 2023. So wollten es die anderen fünf Fraktionen mit ihrem Moratorium, das schon im Bauausschuss eine Mehrheit fand.

Das könnte Sie auch interessieren

Diese Entscheidung dürfte die Parkhäuser in Friedrichshafen in den nächsten Monaten eher nicht besser auslasten. Dabei standen die vier Großgaragen im vergangenen Jahr zu rund 50 Prozent immer leer, also fast 700 von rund 1350 Stellplätze. „Das müssen sie sich mal auf der Zunge zergehen lassen“, schimpfte Leiprecht. Noch dazu, weil für 13,5 Millionen Euro ein neues Parkhaus am Sportpark gebaut wurde, für 11 Millionen Euro das in der Altstadt frisch modernisiert ist und noch mal 13,5 Millionen Euro in die Sanierung des GZH-Parkhauses fließen. „Mit 38 Millionen Euro kann man 20 Jahre den Stadtbus bezuschussen“, rechnete Gerhard Leiprecht vor.

Das neue Parkhaus am Sportpark ist meistens ziemlich leer, weil man auf der anderen Straßenseite im Bodensee-Center kostenfrei parken kann.
Das neue Parkhaus am Sportpark ist meistens ziemlich leer, weil man auf der anderen Straßenseite im Bodensee-Center kostenfrei parken kann. | Bild: Lena Reiner

Und wenn der Autofahrer an der Eugen- oder Charlottenstraße für 66 Cent pro Stunde parken könne, bleibe das Parkhaus am Stadtbahnhof eben halb leer, wenn das 1,80 Euro pro Stunde kostet. „Dann kann ich jeden verstehen, der lieber 25 Mal auf und ab fährt und nach einem freien Parkplatz guckt.“ Genau diesen Park-Such-Verkehr wollte die Stadt mit höheren Gebühren eigentlich eingrenzen.

Die Stellplätze entlang der Eugenstraße in der gelben Parkzone sind begehrt. 100 Meter weiter ist die Einfahrt ins Parkhaus am ...
Die Stellplätze entlang der Eugenstraße in der gelben Parkzone sind begehrt. 100 Meter weiter ist die Einfahrt ins Parkhaus am Stadtbahnhof. Da gibt es regelmäßig freie Stellplätze, die allerdings fast drei Mal so teuer sind. | Bild: Cuko, Katy

Nun geht die Preisschere ab 1. April noch weiter auf: Die Technischen Werke (TWF) als Parkhausbetreiber berechnen dann 1 Euro pro halbe Stunde, zehn Cent mehr als bisher. Die Entscheidung ist schon lange gefallen, und dabei wird es auch bleiben. Ein Weisungsbeschluss des Gemeinderats an den Aufsichtsrat der TWF, die Erhöhung jetzt konsequenterweise auch auszusetzen, sei nicht Gegenstand der Überlegungen, sagte OB Andreas Brand. Die TWF rechnen immerhin mit Mehreinnahmen von rund 125.000 Euro pro Jahr. Geld, dass den üppigen jährlichen Fehlbetrag aus dem Betrieb der vier städtischen Parkhäuser zumindest minimiert.

Gerhard Leiprecht ist Stadtrat der Grünen-Fraktion.
Gerhard Leiprecht ist Stadtrat der Grünen-Fraktion. | Bild: SK
„Warum schädigen wir unseren eigenen Betrieb, in dem wir ihm durch extrem billige Parkplätze vor der Tür das Wasser abgraben?“
Gerhard Leiprecht, Stadtrat der Grünen

„Warum schädigen wir unseren eigenen Betrieb, in dem wir ihm durch extrem billige Parkplätze vor der Tür das Wasser abgraben?“, fragte Gerhard Leiprecht und war mit seiner Rechnung noch nicht fertig. Wenn in den Parkhäusern über 600 Stellplätze immer leer stehen, könne man draußen 600 von derzeit rund 1200 abschaffen. Dann stünde weniger Blech auf der Straße, die Stadt ließe sich attraktiver gestalten. „Unser Parksystem ist unwirtschaftlich und verbraucht zu viel Fläche“, brachte es Gerhard Leiprecht auf den Punkt. Es müsse „Schluss sein damit, Autofahrer zu subventionieren“, ergänzte Matthias Eckmann für die SPD-Fraktion.

In der Eugenstraße gilt die gelbe Parkzone. Hier kann weiterhin für 66 Cent pro Stunde geparkt werden. Die geplante Erhöhung wird auf ...
In der Eugenstraße gilt die gelbe Parkzone. Hier kann weiterhin für 66 Cent pro Stunde geparkt werden. Die geplante Erhöhung wird auf 2023 verschoben. | Bild: Cuko, Katy

Darum ging es der Ratsmehrheit aber nicht. „Wir halten sprunghaft ansteigende Gebühren derzeit nicht für vermittelbar, weil wir in einer Ausnahmesituation leben“, erklärte FDP-Fraktionschefin Gaby Lamparsky stellvertretend auch für CDU, Freie Wähler, Netzwerk und ÖDP. Bürger und Firmen seien stark belastet. Energiepreise und Inflation stiegen deutlich. Und innerstädtische Betriebe in Gastronomie und Einzelhandel hätten sich noch nicht vollständig stabilisiert. Dazu kommen aktuell die Auswirkungen des Kriegs gegen die Ukraine. Deshalb das Moratorium.

Das könnte Sie auch interessieren

So bleibt in den nächsten Monaten Zeit, das Gebühren-Paket noch einmal aufzuschnüren und auch darüber zu diskutieren, ob es Jobtickets und weiterhin kostenfreie Lehrerparkplätze geben soll, ob Schloss- und Klosterstraße künftig bewirtschaftet oder die Parkplätze in der „Bäderzone“ ganzjährig kostenpflichtig werden.

Teurer wird vorerst nur der Parkplatz am Hinteren Hafen, der künftig zwei Cent pro Minute und maximal 8 Euro am Tag kostet. Außerdem wird Anwohnerparken von derzeit 30 auf zunächst 90 Euro pro Jahr angehoben. Diese Verdreifachung stellte niemand in Frage.