Es war der dritte Versuch der Stadtverwaltung binnen eines Jahres, die Parkgebühren in Friedrichshafen zu erhöhen. So hatte es der Gemeinderat im März 2021, als es um die Haushaltskonsolidierung ging, eigentlich schon beschlossen. Doch über das Wie und das Wann gehen die Meinungen im Gemeinderat nach wie vor auseinander.
Debatte vor der Debatte
Noch bevor am Montagabend der Finanzausschuss des Gemeinderats mit seiner öffentlichen Sitzung begann, war der Gesprächsbedarf groß. Vertreter mehrerer Fraktionen standen zusammen und diskutierten. Eine Debatte vor der Debatte? Nur die Grünen waren nicht erwünscht: Anna Hochmuth wurde weggeschickt.

Als Oberbürgermeister Andreas Brand das Thema dann aufrief, meldete sich FDP-Fraktionschefin Gaby Lamparsky, bevor die Vorlage überhaupt vorgestellt war. Fünf der sieben Fraktionen im Rat wollten ein Moratorium von zwölf Monaten beantragen. Mit anderen Worten: die Parkerhöhung erneut verschieben.
Schon zwei Mal vertagt
Also wieder keine Debatte über das offensichtlich unliebsame Thema? Eigentlich sollten Parkplätze in der Stadt bereits zum 1. August 2021 teurer werden. Im Juni und Dezember verlangte die Ratsmehrheit aber eine Vertagung, brachte eine Vielzahl eigener Vorschläge ein.
Parkgebühren in Nachbarstädten
Um dem Rat wohl eine Brücke zu bauen, legte das Rathaus diesmal zwei Varianten für die Tariferhöhung vor. Bei der ersten würden die Gebühren in der gelben Zone, zu der etwa der Parkplatz am Hinteren Hafen gehört, von derzeit 66 Cent pro Stunde auf 1,50 Euro steigen. Der Tarif in der roten Zone stiege auf 1,80 Euro pro Stunde. Mit den so kalkulierten Mehreinnahmen von rund 416.000 Euro käme zum Großteil das in die Kasse, was die Stadt zum Stopfen des Haushaltsloches braucht – wozu sie sich gegenüber dem Regierungspräsidium verpflichtet hat.

Variante zwei sieht deutlich höhere Gebühren von 2,10 Euro pro Stunde in der gelben und roten Zone vor. Das würde zusätzliche Einnahmen von rund 812.000 Euro für die Stadt ergeben. Mit diesen Preisen würde Parken an der Straße oder auf dem Parkplatz etwa gleich teuer sein wie im Parkhaus. Damit ließe sich wirksam der Park-Such-Verkehr in der Stadt begrenzen.
Parkhausgebühr steigt auf 1 Euro je halbe Stunde
Nach Aussage von Bürgermeister Dieter Stauber ist die Erhöhung der Tarife in den Parkhäusern auf 1 Euro je halbe Stunde ab 1. April bereits beschlossen – mit Zustimmung des Aufsichtsrats der Technischen Werke Friedrichshafen (TWF), die die Parkhäuser betreiben. Wenn die Stadt die Parkgebühren dann nicht erhöhe, gingen die Tarife für Stellplätze drinnen und draußen noch weiter auseinander. Zumal weitere Erhöhungen alle drei Jahre um zehn Cent pro halbe Stunde in den Parkhäusern mit insgesamt 1346 Stellplätzen schon ins Auge gefasst sind. Die Stadt bewirtschaftet draußen 1216 Parkplätze, hier soll der Tarif dann ebenfalls steigen.
„Wir finden es im Moment nicht richtig, wenn die Stadt selber zum Preistreiber wird.“Gaby Lamparsky, FDP-Fraktionschefin
Doch CDU, Freie Wähler, Netzwerk, FDP und auch ÖDP wollen aktuell keine höheren Parkgebühren. Nach Corona explodierten gerade die Energiepreise, steige die Inflation in Richtung fünf Prozent, was den „kleinen Mann“ sehr belaste. „Wir finden es im Moment nicht richtig, wenn die Stadt selber zum Preistreiber wird“, erklärte Gaby Lamparsky den Standpunkt der fünf Fraktionen, die erst in einem Jahr wieder darüber reden wollen.
Mit zwei Ausnahmen: Am Parkplatz Hinterer Hafen sollen sofort 1,20 Euro pro Stunde dann bis 24 Uhr fällig werden, weil es hier zuweilen einen chaotischen Park-Such-Verkehr gebe. Die maximale Tagespauschale soll auf 8 Euro steigen. Zweitens soll der Tarif für den Anwohner-Parkausweis in Friedrichshafen zunächst von derzeit 30 auf 90 Euro pro Jahr steigen und erst in einer zweiten Stufe auf 180 Euro.

Mit dieser Argumentation konnte Winfried Leiprecht von den Grünen nichts anfangen. „Sie hauen die kleinen Leute in die Pfanne, die Bodo fahren“, sagte er und verwies darauf, dass das ÖPNV-Ticket für Bus und Bahn seit 2004 durchschnittlich drei Prozent pro Jahr teurer geworden sei. Mit ihrer Blockade bei der Erhöhung der Parktarife seien die Ratskollegen „gegen die kleinen Leute, die sich keine zwei oder drei Autos leisten können, um in die Stadt zu fahren“, schimpfte er sichtlich erzürnt. Parken im öffentlichen Raum soll kostendeckend sein, so Leiprecht, und das müssten die Nutzer zahlen, nicht der Steuerzahler.
„Ich bin erstaunt, wofür wir Klassenkampf machen.“Dagmar Hoehne, Fraktionschefin der Freien Wähler
„Ich bin erstaunt, wofür wir Klassenkampf machen“, konterte Dagmar Hoehne (Freie Wähler). Es gehe nur darum, die Preiserhöhung zu verschieben, weil es aktuell „so nicht beim Bürger vertretbar ist“. In Zukunft müsse die Verwaltung schauen, dass man solche Preissprünge nach langer Zeit vermeide.
Auch Jürgen Holeksa (Netzwerk) sprach von einem „Versäumnis der letzten Jahre“, ein Modell zu entwickeln, um die Parkgebühren regelmäßig und moderat anzuheben. Was bei OB Brand Widerspruch auslöste, der anmerkte, dass es oft „Finger weg von höheren Gebühren“ hieß, wenn die Verwaltung dazu ansetzen wollte.
Ratsbeschluss steht noch aus
Ob das Moratorium bis 2023 gilt, beschließt der Gemeinderat am 21. März. Der Finanzausschuss empfahl es so mit sieben Ja- und sechs Nein-Stimmen bei zwei Enthaltungen – davon eine von OB Brand. Nur Grüne und SPD votierten dafür, die Erhöhung der Parkgebühren jetzt zu beschließen. Wobei dann darüber zu diskutieren wäre, welcher Variante der Vorzug gegeben wird.