Manuela Schäfer blickt hoch zum Riesenrad. Vor ihr steht Sohn Mark, der ihr bis zum Bauch reicht und seine Mutter mit sich ziehen will. Die Urlauberin lacht und sagt: „Die Museen haben das nicht geschafft.“ Aber das Riesenrad, das seit Freitagmittag am Hinteren Hafen in Betrieb ist, begeistert ihren Sohn.
Weil coronabedingt das Seehasenfest und alle Kinder und Heimatfeste abgesagt werden mussten, hat sich die Stadtverwaltung kurzerhand etwas anderes überlegt: Rund einen Monat, bis 30. August, dreht sich am Hinteren Hafen werktags ab 12 Uhr und samstags und sonntags ab 11 Uhr bis Sonnenuntergang, gegen etwa 21 Uhr, ein 50 Meter hohes und 250 Tonnen schweres Riesenrad: „Jupiter“.
Abends ist das Riesenrad beleuchtet
Während man in einer der 36 Gondeln sitzt, bleibt die Welt draußen stehen. In Zeitlupe zieht der Bodensee, der immer breiter, immer majestätischer zu werden scheint, an einem vorbei. Im Hintergrund sind die Alpen zu sehen. Damit Hobby- und Profifotografen auch Aufnahmen aus der Luft machen können, sind an einigen Gondeln die Glasscheiben ausgelassen. Auch eine barrierefreie Gondel gibt es mittlerweile. Und abends wird das Riesenrad von außen beleuchtet.
Rudolf Barth, dem das Riesenrad gehört und der mit seinem Fahrgeschäft beim Seehasenfest sonst jedes Jahr am Hinteren Hafen steht, weiß das Angebot der Stadt zu schätzen, für einen Monat in Friedrichshafen zu gastieren. Seit März hat er coronabedingt nichts mehr eingenommen. Seine LKWs, die er für den Transport des Riesenrades benötigt, mussten trotzdem zur Inspektion. „Das kostet.“ Von seinen Ersparnissen hat er letztes Jahr erst neue Gondeln gekauft. Seitdem hat er keine Rücklagen mehr. Die Soforthilfe des Staats war nach einem Monat aufgebraucht.

Weil Barth die Hygiene- und Abstandsregeln wichtig sind, werden die Gondeln gereinigt, nachdem und bevor jemand einstiegt, um das Ansteckungsrisiko zu minimieren. Masken sind selbstverständlich Pflicht und damit nur Mitglieder eines Haushalts zusammen fahren, weist Barth ihnen die Gondeln direkt zu. „Das kontrolliere ich“, sagt er. Schließlich gehe es um seine Existenz. Und ein wenig auch um „dieses Jahrmarktfeeling“, wie Barth es nennt. Frische Blumen und ein paar Palmen hat er bestellt, damit sich die Häfler zwischen den Stahlmasten noch wohler fühlen.
Fast sein ganzes Leben hat Barth auf Rummelplätzen und Jahrmärkten verbracht. Er ist Schausteller in sechster Generation, „so reingewachsen“, wie er sagt.
Kurz vor der offiziellen Eröffnung hatte die Stadtverwaltung in einem Facebookpost auf die Attraktion hingewiesen. Die Resonanz war Bürgermeister Dieter Stauber zufolge überwältigend. Er sei froh, den Häfler trotz aufgefallener Feste doch noch etwas Besonderes bieten zu können.
Gut ankam das Riesenrad auch bei Yvonne Rinderer, die spontan eine Runde fuhr. „Das hat mega Spaß gemacht“, sagt sie. „Die Aussicht ist toll und ein bisschen fühlt es sich wie beim Seehasenfest an.“
Wer die Aussicht vom Riesenrad genießen möchte, kann das bis 30. August tun. Erwachsene zahlen für die Fahrt 5 Euro, Kinder 3 Euro.