Dienstagmorgen gegen zehn Uhr am Strandbad. Es riecht nach Seeluft, Rasen und Sonnencreme. Heute wird es noch heiß werden, sehr heiß. Kein Wunder also, dass sich Urlauber wie Einheimische früh aufgemacht haben, um den Tag am Wasser zu verbringen. Viele von ihnen marschieren bereits über den langen Betonsteg und gehen schwimmen.

Allerdings ist nicht alles eitel Sonnenschein am Bodensee. Alteingesessene Badbesucher sträuben sich seit Monaten gegen ein Bauvorhaben der Stadt. Betonstufen, die ins Wasser führen, sollen abgerissen werden. Das Ufer wird renaturiert, Sitzgelegenheiten sollen Ersatz bieten. Ist die Kritik an den Plänen berechtigt? Wie stark wird die bestehende Treppe überhaupt genutzt?

Diese Stufen sollen weg. Das Areal wird laut Plänen renaturiert, Handläufe führen dann ins Wasser.
Diese Stufen sollen weg. Das Areal wird laut Plänen renaturiert, Handläufe führen dann ins Wasser. | Bild: Benjamin Schmidt

Voll besetzt ist sie am Vormittag jedenfalls noch nicht. Das hat allerdings nicht viel zu bedeuten, findet Monika Indlekofer, die seit 50 Jahren das Bad besucht. „Am Nachmittag kommen die Friedrichshafener und Urlauber und setzen sich auf die Stufen.“ Zudem betont sie: „Die Anlage gehört einfach zum Bild der Stadt – genauso wie die Schlosskirche.“

Monika Indlekofer ist Stammgast und würde die Stufen am Strandbad gerne behalten.
Monika Indlekofer ist Stammgast und würde die Stufen am Strandbad gerne behalten. | Bild: Benjamin Schmidt

Einige Meter weiter hat es sich Karin Jakowidis auf ihrer Liege bequem gemacht. „Ich finde ebenfalls, dass es unnötig ist, die Stufen wegzumachen“, sagt sie. Ihre Kinder hätten hier Schwimmen gelernt. Den Natur-Uferbereich im Bad, den es heute bereits gibt, hätten ihre Kleinen nie genutzt. „Zudem wird durch die neuen Pläne ja Rasenfläche durch Kies ersetzt. Das sei viel unbequemer zum Liegen. Tatsächlich soll das Ufer abgeflacht werden, etwas Rasenfläche geht dadurch verloren.

Karin Jakowidis schätzt das Strandbad so, wie es momentan ist.
Karin Jakowidis schätzt das Strandbad so, wie es momentan ist. | Bild: Benjamin Schmidt
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Teilsieg errungen

Die Meinung vieler Stammgäste steht fest: Die Stufen sollen bleiben. Einen kleinen Sieg haben sie bereits errungen. Von den ursprünglichen Plänen, alte Bäume im Bad zu verpflanzen, rückte die Verwaltung inzwischen ab. Auch eine geplante zweireihige Sitzstufe wurde in den Plänen verlängert und soll künftig in Summe 220 Meter Fläche bieten. Auch fünf Treppenanlagen mit Geländer soll es nun geben, die geradlinig zum Strand führen. Doch eines bleibt: Die Betonstufen sollen weiterhin abgerissen werden.

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Auf einer Holzplattform im Bad, ein gutes Stück entfernt vom Beton, liegt Lydia Wielgosch aus Karlsruhe. Mit dabei sind ihr Freund Nicolai und ihre kleine Tochter. Was sagt sie zur Debatte? „Ich finde, die Mischung macht‘s“, räumt sie ein. „Mit einem Baby ist es schon angenehm, wenn Stufen ins Wasser führen.“ Gleichwohl genießt sie auch den Naturstrand, den das Bad ebenfalls bietet. „Was ich aber nicht verstehe, ist, dass ein intakter Bau abgerissen werden soll.“

Elena Linden (rechts) kommt aus Frankfurt. Sie findet auch die Holzplattform am Naturstrand des Bads nicht schlecht.
Elena Linden (rechts) kommt aus Frankfurt. Sie findet auch die Holzplattform am Naturstrand des Bads nicht schlecht. | Bild: Benjamin Schmidt

Auch die Gegner der Maßnahme können den Plan nicht nachvollziehen und vermuten Mauschelei. Wie der SÜDKURIER berichtete, könnte es sein, dass die gewonnenen Naturflächen im Bad später einmal als Ausgleich dienen – für die Umgestaltung des Uferparks in Friedrichshafen. Die Stadtverwaltung betont allerdings, dass es keinen kausalen Zusammenhang gebe.

So – oder so ähnlich – könnte das Strandbad künftig mal aussehen.
So – oder so ähnlich – könnte das Strandbad künftig mal aussehen. | Bild: Stadt Friedrichshafen

Auch am Nachmittag wenig genutzt

Zurück im Bad. Inzwischen ist es Nachmittag – und es ist voll. Kein Wunder: Inzwischen hat das Quecksilber die 30-Grad-Marke gerissen. Abkühlung verspricht ein Sprung ins kalte Nass. Sind die Gäste nicht im Bodensee, liegen sie vornehmlich im Schatten der großen Bäume. Wenig überraschend ist auf den Stufen nicht besonders viel los – die Sonne sengt auf die Treppe. Einer, der dort dennoch mit seinen Kindern spielt, ist Michael Kaspari aus Kassel. Er mag die Anlage, so wie sie ist. „Ich kann mich hinsetzen, die Kinder planschen im Wasser“, sagt er. Seit Jahren besucht er Friedrichshafen und er findet, die Stufen zeichnen das Strandbad aus.

Michael Kaspari aus Kassel mit seinen Jungs. Er schätzt die Stufen im Strandbad – und der Nachwuchs auch.
Michael Kaspari aus Kassel mit seinen Jungs. Er schätzt die Stufen im Strandbad – und der Nachwuchs auch. | Bild: Benjamin Schmidt

„Die Sanierung ist notwendig“

Besser also alles so lassen? Es gibt jemanden, der sich gut auskennt vor Ort und sich auf den Umbau freut: Theo Schlegel. Er leitet das Strandbad seit 25 Jahren. „Die Sanierung ist absolut notwendig“, betont er. Erst am Sonntag sei wieder ein Stück der Mole des Bads abgesackt.

Theo Schlegel leitet das Strandbad und freut sich auf die Sanierung. Nicht zuletzt, weil das stellenweise auch bitter nötig ist.
Theo Schlegel leitet das Strandbad und freut sich auf die Sanierung. Nicht zuletzt, weil das stellenweise auch bitter nötig ist. | Bild: Benjamin Schmidt

Tatsächlich gibt es in der baufälligen Mauer am anderen Ende der Stufen ein ordentliches Loch. Mit Blick auf die zusätzlichen geplanten Neuerungen – etwa die neuen Sitzgelegenheiten am renaturierten Ufer – sagt Schlegel: „Allzu viel ändert sich ja nicht.“ Zudem sei es nichts Neues, dass sich Gäste gegen Veränderungen wehren: Sein Vorgänger Hans Bauer habe ihm folgendes erzählt: „In den 70er-Jahren gab es massiven Widerstand gegen den Bau des Stegs, der ins Wasser führt.“ Der sei inzwischen sehr beliebt bei den Gästen. Und tatsächlich: Entgegen der Stufen wird er sehr rege genutzt.

Besonders beliebt sind an heißen Tagen nicht die Stufen – vielmehr der Schatten der großen Bäume.
Besonders beliebt sind an heißen Tagen nicht die Stufen – vielmehr der Schatten der großen Bäume. | Bild: Benjamin Schmidt